In der Ruhe liegt die Kraft
Angefangen von westlichen Yogakursen bis hin zur modernen Psychotherapie ist Meditation mittlerweile omnipräsent. Sie verspricht das Erlangen neuer Kraft inmitten einer hektischen Umwelt.
Melanie Alessandra Moog
Der Blick nach Innen – ein hilfreiches Tool?
Im Alltag stehen wir in einem Spannungsfeld aus Verpflichtungen einerseits und Bedürfnissen andererseits. Im Miteinander der medialen Vernetzung, des beruflichen Leistungsdrucks und des (Freizeit-)Stresses kommen viele Menschen an die Grenzen psychischer wie physischer Belastbarkeit. Wer hier noch ein Ehrenamt und dort noch eine Überstunde übernimmt, sollte darauf achten, sich selbst nicht ganz hintanzustellen. Denn: Schleichend verschwindet in einer von Schnelllebigkeit geprägten Alltagswelt der Blick für die persönlichen Bedürfnisse. Ein bewusstes Zeitfenster, um zu sich selbst zu kommen, scheint kaum in die Tagesroutine integrierbar. Doch können schwerwiegende und zunächst unerkannte Depressionen, wie etwa das Burn-Out-Syndrom, die Folge eines solchen Lebensstils sein. Kann Meditation helfen, einen gesunden Umgang mit sich und der Umwelt zu finden und zu bewahren – und wenn ja, wie?
Was ist Meditation?
Meditation ist ein wenig zeitaufwendiges und gleichzeitig absolut ressourcenschonendes Ventil – man braucht praktisch nichts dafür, außer sich selbst, Motivation (oder Leidensdruck) und eine Einführung. Und vielleicht ein Sitzkissen. Mehr nicht.
Der Begriff ,Meditation´ wird mit sinnender Betrachtung oder kontemplativer Versenkung umschrieben. Auch Worte wie Einkehr, Sammlung und Überlegung listet der Duden als synonymhafte Äquivalente des Stichworts Meditation. Verschiedenste passive oder aktive Mediationsformen, etwa Sitz-, Liege- und Gehmeditationen, werden weltweit praktiziert – insgesamt gibt es unzählige Arten zu meditieren. Sie reichen von stillen über geführte bis hin zu musikalisch untermalten Meditationen.
Ein Gewinn auf allen Ebenen
Meditation ist universell. Sie ist mittlerweile nicht mehr zwangsläufig mit religiösen (buddhistischen, hinduistischen, christlichen, …) Kontexten verbunden und erfreut sich immer mehr Beliebtheit ebenso wie wachsendem wissenschaftlichen Interesse. Erstaunlich ist, dass Meditation sich einfachster Mittel bedient, und dass sie dennoch einen messbaren Unterschied bewirken kann. ForscherInnen der University of California fanden heraus, dass eine regelmäßige Meditationspraxis jene Regionen des Gehirns vergrößere, die für positive Emotionen zuständig sind. Dies verschaffe ein größeres Maß an Achtsamkeit und emotionaler Stabilität. Gleichzeitig lassen sich so auch körperliche Verspannungen und psychosomatische Erscheinungen mindern.
Die Umwelt einmal ausblenden
Ziel der Meditation ist das Ankommen bei sich selbst, im Hier und Jetzt, um damit die Konzentration auf das eigene Empfinden und Dasein zu schulen. Indem die Reize der Umwelt für eine begrenzte Zeit von 5 bis 60 (oder mehr) Minuten ausgeblendet werden, kann ein wohltuender und spürbar bewussterer Daseinszustand erreicht werden: Die Atmung wird effizienter und tiefer, eine Klärung innerer Konflikte wird durch die Innenschau begünstigt und eine Grundstimmung der Entspannung evoziert, die im besten Fall zum täglichen Begleiter, auch in Stresssituationen, wird.
