Umweltbildung durch Förderung intrinsischer Motivation

24. Oktober 2022 | Nachhaltigkeit, Esther & Andreas Reinecke-Lison, Gesellschaft, Ökologie, Politik | 0 Kommentare

Sommer 2022: Motivations-Weckruf für Klein und Groß

Esther und Andreas Reinecke-Lison

Katastrophen hat das laufende Jahr weltweit in Hülle und Fülle zu bieten, vor allem durch die Klimaerwärmung. Ist das ein Anlass zur Resignation oder doch zur Aktion? Wie kann man Menschen dazu bewegen, etwas aus sich selbst heraus für den Klimaschutz zu tun, anstatt nur auf Druck von außen zu reagieren? Erwachsene können hier von den Kindern lernen – um deren Zukunft willen die Erwachsenen auch handeln sollten.

„Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“ Charles Darwin

Es kann nicht oft genug gesagt werden, wie dringend ein weltweites Umdenken in Bezug auf den Klimawandel erforderlich ist. Hitzewellen, Dürren, Gletscherschmelzen, aber auch Überschwemmungen mit Folgeschäden für Umwelt, Pflanzen, Tiere und Menschen treten auch dieses Jahr rund um den Erdball in Hülle und Fülle auf. Das Ziel des Klimaabkommens von Paris 2015, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wird mit den derzeitigen Maßnahmen nicht mehr erreicht. Wenn es so weitergeht wie jetzt, werden es 2,5 Grad. Dann werden Hitzewellen, wie wir sie gerade erleben, immer häufiger und heftiger eintreten.

Dieses Wetter wird zu einer neuen Normalität werden, so Petteri Taalas, Leiter der Weltwetterorganisation WMO, und die aktuellen Temperaturen werden uns mild erscheinen. Wie so oft haben diejenigen, die das am wenigsten verursacht haben, am meisten darunter zu leiden. Das betrifft nicht nur Menschen des Globalen Südens, auch Kinder in aller Welt.

Bild: Umweltbildung per Krawatte: Sie bildet die Erderhitzung ab. Copyright: UNTV Geneva

„In der Praxis sieht im Moment nichts danach aus, als würden wir eine wirkliche Bereitschaft haben, die Dinge zu verändern.“ Sven Plöger

Seit den 1990er Jahren hat der Weltklimarat IPCC vor den zunehmenden Klimaveränderungen gewarnt. Das was jetzt passiert, ist ein Weckruf. Laut Frederike Otto, Leitautorin Wetter und extreme klimatische Ereignisse des sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC von April 2022, „benötigt es Veränderungen auf allen Ebenen“, vor allem bei politischen Entscheidungsträgern. Das globale System, das auf dem Verbrennen fossiler Brennstoffe und einem eklatanten Ausstoß von Emissionen beruht, muss verändert werden. Entscheidend für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels ist es, den Einsatz von Kohle, Öl und Gas sofort und drastisch zu reduzieren. Laut Petteri Taalas muss es jetzt schnell gehen! Es gilt, Sonnen-, Wasser- und Windenergie einzusetzen, die Energieeffizienz zu verbessern, auf klimaresistente Bäume und
Pflanzen zu setzen, auch Moore zu renaturieren. Und keine falschen Kompromisse zu schließen! Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf ergänzt: „Jeder muss etwas tun, da die wissenschaftlichen Fakten bekannt sind und wir alle wissen sollten, was da auf uns zukommen könnte.“

„Zukunft ist kein Schicksalsschlag, sondern die Folge der Entscheidungen, die wir heute treffen.“ Franz Alt

