Umweltethik in Erziehung und Schule
Claria Weber
Umweltethische Erziehung fängt schon beim Kleinkind an. Sie sollte im Elternhaus stattfinden, sollte aber auch einen wichtigen Platz in Kindergarten und Schule einnehmen. In den Lehrplänen verschiedener Fächer werden die Lehrer bereits zur Anregung von umweltethischen Diskussionen aufgefordert.
Ein alter Spruch lautet: “Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr.” Nicht alle, aber viele Dinge sollte man so früh wie möglich lernen, damit sie sich fest im alltäglichen Verhalten verankern können. Dies gilt auch für den Umgang mit unserer belebten und unbelebten Natur.
Kinder lernen noch spielerisch, mit viel Begeisterung und mit allen Sinnen. Bei Spaziergängen sammeln sie gerne alles, was sie am Wegesrand finden: Stöckchen, Blätter, Steine in allen Variationen – scheinbar wertlose Dinge. Für Kinder aber sind sie in dem Moment kostbar und wehe, man kommt auf die Idee sie wegzuwerfen. Dieses typisch kindlich Verhalten sollte von Eltern aufgegriffen und verstärkt werden. ErzieherInnen im Kindergarten werden auf Grund des Lehrplans angehalten mit den Kindern Gespräche über ihre Erfahrungen mit der Natur und ihrer Umwelt zu führen. Sie sollen lernen, dass man Pflanzen nicht achtlos zertrampelt und Tiere nicht quält. Kinder, die mit Haustieren aufwachsen, erfahren im Alltag, dass diese auch Schmerzen empfinden können. Pflanzen können dies zwar nicht, die anthropozentrische Begründung, dass sich alle Menschen an ihnen erfreuen wollen, versteht aber auch ein kleines Kind schon (sehen Sie dazu den Artikel auf Seite 1).
Die Lehrpläne der Grundschulen in NRW greifen die Umweltbildung und entsprechendes ethisches Verhalten in den Fächern Sachkunde und Religion auf. Für gläubige Eltern ist unsere Umwelt eine Schöpfung Gottes, die uns als Geschenk gemacht wurde und für die wir verantwortlich sind. Diese Einstellung möchten sie natürlich auch an ihre Kinder weitergeben. Im Fach Sachkunde geht es eher praktisch zu. Die Kinder sollen lernen Abfälle zu trennen und sich Gedanken über die Abfallvermeidung machen. Wasser, Energie, Boden, Luft, Papier usw. sind Ressourcen, die geschützt werden müssen und mit denen man sparsam umgehen muss. Das Thema “Konsum” soll im ökologischen Zusammenhang besprochen werden. Aber nicht nur die Vermittlung von Wissen wird als wichtig angesehen, sondern es soll auch recherchiert und diskutiert werden, inwiefern entsprechende Maßnahmen Sinn machen.
Auch in der Sekundarstufe 1 ist Umweltethik ein Thema. Entsprechende Fragenstellungen sollen in den Biologie- oder Religionsunterricht eingebaut werden. Im Biologieunterricht steht eher das Fachwissen über Umwelt- und Naturschutz im Vordergrund. Nur am Rande wird hier menschliches Handeln hinterfragt. In einigen Biologiebüchern wird z. B. die Massentierhaltung und die Rolle des Verbrauchers kritisch beleuchtet. Die Schüler sollen Auszüge aus dem Tierschutzgesetz kennenlernen und werden zu Diskussionen angeregt.
Im Religionsunterricht wird das Thema wieder unter dem Aspekt “Gottes Schöpfung bewahren” aufgegriffen. “Macht euch die Erde untertan”, so heißt es in der Bibel im 1. Buch Mose. Heutzutage kann ein Pfarrer diesen Satz nur noch mit dem Zusatz “und übernehmt Verantwortung” vertreten. Für Christen hat die gesamte Natur (belebt und unbelebt) einen Eigenwert. Daher hat der Mensch die Aufgabe diese zu schützen und zwar nicht nur für sich selbst (holistische Umweltethik). In einem Religionsbuch “Abiturwissen” von 2002 wird im Kapitel “christliche Umweltethik” das traditionelle anthropozentrische Denken für die heutige ökologische Krise verantwortlich gemacht. Die Frage nach dem Verhältnis von Natur und Mensch müsse heute neu gestellt werden. Eine Karikatur zeigt arbeitende Männer, die auf einem Baum sitzen und dabei sind, sich ihren eigenen Ast abzusägen.
Wer Religion abwählt, muss in NRW praktische Philosophie belegen. Das Fach wurde 2003 eingeführt und in verschiedene Fragenkreise, wie z.B. die Frage nach dem guten Handeln oder die Frage nach Ursprung, Zukunft oder Sinn des Lebens, eingeteilt. Die Umweltethik findet sich im Fragenkreis 5 über Natur, Kultur und Technik wieder. In den einzelnen Klassenstufen werden die Fragenkreise immer wieder aufgegriffen, allerdings mit anderen Schwerpunkten, dem Alter entsprechend. In der Klassenstufe 5/6 stehen Tiere als Mit-Lebewesen im Mittelpunkt, in 9/10 geht es um Ökologie versus Ökonomie und verantwortbare Wissenschaft.
In einem Ethiklehrbuch der Stufe 9/10 wird ein fiktives Beispiel aus der Gentechnik mit Hilfe von Karikaturen geschildert: Ein Riesenschaf ist gentechnisch erschaffen worden und der Bauer bekommt die Probleme mit diesem Tier nicht in den Griff. Als Lösung wird ein Roboter entwickelt. Die Schüler werden dabei aufgefordert, die abgebildete Bildergeschichte weiter zu erzählen oder zu zeichnen. Sie sollen weitere Beispiel aus der Gentechnologie zu nennen und die ethischen Fragen, die damit verbunden sind, diskutieren. Auch dem “Artensterben” ist ein Kapitel gewidmet. Der dringend notwendige Schutz wird anthropozentrisch begründet (z.B. wegen Gewinnung von Medikamenten), es ist aber auch von der “Ehrfurcht vor dem Leben” die Rede (biozentrische Umweltethik). Das wichtige Thema “Ressourcenschonung” wird mit einer Anzeige der chemischen Industrie eingeleitet. Hierin heißt es: “Wir entwickeln Kunststoffe, damit die Autos immer leichter und die Schrottplätze immer leerer werden.” Ersteres ist sicher richtig, aber die Kunststoffe müssen auch entsorgt werden und dies ist ein besonderes Problem. Kunststoffe werden außerdem aus Erdöl hergestellt, das über kurz oder lang zur Neige gehen wird. Hier gibt es viel Diskussionsstoff für Lehrer und Schüler.
Erschienen in der BUZ 1_15
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