Jürgen unterwegs – Es geht nur mit den Bürger*innen

17. Oktober 2023 | Ausgabe 5 / 2023, Gesellschaft, Jürgen Huber, Jürgen unterwegs, Nachhaltigkeit, Umwelt | 0 Kommentare

Die Bonner Bevölkerung mit ins Boot zu nehmen, wenn es darum geht, Bonn bis 2035 Klimaneutral zu gestalten, ist eine der besten Ideen. Dass diese Idee tatsächlich guten Nährboden fand und Menschen einen Plan erarbeitet haben, ist vorbildlich. Wenn Teile dieses Planes verwirklicht werden können, ist das ein echter Fortschritt in und für Bonn.


Jürgen Huber


 

Doch ist es gar nicht so einfach, die Bevölkerung gerade mal am Händchen zu packen und mitzunehmen. Bonn ist eine nicht nur durch den Rhein zweigeteilte Stadt. Auch in Sachen meines Lieblingsthemas, dem individuellen Autoverkehr, ist Bonn zweigeteilt, denn es gibt Autofanatiker*innen, die absolut nicht aufs Auto verzichten möchten. Sich auch nicht auf Alternativen einlassen möchten.

Auch unter den Radfahrenden sind diese Exemplare zu finden. Nur die Fußgehenden sind leise und jaulen selten auf.
Wie bekomme ich denn eine vernünftige Bürgerbeteiligung unter solchen Bedingungen zustande?  Selbst in einer kleinen Gruppe habe ich erlebt, was mitreden bedeuten kann. Da gibt es die engstirnigen Menschen, die keinen Millimeter von ihrer Meinung wegrücken. Andere diskutieren dich in Grund und Boden sowie wenige, die wirklich bereit sind, Kompromisse einzugehen oder sogar ihre Meinung zu ändern.

Einen Mix aus zufällig ausgesuchten Menschen der Bonner Bevölkerung finde ich einen sehr guten Ansatz. Wenn diese Menschen sich auf tragfähige Ideen geeinigt haben ist das ein großer Verdienst. Ein riesiges Lob an alle Teilnehmenden für diesen Erfolg!

Das kennen nur noch die “Alten”

Die Stadtoberen und die Verwaltung sind langfristig gut beraten, die Bonner Bürgerschaft bei Planungen mit ins Boot zu nehmen. Wer kennt sich besser in seinem Viertel und in seiner Stadt aus als diejenigen, die hier leben und arbeiten. In einem gesunden Mix von Neubürgerschaft und alt Eingesessenen kommt sicher Gutes dabei heraus. Denn die in Bonn geborenen haben den Wandel der Stadt mitbekommen, und neu Zugezogene bringen vielleicht sehr gute Ideen aus deren altem Wohnort mit. Das dabei ins Viertel gegangen wird macht Sinn, denn Mehlem hat andere Bedürfnisse als die Nordstadt.

 

 

Ein tolles Beispiel hat das Quartiersmanagement Lannesdorf/Mehlem praktiziert: Unter dem Motto: „Mitgestalten – Mitmachen – Mitreden“ waren sie mit deren mobiler Quartiersbank sowie kleinen Fragebögen an zwölf verschiedenen Standorten in Lannesdorf und Mehlem unterwegs.
Sie wollten erfahren, wie die Menschen ihren Stadtteil erleben, wie es ihnen dort geht und was verbessert werden könnte. Wir berichten weiter darüber.

Bus im Stau Bornheimer Straße Foto: Jürgen Huber

Neben vielen anderen würde ich mir in zwei Bereichen eine konstruktivere Mitarbeit der Bürgerschaft wünschen. Zum einen das Thema Verkehr und zum anderen das Thema preiswerter Wohnungsbau/Neubau von Wohnungen.

Der Anteil des Verkehrs an den Gesamt-Treibhausgas-Emissionen auf Bonner Stadtgebiet war im Jahr 2018 bei 26,8 Prozent. Darum hätten wir den Verkehr gerne aus Bonn heraus. Bei einer riesigen Anzahl von Pendelnden und einer immer weiter steigenden Zahl an Arbeitsplätzen ein fast unmögliches Unterfangen.