Dieser Planet ist schön. Für eine lebenswerte Zukunft ist der aktive Einsatz der Menschen erforderlich. Gründe dafür sind genug vorhanden. Und es gibt keinen Planeten B! Aber Menschen sind fähig, gegen die Deutlichkeit aller Anzeichen immun zu sein. Es scheint, „dass sie ihre Epoche längst für unabänderlich halten.“ (Peter Sloterdijk). Doch die Verantwortung liegt auch bei jedem einzelnenen Menschen. Wieviel Katastrophe braucht der Mensch, um sich für die Umwelt und das Klima einzusetzen? Die aktuellen Bemühungen werden oft nicht durch Einsicht, sondern durch Druck von außen unternommen. Das ist ein typisches Merkmal für sogenannte extrinsische Motivation. Solche Motivation ist jedoch nicht von Dauer und nicht nachhaltig. Es bedarf eines aus sich selbst kommenden Antriebs, der sogenannten intrinsischen Motivation. Der innere Antrieb entsteht, wenn man eine Sache interessant findet, den Einsatz dafür als sinnvoll empfindet und ehrliche Freude daran hat. Dann sind Menschen auch lernbereiter, engagierter und eher in der Lage, Schwierigkeiten zu überwinden. Dann entsteht auch Kreativität und flexibles Denken. Inneren Antrieb kann man nicht erzwingen. Aber er lässt sich anregen, auch für den Umwelt- und Klimaschutz. Am besten von Kindesbeinen an.

„Kein Lebewesen kann etwas lernen ohne Anregung durch andere und ohne selbst mit dem, was es gelernt hat, andere zum Lernen anzuregen.“ Gerald Hüther

Vorbildlich in dieser Hinsicht sind Kinder. Sie geraten schnell in einen „flow“, in dem Wälder, Bäche, Wiesen spielerisch erkundet werden. So wird ein offener Blick und Achtung für die Natur verinnerlicht, was später im Alltag zu einem umweltverantwortlichen Handeln führt.
Abenteuer Lernen, Zukunft Umwelt Bildung und Oro Verde sind nur drei Bonner Umweltbildungs- Gruppen (von bundesweit geschätzt 4.600), die zusammen mit und für Kinder-Tagesstätten/ Kitas Umweltbildung im Sinne der von der UN initiierten „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ vermitteln. Dazu zählen Naturerlebnis- Exkursionen, das Erlernen eines achtsamen Umgangs mit Ressourcen, eine nachhaltige Ernährung mit Gemüse aus dem eigenen Kita-Garten und weniger Spielzeug-Konsum. Auch soziale Aspekte gehören dazu („500 Deckel für eine Impfung gegen Kinderlähmung“ sammeln).

„Erst formen wir unsere Gebäude, dann formen diese uns.“ Winston Churchill

Umweltbildung lässt sich in nachhaltig gestalteten Gebäuden glaubhafter vermitteln. In Bonn und Umgebung sind mit der Kita Rheindampfer, der Internationalen Kita Heussallee und der Kita Glühwürmchen in den letzten Jahren Gebäude entstanden, die Kindern reichlich Anschauungsmaterial für Umweltbildung liefern. Dazu zählen die Holzbauweise, Gründächer, die Nutzung von Solarkollektoren und Regenwasserzisternen für Toilettenspülungen. Trotz einer Erweiterung der Fläche um das Doppelte sanken in der Kita Glühwürmchen die Energiekosten auf 20 Prozent zu vorher.

„Die Freude am Lernen ist Ausdruck der Freude am Leben“ Gerald Hüther

Wenn ein Mensch wahrnimmt, dass sich , ist das ein Impuls für das Lernen. Die aktuelle Weltlage, aber vor allem die Klimaentwicklung bieten Erwachsenen genug Gründe. Und um der Kinder Zukunft willen sollten „die Großen“ ohnehin handeln. Für die Erwachsenen-Umweltbildung bieten die Medien zahlreiche (kritische) Informationssendungen, wie “Umwelt- und Verbraucher“ im Deutschlandfunk, jeden Werktag, 11:35 Uhr. Alle Sendungen können im Internet nachgehört werden, zum Beispiel die vom 20. Juli dieses Jahres über Rekordhitze oder den möglichen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken. Ein weiteres Angebot ist die „Public Climate School“, ein Klima-Bildungsprogramm für alle. Es wird von Students For Future (Studierenden der Fridays For Future-Bewegung) mit Beteiligten aus Wissenschaft, Lehre und Schule gestaltet und findet vom 07.-11. November statt. Veranstaltungen (wie: Klimagerechtes Bauen, Energiewende im Zeichen des Ukraine-Krieges) können in Bonn in Hörsälen der Nußallee und Meckenheimer Allee besucht werden oder sind über das Internet (youtube) abrufbar.

