Aus der Praxis lernen
Umweltpädagogische Programme leben von praxisnaher Wissensvermittlung in naturnaher Umgebung. Im Bonner Raum gibt es hierzu ein vielfältiges Angebot. Wir möchten Ihnen einige wichtige Träger im Bereich Umweltbildung mit ihren besonderen Schwerpunkten vorstellen.
An Tiergehegen und einem großen Spielplatz an der Waldau gelegen, wenden sich die Kursangebote des „Haus der Natur“ der Stadt Bonn vorwiegend an Kinder und Jugendliche. Das 2019 neu eröffnete Haus beherbergt eine Dauerausstellung mit viel Lehrreichem zum Thema Großstadtwald. Sie ist als „Waldöffner“ eine ideale Ausgangsbasis zur Erkundung des benachbarten Bauerngartens, der Streuobstwiese und des Kottenforstes. Im Mittelpunkt des Kursprogramms steht das sinnliche Erleben des Ökosystems Wald.
Gemeinsam folgen Kinder der Grundschulklassen den Spuren der Jahreszeiten: den ersten Frühlingsboten, den Früchten des Sommers, den bunten Herbstblättern oder den Winterquartieren der Tiere. An etwas ältere Schülerinnen wenden sich die „Entdecker-Westen-Touren“. Ausgestattet mit Forschungsaufträgen geht es mit Becherlupe, Insektensauger und Bestimmungshilfen auf Safari. Zurück im Haus der Natur, lassen sich die Funde wie Blätter und Insekten im Waldlabor unter dem Mikroskop untersuchen oder in kleine Kunstwerke verwandeln. Künftig sollen die Naturerkundungen auch in die Stadtviertel der Besucherinnen verlängert werden.
Am Rande des Messdorfer Feldes
Das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei am Rande des Messdorfer Feldes ist ein Areal, das immer wieder kreative Ansätze hervorbringt. Anlässlich der EXPO 2000 wurde hier auf 4500 Quadratmetern die „Grüne Spielstadt“, eine Symbiose aus Kunst und Natur, angelegt. Aus Hecken wurden Häuser, es gab einen Permakulturgarten, Weinbau, eine Wildbienenbrutanlage und das begehbare „tönende“ Dransdorfer Ei. Ende 2006 ging das Projekt in die Obhut des Wissenschaftsladen(WILA) Bonn, der auch Träger des benachbarten Internationalen Gartens Bonn ist.
Im Wissenschaftsladen Bonn ist eine langjährige Expertise im Bereich bürgernaher Bildungsarbeit gebündelt. 1984 von Studierenden gegründet, verfolgt der WILA das Ziel, den Bereich der Forschung für das Engagement und die Kompetenzen von Bürgerinnen und Bürgern zu öffnen. Neben den Bürgerwissenschaften hat sich der Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung als wichtiger Arbeitsschwerpunkt herauskristallisiert. Hier werden Pädagoginnen und Pädagogen an Schulen und Kitas in Fortbildungen unterstützt und befähigt, Lerneinheiten zu Umweltbildung, Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit im Team zu entwickeln. Daneben werden Kinder und Jugendliche in Planspielen oder Projekttagen direkt an ökologische Themen herangeführt, zum Beispiel an das Thema Plastikmüll.
Die Seminare und Kurse finden im eigenen Bildungszentrum in Bonn in der Reuterstraße und in Berlin statt. Auch die „Grüne Spielstadt“ ist Schauplatz von Veranstaltungen. Sie kann zudem individuell angemietet werden.
Lobbyarbeit für „Wilde Ecken“
Ebenfalls auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei ist die Biologische Station Bonn/ Rhein-Erft heimisch. In NRW gibt es über 40 Biostationen, deren Aufgabe es ist, wildlebende Pflanzen und Tiere zu erfassen und Schutzgebiete zu pflegen. Sie nehmen dabei eine vermittelnde Rolle zwischen Naturnutzern und dem behördlichen wie dem ehrenamtlichen Naturschutz ein. Führungen, Exkursionen, Vorträge und Mitmachaktionen wie Baumschnittkurse tragen die Arbeit in die Bevölkerung.
Wichtig ist dem Team der Biostation Bonn die Schaffung von mehr Akzeptanz für wilde Ecken in Gärten und dem öffentlichen Raum. Besondere Projekte sind der interaktive Naturerlebnispfad am Ennert sowie die Beteiligung am LIFE+-Projekt zu den besonderen Lebensräumen des Kottenforstes gemeinsam mit dem Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft.
Noch in Planung befindet sich das Projekt Neue Stadtgärtnerei, das für brachliegende Teile der ehemaligen Stadtgärtnerei ein dreiteiliges Konzept entwickelt hat. Sozialökologisches Wohnen und innovative Landwirtschaft sollen mit Umweltbildung verknüpft werden. Dabei soll ein nachbarschaftlich orientiertes Modelldorf entstehen, von dem Impulse für eine zukunftsfähige und regenerative Lebensweise ausgehen. Bildung entsteht so aus der realen Umsetzung des Projektes und dem
Wissenstransfer mit angrenzenden mit angrenzenden Stadtteilen und Bildungseinrichtungen.
Das BUND Wiesen- und Weidenzentrum
Über 40 Hektar Wiesen- und Weideland bewirtschaftet der BUND Rhein-Sieg im Kreisgebiet. Hier entstehen in langjährigen Pflegemaßnahmen artenreiche Oasen mit blühenden Wiesen und ertragreichem Lebensraum für Insekten. Ein Geschenk an die Region, so betrachten es die Aktiven der Kreisgruppe, das die herkömmlich genutzten landwirtschaftlichen Strukturen auflockern und bereichern soll. Hiervon zu lernen, ist im Wiesen- und Weidenzentrums des BUND direkt am Pleisbach gelegen, auf vielfältige Art und Weise möglich. Angeboten werden botanische Bestimmungskurse, Heilkräuterführungen, aber auch das Erlernen der Heuernte mit der Sense.
In Fachpraktika erarbeiten Studierende der Biologie oder der Geografie das Handwerkszeug für die Erstellung naturschutzfachlicher Stellungnahmen – und üben danach praktisch den Umgang mit dem Balkenmäher in den Wiesen. Immer von innen nach außen mähen, ist das Motto, damit die Tiere ausweichen können, und nie die ganze Fläche auf einmal mähen, damit ein jahreszeitlich durchgängiges Blühangebot erhalten bleibt. Die Verbindung von Wissensvermittlung und Bewegung im Freien wird auch von Schulen für Projekttage geschätzt, ein leichter Muskelkater am Abend inbegriffen.
Das Bildungsangebot wird ergänzt durch Ausstellungsmodule rund um das Thema Wiesen und Weiden, die nicht nur im Zentrum gezeigt werden, sondern auch für externe Veranstaltungen ausgeliehen werden können.
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