 

Immer wieder höre ich: „Aufs Rad, das ist die Zukunft“!
Der Pendelnde aus Hennef Süchterscheid muss mit dem Auto fahren, wenn er nicht gerade für die Tour de France trainiert. Denn die 31 Kilometer bergauf und bergab sind eine echte Aufgabe. Und um 8 Uhr am Arbeitsplatz sein geht mit dem Bus nicht.
Und genau für diese Pendelnden brauchen wir in der Umgebung Bonns Parkplätze, damit auf den ÖPNV umgestiegen werden kann. Auch hier hilft reden, und zwar mit dem Rhein-Sieg-Kreis. Dieser muss an den Kosten für die Bereitstellung von P&R Plätzen beteiligt werden. Denn die in Bonn arbeitenden Menschen zahlen die Gemeindesteuer dort.

Es müssen einige Standorte für ihre Gemeindegrenze überschreitenden Pendelnden aus dem RSK geschaffen werden.

Radweg Maximilianstraße Foto: Jürgen Huber

Kommen wir noch einmal zum Fahrrad. Da tut sich in Bonn schon eine ganze Menge. Immer mehr Radwege entstehen, ob als Protected Bikelane (Geschützter Radfahrstreifen) oder Umweltspur. Auch Unterstellboxen entstehen in den Vierteln und auf P&R Plätzen. Das ist ein guter Weg, denn in meinem Bekanntenkreis gibt es viele Pendelnde, denen es einfach zu gefährlich war, in Bonn zu radeln. Inzwischen greifen einige doch zum Lenkrad und fahren mit dem Rad zur wenige Kilometer entfernten Arbeit. Erfolg!
In Bonn wird viel gebaut. Wenn es nicht Bürobauten sind, so entstehen meist Eigentumswohnungen. Das Bonner Baulandmodell verlangt bei Neubauten einen Satz von 40%  öffentlich geförderter Wohnungen, die „Mietpreis- und Belegungsgebunden“ sind. Auch das ist ein guter Weg. https://www.bonn.de/vv/produkte/wohnungsmarktentwicklung-bonner-baulandmodell.php

Investoren haben den Bahnhofsvorplatz bebautFoto: Jürgen Huber

Um sich von den Investoren frei zu machen, plant Bonn eine eigene Stadtentwicklungsgesellschaft, die vorrangig auch dafür sorgen soll, dass auf eigenen städtischen Grundstücken sozialer, ökologisch und städtebaulich attraktiver Wohnungsbau entsteht. Hierfür soll die Gesellschaft zukünftig auch Grundstücke ankaufen oder im Auftrag der Stadt Bedingungen an die Käufer stellen können. Sie kann auch durch kluge “Bodenvorratspolitik” Stadtentwicklung beeinflussen (nicht nur beim Wohnungsbau sondern auch beim Gewerbe.) Vor allem kann sie Spekulationen besonders mit “Bauerwartungsland” entgegenwirken. Ein Wahlplakat trifft es auf den Kopf: „Ich lasse mich nicht von Investoren über`n Klotz ziehen“.

Ideal wäre es, wenn das Bauen dieser Wohnungen ebenfalls in städtischer Hand geschehen würde.

 

 

Bild: Bauen in Bonn Pandion Ville
Foto: Dr. Manfred Fuhrich

Soll irgendwo Wohnraum durch Neubauten entstehen, gibt es Bürgerproteste. Hier ist es ganz wichtig, sich mit der Bürgerschaft zusammenzusetzen und einen vernünftigen Plan für das gesamte Stadtgebiet Bonn zu erstellen, der dann auch Akzeptanz bei der Bürgerschaft findet und durchgesetzt wird.

Wir empfehlen die Ausgabe 2/2021 zum Thema Baukultur https://bonnerumweltzeitung.de/schwerpunkt-baukultur/

 

 

Fazit:

Wenn wir alle an einem Strang ziehen, dann gelingt uns das große Projekt „Klimaneutral bis 2035“. Jeder für sich sollte das seine zum Gelingen beitragen.
Dass Politik und Verwaltung dabei Vorbild sein sollten ist ja wohl sonnenklar. Das ist aber leider nicht immer der Fall! Wenn zum Beispiel der Cityring je nach Ratsmehrheit innerhalb einer Ratsperiode in ideologische Art und Weise mal gesperrt und mal wieder geöffnet wird. Das verärgert die Bürgerschaft und kostet viel Steuergeld.

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