Insbesondere vielfältig engagierte und gesellschaftlich eingebundene Menschen realisieren oft zu spät, dass ihre Ressourcen ihrem stetigen Verantwortungsgefühl zum Opfer fallen können, sofern sie sich zu wenig Pausen und persönlichen Freiraum zugestehen. Beispielsweise hat sich in Deutschland die Zahl der in Ehrenämtern Tätigen von 12,21 Millionen Personen im Jahr 2012 auf 14,89 Millionen in 2017 gesteigert, und mittlerweile bilden Alleinerziehende eine Gruppe von 20% der Gesamtbevölkerung. Hinzu kommt oftmals die berufliche Doppelbelastung zwecks finanzieller Lebenserhaltung, begleitet von Dauererreichbarkeit, Konkurrenzkampf und Karrieredruck. Erfährt sich der moderne Mensch minder als empfindsames Lebewesen denn als funktionierende Allroundmaschine, droht sich eine Schieflage einzustellen. Wenn das Verantwortungsgefühl der Umwelt gegenüber keinen Feierabend kennt, ergeben sich weniger Chancen, den persönlichen Krafthaushalt wahrzunehmen und neu aufzufüllen.
Diese soziale Umwelt hingegen für eine begrenzte Zeit regelmäßig bewusst abzustreifen kann eine Distanz schaffen, aus welcher heraus mit neuer Kraft – und den eigenen Ressourcen entsprechend – beurteilt und gehandelt werden kann.
Auf ein Date mit sich selbst
Zehn Minuten „Nichtstun“ am Tag – dafür habe ich keine Zeit! Wem dieser Satz bereits zum persönlichen Dogma geworden ist, könnte einmal in Erwägung ziehen, ob eine tägliche Verabredung mit sich selbst nicht doch mehr sein könnte als bloßes Nichtstun – und ob zu Gunsten des persönlichen Krafthaushalts zehn Minuten täglich, oder auch mehrfach wöchentlich, nicht doch lohnenswert erscheinen. Sich einmal am Tag auf sich selbst und den eigenen körperlichen, seelischen und geistigen Zustand besinnen zu können – bei einem „Date“ mit sich selbst – muss kein Luxusgut bleiben und muss auch die Leistungskraft nicht schmälern – im Gegenteil. Schließlich ist eine effizientere Alltagsbewältigung begünstigt, sofern die persönliche Konstitution und Befindlichkeit stabil sind.
Meditieren im digitalen Zeitalter
Für Interessierte versprechen Meditationsapps wie BamBu einen guten und zeitgemäßen Einstieg in die Meditation. Die App ist deutschsprachig und im vierzehn Tage umspannenden Basisbereich kostenfrei. Bei regelmäßiger Praxis bietet sie die Chance auf eine reflektierte Lebensbalance und schafft mit der ansprechenden Aufmachung Neugier und Motivation in Bezug auf das Meditieren. Ein freundlicher Mönch ziert das Logo der App, während eine angenehme Frauenstimme durch die unterschiedlichen Meditationseinheiten führt.
Zunächst wird zu Beginn jeder Session eine kleine Geschichte erzählt, in die die Vorzüge und Ziele der Meditationspraxis eingebettet sind. Jede Einheit widmet sich einem neuen Thema, wie Ruhe, Body Scan, Neugier, Emotionen, Zentriertheit, Spannungen und Reaktionen, Atem, Achtsamkeit und Erwartungshaltungen. Möchte man eine Einweisung in das Meditieren nicht oder nicht nur durch Bücher oder einen wöchentlichen Kurs erhalten, so bietet BamBu einen unkomplizierten und praxisorientierten Einblick in die Thematik. Zudem offeriert die App die Möglichkeit, einen Erinnerungsmodus zu aktivieren, der zur gewählten Uhrzeit zu der nächsten Meditationseinheit ermuntert. So kann das Smartphone zum Helfer werden, um die Verabredung mit sich selbst auch längerfristig einzuhalten.
Meditieren mag auf den ersten Blick als langweilige Pflichtübung, esoterischer Zeitvertreib oder lästiger Kraftakt wirken. Doch sie ist viel mehr als das: ein wertvoller Kurzausflug in die Innenwelt, der wieder neue Vorfreude auf die Umwelt erschafft.
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