Zwischenruf
„Ich ging im Walde so vor mich hin. Und nichts zu suchen, lag mir im Sinn!“ – Das war Goethe. So ein entspanntes, unbekümmertes Schlendern fällt uns heute schwer. Damals war deutscher Wald noch Wald, ein Sehnsuchtsort.
Was ist Wald?
„Weißt du, was ein Wald ist? Ist ein Wald etwa nur zehntausend Klafter Holz? Oder ist er eine grüne Menschenfreude?“, so fragte schon Bertolt Brecht. Was ist eigentlich Wald? Diese Frage stellen wir uns auch heute. Die förmliche Antwort von Wikipedia ist recht nüchtern: „Wald gilt als Ausschnitt der Erdoberfläche, hauptsächlich mit Bäumen bewachsen“. Immerhin nimmt Wald ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik Deutschland ein; davon nur etwa 43 Prozent Laubbäume, etwa zwei Prozent der Fläche sind ursprünglich.
www.planet-wissen.de/natur/landschaften/deutscher_wald/index.html
Ja, und was ist Wald sonst noch alles für uns? Wald erlebt heute eine sehr vielfältige, zuweilen auch widersprüchliche Wertschätzung: Wald ist Sehnsuchtsort, Erholungsraum. Wald ist Sehnsuchtsort, Erholungsraum, Fitnessstudio und Glücksquelle. Wald ist Wirtschaftsraum, Investition und Arbeitsplatz. Wald ist öffentlich und für alle da. Wald ist etwa zur Hälfte Privatgelände.
„Nachhaltigkeit“ bedeutet ursprünglich schonender Umgang mit dem Wald
Dem Wald, genauer dem bedrohten Schicksal des Waldes verdanken wir eine Vokabel, die seit vielen Jahren die Umweltdebatte beherrscht: „Nachhaltigkeit“. Ein Thema, bei dem jede*r ohne Vorwissen und Vorwarnung mitredet. Dabei birgt es ein knallhartes Argument: Nachhaltigkeit kommt aus dem Wald.
Der Forstmann von Carlowitz hat vor über 300 Jahren angesichts einer drohenden Rohstoffkrise (Holz war seinerzeit zentraler Rohstoff) in seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ erstmals formuliert, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung und Pflege nachwachsen konnte.
Trotz der Bedrohung durch Menschenhand gab es damals noch echte Naturwälder, nicht nur im Märchen, in denen der edle Prinz den Wald galant durchritt und die hohen Herren der Jagd frönten. Heute sind es Naturgewalten, denen der Wald ausgesetzt ist, und es sind vor allem Fehlentscheidungen des Menschen, die den Wald anfällig werden ließen. Das allmähliche Verschwinden von Laubbäumen und das Vordringen von „nützlichen“ Nadelgehölzen als Monokulturen haben den Wald empfindlich gemacht.
Warum lieben wir Wald?
Bertolt Brecht gibt eine Erklärung: „Die Schwärmerei für die Natur kommt von der Unbewohnbarkeit der Städte“. Je mehr wir unseren urbanen Lebensraum ausdehnen und selbst die kleinsten Baumgruppen für weitere Besiedlung opfern, desto dringender wird das Bedürfnis nach freier Natur, nach Wald. So mancher frohlockte voreilig, dass die Schreckensmeldungen in den 80er Jahren, genannt „Waldsterben“, ja nun doch nicht so verheerend eingetreten sind.
Die Herausforderung „gesunder Wald“ ist nichts Historisches, auch wenn „Waldsterben“ als Thema im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit einem Exponat vertreten ist. Aktuell sind die Meldungen beispielhaft:
www.planet-wissen.de/natur/umwelt/waldsterben/index.html, www.tagesschau.de/inland/waldgipfel-101.html
Nun gut, anderswo ist es besonders schlimm. Am Amazonas – ganz weit weg – waren es gewiss Brandrodungen. Davon hat man gehört. Die örtlichen Farmer leben von Fruchtanbau, damit wir in Europa genug zu essen haben. Immer noch weit weg? Von wegen. Doch auch in Deutschland sind Hausaufgaben, besser Waldaufgaben zu machen. War es vor vielen Jahren der „saure Regen“, so sind es heute der Borkenkäfer und der Klimawandel; besonders die Trockenheit ist Waldfeind Nummer 1.
Wir sind Wald!
In einer change.org-Petition werden bundesweit Unterschriften gesammelt zum Schutz unserer Wälder. Eindringlich wird geworben für den Wald: „Wald ist Wasser, Wald ist reine Luft, Wald ist ein wichtiger Klimaschützer, Wald ist für uns Menschen einfach unersetzlich!“
www.change.org/p/wälder-sind-keine-holzfabriken-es-reicht-wir-fordern-ein-
neues-bundeswaldgesetz-juliakloeckner-
svenjaschulze68
Beim Spaziergang atmen wir im Wald permanent eine höhere Konzentration an negativen Luft Ionen ein. Die Bäume nehmen über das Grundwasser Radon auf und geben es über die Blätter wieder ab. Das hebt unsere Stimmung. www.carpediem.de Welche Stimmung im Wald unter Bäumen herrscht, bekommen wir Waldbenutzer*innen kaum mit.
Waldleben und Wohlleben
Erhellend sind da die Berichte des inzwischen berühmt gewordenen Waldmeisters der Nation, Herr Peter Wohlleben. Er beschreibt uns in seinem Bestseller „Das geheime Leben der Bäume“ nachdrücklich, wie wohl die Bäume leben und wie phantastisch die Gemeinschaft der Bäume ist.
Wenn wir das nächste Mal in den Wald gehen, sollten wir uns bemühen, den Bäumen mit Demut und Ehrfurcht zuzuhören. Unsere Freunde, die Bäume, haben viel zu erzählen. Viele werden viel älter als wir; das verlangt Achtsamkeit, Demut und Respekt. Sie werden noch älter, wenn wir ihnen nicht die Chance nehmen.
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