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ Hermann Hesse

Aus der Bildung gewonnenes Wissen kann dazu führen, eigene Gewohnheiten und Lebensstile zu hinterfragen und die gewonnenen Erkenntnisse in praktisches Handeln für den eigenen Alltag umsetzen. Wie wäre es mit diesen Vorschlägen? Bus und Bahn fahren, Fahrgemeinschaften bilden, Wasserspar-Strahlregler nutzen, den Deckel beim Erwärmen auf den Topf legen, den Standby-Modus von Geräten ausschalten, kürzer und öfter kalt duschen (gesund ist es auch), weniger Fleisch essen , wie demnächst auch an der Uni Bonn-Hauptmensa vorgesehen (veganer Probemonat), faire Banken wählen, die soziale und Öko-Projekte unterstützen. Und vieles mehr. Dabei soll jeder aus sozialer Gerechtigkeit nach seinen finanziellen Möglichkeiten handeln und so gut er kann (UuV-Sendung vom 17.08.22).
Aus der Bildung gewonnenes Wissen kann auch in Engagement umgesetzt werden und der Mensch entwickelt sich weiter. Die Teilhabe der Menschen ist Basis für sozialen Zusammenhalt und das Gemeinwohl. Rund sechs Millionen Menschen sind in Nordrhein-Westfalen ehrenamtlich tätig. Ehrenamtlich Aktive im Umwelt- und Naturschutz in Bonn helfen verletzten Fledermäusen, pflegen Streuobstwiesen, sorgen an vielbefahrenen Straßen in Naturschutzgebieten für den Schutz der Waldtiere und Amphibien. Die Freiwilligenagentur Bonn hat auch Angebote für Ökologie und Tierschutz. Mit „GoNature“ steht seit neuestem ein bundesweites Onlineportal für Engagement im Natur- und Artenschutz zur Verfügung. Schauen Sie doch mal rein! Um motiviert zu werden, selbst etwas zu tun, kann
man sich schließlich auch an Vorbildern orientieren. Zum Beispiel am ehemaligen Profifußballer Neven Subotic, der nach seinem Karriere-Ende eine Stiftung gegründet hat, die eine Trinkwasser- und Sanitärversorgung in ostafrikanischen Ländern aufbaut. Alle Spendengelder werden zu 100 Prozent in die Projekte weitergegeben, weil Subotic sämtliche Betriebskosten selbst übernimmt. Was uns so häufig zögern lässt, ist, den Moment des Anfangens zu finden. Natürlich sind Veränderungen nicht leicht auf den Weg zu bringen und sogar umzusetzen, aber wie sollte sich sonst etwas ändern? Von daher: Überlege nicht zu viel – fang einfach an.

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“ Albert Einstein

Selbst, wenn man glaubt, man könne als kleines Licht nicht viel bewegen: Man kann es doch! Ideen bleiben nicht aus, sich für etwas einzusetzen. Und das gibt uns Mut weiterzumachen. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Mahatma Gandhi

Informationsquellen: Peukert: Klimaneutralität jetzt, 2022 // Hüther: Mit Freude lernen, 2016 //
Sloterdijk: Wieviel Katastrophe braucht der Mensch, 1986 // deutschlandfunk.de: Umwelt und Verbraucher // BUND Bonn: Ökotipps // freiwilligenagentur-bonn. de // publicclimateschool.de // nevensuboticstiftung.de

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