LRBS – Riesen-Siedlungen im Regionalplanentwurf

5. November 2024 | Ausgabe 6 / 2024 Nachhaltigkeit, Dr. Susanne Gura, Gesellschaft, LRBS, Nachhaltigkeit | 0 Kommentare

Wo ein Wille ist, da wäre ein Weg

Kurz vor der zweiten Offenlage hat die Regionalratsmehrheit von CDU, SPD und FDP die Siedlungsbereiche in Hoholz und Gielgen, nicht aber Roleber, in den Entwurf zurückbeschlossen. Und von Königswinterer Ratsmitgliedern wurde die Vinxeler Riesensiedlung wohl bewusst zu spät wegempfohlen.


Susanne Gura


Der neue Entwurf des Regionalplans ermöglicht die weitere Versiegelung des Pleiser Ländchens mit etwa 40 Hektar Siedlungsbereichen, wenn er im kommenden Jahr so beschlossen wird. Weitere Änderungen samt dritter Offenlage will der Regionalrat vermeiden und den Plan noch vor der Kommunalwahl beschließen.
So können Kommunen sich freisprechen – formal trägt der Regionalrat die Verantwortung. In Bonn hatte die Koalition aus Grünen, SPD, Linken und Volt die Riesensiedlungen in Roleber, Hoholz und Gielgen fristgerecht wegempfohlen. Es dürfte ihnen dabei klar gewesen sein, dass im Regionalrat CDU, SPD und FDP informell als Mehrheit koalieren und anders abstimmen würden. Im Regionalrat sitzen auch die Bonner Ratsmitglieder Bert Moll (CDU), Rolf Beu (B90/Grüne) und Alois Saß (SPD). So hat die SPD im Stadtrat gegen die Riesen-Siedlungen gestimmt und im Regionalrat dafür. Gute Nachricht: Roleber wurde verschont. Da Kaltluftleitbahn, Natur und schützenswerte Böden auch Hoholz und Gielgen prägen, fehlt CDU, SPD und FDP dabei die nötige Konsequenz.

 

Schwache Begründung

Die Begründung der Mehrheit des Regionalrats war denkbar schwach [mit Anmerkungen unseres Vereins in Klammern]:
„Angesichts der Schwierigkeiten bei der Darstellung größerer Potenzialflächen im Regionalplanverfahren gewinnen die Arrondierungen des Regionalplanentwurfes in Hoholz wieder stärkere Beachtung. Wenn aus der vom Rat beschlossenen Stellungnahme die Darstellung von 39 ha entfallen , kann ein Teil davon durch die Flächen in Hoholz mit rd. 8 ha und rd. 4,5 ha kompensiert werden [Die 39 ha enthalten Gielgen und Hoholz – kompensieren würden sie daher nicht]. Von daher kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die eigene Stellungnahme der Bundesstadt Bonn einer Realisierung entgegensteht. Zumindest hat sich dies kommunalpolitisch nicht so verfestigt, um es einer langfristigen Flächenvorsorgeplanung im Regionalplan entgegenhalten zu können [Das Gegenteil wäre genauso richtig oder falsch].
Dass die Flächen grundsätzlich geeignet sind, zeigt bereits die Aufnahme in den Regionalplanentwurf. [Genauso gut zeigt die Herausnahmeempfehlung, dass sie NICHT geeignet sind.] Die Bundesstadt Bonn hat in ihrer Stellungnahme auch nicht speziell begründet, warum die Flächen entfallen sollen, [Falsch! Sie hat es sehr wohl ausreichend begründet. „Nicht speziell“ ist rhetorisch und kann auf alles angewendet werden.] Hintergrund, die geeigneten Flächen aus dem Planentwurf herauszunehmen, war weniger die Eignung als ASB [Allgemeiner Siedlungsbereich], sondern der seit Jahren geführte politische Streit über die Art und das Maß einer möglichen baulichen Nutzung der Areale. [In Gielgen und Hoholz stand noch nie die Art und das Maß einer möglichen baulichen Nutzung dieser Flächen zur Debatte. Und die Stellungnahme unseres Vereins belegt, dass die Flächen nach den Grundsätzen des Regionalplans NICHT als ASB geeignet sind.] Insofern ist [NICHT!] von einer üblichen Abwägungslage auszugehen, die im Sinne einer Beibehaltung der Entwurfsdarstellung durch Beschluss des Regionalrates getroffen werden kann.“
Ein Wille, die Änderung im Regionalrat noch abzuwehren, war nicht erkennbar, während die CDU/SPD/FDP-Mehrheit andere von ihr gewünschte Änderungen sehr wohl zurücknahm. In dieser Situation müssen die an den Ratskoalitionen beteiligten Parteien, damit sie glaubwürdig bleiben, für die Kommunalwahl den WählerInnen schriftlich zusichern, keinerlei Schritte in Richtung Bebauung zu unternehmen. In den Flächennutzungsplänen müssen sie unbedingt als landwirtschaftliche Flächen ausgewiesen sein. Das ist zwar ein schwacher Schutz vor Bebauungsplänen, aber der bestmögliche, wenn der Regionalplan die Riesen-Siedlungen zulässt. Außerdem müssen sie zusichern, nach der Festsetzung des neuen Regionalplans die dann wahrscheinlich nicht erfolgten Herausnahmen als Änderung zu beantragen.
Unvergessen bleibt, dass der Bonner Stadtrat und auch die Beueler Bezirksvertretung verpasst haben, bei der Regionalplanungsbehörde gegen die von Königswinter geplanten Siedlungsbereiche einzuschreiten, um den zu erwartenden stark steigenden PKW-Verkehr durch die Beueler Höhenorte zu verhindern. Die entsprechenden Bürgeranträge unseres Vereins waren abgelehnt worden. Nicht einmal zur Kenntnis nehmen wollten die Gremien die Verkehrsgutachterliche Einschätzung im Auftrag der Stadt Königswinter, die den erwartbaren PKW-Verkehr belegt und ausdrücklich empfiehlt, keine weiteren Pendler anzusiedeln.

