Als Mainz seine „Mainzelbahn“ mit der Bevölkerung gebaut hat.

11. Oktober 2023 | Gesellschaft, Jürgen Huber, Nachhaltigkeit, Nur Online, Umwelt | 0 Kommentare

Tipps aus Mainz für den Bau der Westbahn Bonn

Die damals noch Hardtbergbahn genannte Straßenbahn vom Hauptbahnhof Bonn bis zum Hardtberg sorgte nicht nur bei der Bürgerschaft für Unmut. Auch die Bezirksregierung bemängelte die Planung. So verschwanden die Pläne erst einmal in der Schublade. Immer wieder wurden die Pläne aus der „Schublade“ geholt, immer wieder verließ die Politik und die Verwaltung der Mut, dieses Projekt ernsthaft zu beginnen.
In einer neuen Variante nimmt das Projekt als sogenannte „Westbahn“ wieder Fahrt auf. Damit die Bahn auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, schreibe ich auf, wie die Stadt Mainz ein ähnliches Projekt, die „Mainzelbahn“ realisiert hat.

Der Plan in Bonn

Im Jahre 1972 gab es in Bonn den Plan, die sogenannte „Hardtbergbahn“ vom Hauptbahnhof kommend aus dem U-Bahntunnel der Poppelsdorfer Allee folgen zu lassen und dann weiter unter der Meckenheimer Allee her zu führen.
Der Tunnel sollte damals in offener Bauweise gebaut werden, die Poppelsdorfer Allee wäre für die Bahn mehr oder weniger komplett abgeholzt worden, was zu erbitterten Protesten führte. Im Jahre 1980 wurden die Pläne erstmalig aufgegeben.
Danach wurden sie in der einen oder anderen Variante immer mal wieder aus der Schublade herausgezogen, mal mit einer anderen Streckenführung, mal oberirdisch, mal ein wenig unterirdisch.

Die Mainzelbahn

Erschließen der Stadtteile mit der Straßenbahn Foto: Alexander Heimann/  Fotografie Dziemballa Heimann UG,

Da ich das Projekt „Hardtbergbahn“ gut finde und es nach meiner Meinung kein umweltfreundlicheres Massenverkehrsmittel als eine Straßenbahn gibt, habe ich einmal nachgeforscht, was andere Städte gemacht haben, und wie sie mit dem Bau einer Straßenbahn umgegangen sind. Und ich stieß auf die sogenannte Mainzelbahn, eine im Jahre 2016 eröffnete Straßenbahnlinie von Mainz Hauptbahnhof nach Mainz Lerchenberg, die durchaus vergleichbar mit der Bonner Westbahn von Bonn HBF zum Hardtberg ist; beide fahren vom jeweiligen Hauptbahnhof auf eine Anhöhe. Die Bürgerproteste waren in Bonn und Mainz ähnlich, auch missfiel in beiden Städten diese Bahn einigen Ratsparteien, wenn mich meine Beobachtungen nicht täuschen.
Dadurch, dass die Anliegenden und deren Probleme in Mainz ernst genommen wurden, fand eine frühzeitige Einbindung sowie aktive Beteiligung der Bürger*innen an der Planung statt. Das hat die Einführung der „Mainzelbahn“ sehr erleichtert.

Begegnung bei hoher Taktdichte. Foto Alexander Heimann/ Fotografie Dziemballa Heimann UG,

So wurden schon im Vorfeld mit Hilfe der Bürger*innen diverse Änderungen realisiert, wie andere Trassenführungen, Erhalt von Baumbeständen, die Installation zusätzlicher Haltestellen sowie die räumliche Entfernung der Trasse von einer Bebauung. Auch nach der Inbetriebnahme der Bahn wurden noch Änderungen in alle Richtungen durchgeführt, die sich aus dem Betrieb der Bahn  ergaben.
Nachdem die Bahn einmal fuhr, zog sie wie ein Magnet mehr Fahrgäste als erwartet an, statt der erwarteten 5 Millionen benutzten 6,4 Millionen Menschen diese Verbindung. Dies ergab eine Fahrgastzählung im Jahre 2018.

 

Die Mainzer Verkehrsgesellschaft pries ihr Mainzelbahnprojekt folgendermaßen an:

Für den Einzelhandel, die Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen verbessert die »Mainzelbahn« die Voraussetzungen zur Gewinnung neuer Kund*innen und Besucher*innen weil man ohne Parkplatzsuche vor Ort gelangt und sich Parkgebühren sparen kann. Auf dem Immobilienmarkt ist die gute Erreichbarkeit eines zuverlässigen Schienenverkehrsmittels ein gutes Argument bei der Festlegung von Verkaufspreis oder Miete.

Eine Stimme aus der Bürgerschaft:

Die Mainzelbahn, schnell, geräumig attraktiv. Foto Alexander Heimann/ Vollformat Fotografie Dziemballa Heimann UG,

Als die Mainzelbahn geplant und gebaut wurde, wohnte ich noch in Alzey, bin aber zwischen 2012 und 2018 fast täglich nach Mainz gependelt, da ich dort gearbeitet habe. Somit hatte ich den Bau natürlich mitbekommen und bin mit dem Zug auch immer an Bauabschnitten vorbeigefahren und sah auch wie auf einer Fläche Ausgleichsflächen mit Bäumen und Totholz entstanden. Ja, es ging tatsächlich schnell mit der Realisierung. Und ich weiß auch, dass sehr viele von der Bahn profitieren, wie auch wir aktuell. Denn seit 2018 wohnen wir in Mainz und seit diesem Jahr auch in dem Stadtteil Münchfeld, an dem auch die Mainzelbahn vorbeifährt, was super für uns ist.

 

Fazit:

Bevor ich ein Fazit ziehe sei die Frage erlaubt, wie es möglich ist, dass ein solches Projekt vom Beschluss bis zur Realisierung in Mainz sieben Jahre benötigt, in Bonn eher einer unendlichen Geschichte gleich kommt.
Zuerst ist hier die Weitsicht in Mainz zu bewundern, denn schon in den 1980er Jahren wurden im Flächennutzungsplan Territorien für diese Bahn freigehalten.
Als weiteres hat die Stadt Mainz durch eine vorbildliche Kommunikation im Vorfeld, während und nach dem Bau mit den Anliegenden die schnelle Erstellung der Mainzelbahn in kurzer Zeit ermöglicht.
Die Kommunikation mit der Bürgerschaft ist in jedem Projekt angeraten, denn es geht nur mit der Bürgerschaft, nicht gegen sie. Vielleicht macht die Stadt Bonn einmal einen Ausflug nach Mainz, um zu lernen wie Projekte mit der Bürgerschaft gehen. Immerhin scheint der Ausflug nach Utrecht ja e rfolgreich gewesen zu sein, um sich einmal eine vernünftige Verkehrswende anzuschauen. (Link)

Wir bleiben bis nächste Woche in Mainz, denn es gibt weitere positive Vorbilder in Mainz zu sehen.

Bild- und Datenquelle: Archiv Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH

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