Kraft

1. September 2018 | Gesellschaft, Energie | 0 Kommentare

Leitartikel BUZ 5-2018

Von Energieträgern, Newton und der uns innewohnenden Motivation

Der Sommer neigt sich dem Ende. Für die einen Kraftspender; für die anderen kräftezehrend. Traumsommer oder Hiobsbote globaler klimatischer Kräfte?

In der Physik ist die Kraft der Dreh und Angelpunkt eines kompletten Teilbereiches, der Mechanik. Kraft = Masse * Beschleunigung. Newtonsche Axiome. Actio gleich reactio. Alles schon einmal gehört? Irgendwann. Hinterste Schublade, ganz unten im Gedächtnis. Die dazugehörigen Hirnzellen haben im Laufe der Jahre schon einiges an Lebenskraft eingebüßt, daher hier eine kleine Vitalitätskur für sie. Keine Angst, ich nehme die Definition aus dem Schülerlexikon: „Die Kraft gibt an, wie stark zwei Körper aufeinander einwirken. Sie ist eine Wechselwirkungsgröße.“ Wechselwirkung. Merken wir uns.

Natürlich ist die Definition von Kraft inzwischen vielfältiger als zu Newtons Zeiten. Seit dem späten 18. Jahrhundert verknüpft man den Begriff „Kräfte“ nicht mehr nur mit körperlicher Kondition oder Naturgesetzen, sondern auch direkt mit Personen und deren geistigen Fähigkeiten, also den Fähigkeiten zu kapieren, was abgeht.

Eigentlich können wir das schon ziemlich lange. Der Mensch ist eines der wenigen Lebewesen auf diesem Planeten, das die kognitiven Kapazitäten besitzt, zu abstrahieren. Sich also aus der Erfahrung heraus vorstellen zu können, was passiert, wenn ich mir diesen Stein auf den Fuß haue. Genau. Es tut weh. Und wenn ich meinem Gegenüber mit dem Stock auf den Kopf haue, hat der, abhängig von meinen körperlichen Kräften, eine Beule, ist ohnmächtig oder hat – wenn wir von Bud Spencer sprechen – gar nix gemerkt. Erinnert Sie das an etwas? Also mal abgesehen von „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“. Wechselwirkung. Newtons actio gleich reactio – oder wie meine Mutti immer sagt: „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“
So wie ich anderen begegne, wird mir begegnet. Bin ich also freundlich und lächle die Leute auf der Straße an, denken die vielleicht ich bin ein bisschen meschugge, aber in den meisten Fällen ernte ich ein Lächeln.

Das, was wir tun, löst Reaktionen in unserer Umwelt aus. Umso schwerer fällt es, zu verstehen, warum diese Spezies so große Aktionen unternimmt und dabei so wenig auf die Reaktionen achtet. Unsere Umwelt sendet uns eindeutige Signale, Reaktionen auf unsere Aktionen. Wir verbrennen fossile Energieträger, mehr CO2 in der Atmosphäre, es wird wärmer. Wir versprühen Chemikalien auf unseren Feldern, Pflanzen, Insekten, Vögel sterben. Wir holzen den Regenwald ab, die Artenvielfalt nimmt ab, die natürlichen Lebensräume vieler Tier-und Pflanzenarten werden enger. Einfache kausale wissenschaftlich belegte Zusammenhänge. Doch Fakten haben es schwer dieser Tage. Wir wollen oder können nicht sehen und gefühlt sieht es ja nicht ganz so schlecht aus. Vielleicht ist das ein Schutzreflex, um unsere mentale Kraft zu schone. Vielleicht ist es aber auch einfach nur dumm. Denn die Angelegenheiten der Umwelt, so wie wir sie kennen und zum Überleben brauchen, sollten uns etwas angehen!

Die Kraftsuppe unserer Themen ist gehaltvoll und steckt voller Energie. In unserem Interview fragen wir die Umweltpsychologin Nicola Moczek, was Ehrenamtliche antreibt, wie sie sich immer wieder motivieren, sich freiwillig zu engagieren. Dabei spricht unsere Interviewpartnerin auch über konkrete Naturschutzprojekte in der Region.
Natur ist auch das Thema unserer „Auslandskorrespondentin“ – eine zerstörte und zunehmend vertrocknete Natur. Unsere Gastautorin berichtet aus und über Spanien und dessen Wassertransporte von der Wüste im Südosten des Landes ins blühende Deutschland. Wasser in Form von Obst und Gemüse, für deren Anbau Flüsse umgeleitet, trocken gelegt und fossile uralte Wasserquelle angezapft und ausgeschöpft werden. Unser Konsum ist die treibende und zerstörende Kraft dahinter.

Die Kraft aus der Erde – während eines sechswöchigen Praktikums im Ökozentrum recherchierte Geographiestudentin Hanna Große zum Thema Geothermie und erörtert, ob Erdwärme für den Raum Bonn eine sinnvolle alternative Energiequelle darstellt. Dabei eignete sie sich handwerkliches Knowhow zur Erstellung und Bearbeitung von Texten und Bildern an, wie es in einer Printredaktion wie der der BUZ benötigt wird. Das Ergebnis ihrer Arbeit finden Sie auf der von ihr eigenhändig gestalteten Seite vier.
Um die innere Kraft geht es in unserem Artikel über Meditation in den rasanten Zeiten der Digitalisierung. Wie man diese Energiereserven anzapft und revitalisiert und wie ein „Date mit sich selbst“ aussieht, erklärt Ihnen unsere Autorin.

Ein hungriger Student, ein vergammelter Kartoffelsalat und eine findige Bonner Mensa – die energiereichen Zutaten für unsere Geschichte. Und um eben jene Energie geht es auch. Essens- und Küchenreste der neuen Mensa Campo in Poppelsdorf landen nicht mehr in der Tonne, sondern wandern zur Energieerzeugung in eine Biogasanlage. Der Weg bis zum Strom aus Kartoffelsalat.

Thema Arbeitskraft: Weniger arbeiten bei gleichem Lohn? Flexible Arbeitszeitgestaltung? Home­office? Bei einigen Vorreiterbetrieben sind das schon keine Zukunftsfantastereien mehr. Sie testen bereits die 4-Tage-Woche. Wie effektiv derartige Modell sind, durchleuchtet unsere Autorin.
Auf der letzten Seite beschäftigen sich unsere Autoren mit vermeintlichen „Unkräutern“, die alles andere als Un-Kraut sind und unersetzbar wichtig für eine intakte ländliche Flora sind. Diese Ackerwildkräuter an Feld- und Wiesenrändern bieten einer Vielzahl von Insekten Nahrung und sind ein wertvoller Bestandteil des Ökosystems.

Liebe Leserschaft, wir hoffen, wir können Sie auch mit dieser kraftvollen Ausgabe begeistern. Meine Zeit als Bundesfreiwilligendienstleistende im Ökozentrum neigt sich dem Ende. Ich habe mich sehr gern als Chefredakteurin und Autorin den Themen und der Gestaltung der Bonner Umwelt Zeitung gewidmet und hoffe auch in Zukunft noch hier und da einen wissenschaftlichen Artikel oder einen frechen Kommentar platzieren zu können. Der BUZ und ihrer Leserschaft wünsche ich alles Gute! Und ich empfehle Ihnen ein Date mit sich selbst – natürlich erst nach der Lektüre!

Kathrin Schlüßler

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