BürgerInnen wollen Ergebnisse

Zweimal schon haben die Königswinterer Ratsgremien Möglichkeiten zur Herausnahme des ehemaligen Vinxeler Bebauungsplans 50/19 aus dem Regionalplan nicht genutzt. Es geht um einen zehn Hektar großen Acker, der dann kein Siedlungsbereich würde. Wer schuld ist, interessiert die BürgerInnen nicht, sie wollen Ergebnisse. Der Stadtrat kann nämlich jetzt noch den Änderungswunsch signalisieren und beim neuen Regionalplan das übliche Änderungsverfahren nutzen. Das muss in den Wahlprogrammen schriftlich zugesichert werden.
Wahlprogrammen schriftlich zugesichert werden. Der angekündigte Schritt, den 50/19 im Flächennutzungsplan nicht als Baufläche auszuweisen, ist ein schwacher Schutz. Und völlig ungelöst sind die Probleme, die die 16 Hektar Siedlungsbereiche im benachbarten Stieldorf auslösen würden: Erheblich mehr PKWs, mehr Hitze, mehr Versiegelung schutzwürdiger Böden, weniger Natur im Naturpark Siebengebirge.
Königswinters Siedlungspolitik in Stieldorf und Vinxel nimmt nur die allermindestens vorgeschriebene Rücksicht auf Umweltbelange. Ein Bereich im Westen von Vinxel musste herausgenommen werden, weil er gegen die FFH-Richtlinie verstoßen hätte. Zwischen Vinxel und Stieldorf wurde ein kleiner Bereich gestrichen, um Biotope ausreichend zu vernetzen. Eine entsprechend große Fläche wurde dem Vinxeler Bereich des ehemaligen Planungsgebiets 50/19 hinzugefügt. Im Regionalplan bleiben werden auch die Riesen-Siedlungsbereiche von 16 Hektar in Stieldorf, die die Zahl der Haushalte – und auch die Zahl der PKWs – verdoppeln könnte. Königswinter will sogar zwei Drittel seines gesamten Wohnbauflächenbedarfs in Stieldorf decken! Dabei ist der Bedarf nur deswegen so hoch, weil die vorhandenen Potenziale für Neubau und Bestandsnutzung systematisch unterschätzt werden. Dies hat eine gründliche Analyse des aktuellen Flächennutzungsplanentwurfes durch unseren Verein ergeben.

Bau-Turbo auf der Grünen Wiese droht

Der aktuelle Entwurf zur Novelle des Baugesetzbuchs geht leider in eine falsche Richtung, stellt ein breites Bündnis aus Umwelt-, Sozial- und Architektenverbänden fest. Besonders der sog. „Bau-Turbo“ Paragraf 246e könnte zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum absehbar nicht beitragen. Er hebele vielmehr andere Neuerungen für Umwelt und nachhaltige Stadtentwicklung der Novelle wieder aus, sei ein Türöffner für Bodenspekulation, und ein Angriff auf die demokratische Planungskultur und kommunale Selbstverwaltung.
Der Paragraf 246e, der am 11.Oktober 2024 im Bundestag debattiert wurde, war völlig ohne Verbändebeteiligung in den Gesetzesentwurf eingebracht worden. Über die Debatte wurde in der Presse wegen des Beitrags in Gebärdensprache berichtet, allerdings kaum über den Inhalt.
Das Bündnis fordert, statt unversiegelte Flächen zu bebauen, eine Streichung dieses “Bau-Turbo“ § 246e aus dem Entwurf, und als Ziel eine sorgfältig geplante Innenentwicklung und die optimale Nutzung und Aufwertung des Bestands.

Zur Erklärung des Bündnisses gegen den geplanten Bau-Turbo-Paragrafen
h t t p s : / / m i e t e r b u n d . d e / t h e m e n – u n d – p o s i t i o n e n / p o s i t i o n s p a p i e r e / f o r d e r u n g s p a p i e r – s t r e i c h u n g – d e s – geplanten-%C2%A7-246e-baugb/

Offenlage des Regionalplans 15.10. bis 15.11.2024

Die Bezirksregierung Köln ruft Bürger und Bürgerinnen, Verbände und Kommunen auf, zum zweiten Regionalplanentwurf Stellung zu nehmen. Nur die Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf dürfen kommentiert werden. Details und Anregungen siehe www.ennertaufstieg.de

Lesehinweis

Die Möglichkeiten zu mehr Bauen im Bestand zeigt systematisch eine Studie „Unterstützung von Suffizienzansätzen im Gebäudebereich“ des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, 2023). Sie beantwortet insbesondere die Frage nach wirksamen Politikinstrumenten, samt Beispielen aus der Praxis.

Kontakt

Lebenswerte Region Bonn-Siebengebirge e.V. www.siebengebirgsregion.de, www.ennertaufstieg.de sg@siebengebirgsregion.de

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