Resi Lienz – ein Vorbild

16. Dezember 2021 | Gesellschaft, Dr. Manfred Fuhrich, Kommentar, Ökologie | 0 Kommentare

Zwischenruf

Manfred Fuhrich

Nicht alle kennen Resi Lienz. Doch alle, die sie persönlich kannten, sprechen mit großem Respekt von ihr. Sie war eine Frau, die sich nicht unterkriegen ließ. Manche sagten sogar, sie wäre eine Stehauffrau. Rückschläge und Schicksalsschläge machten sie nur noch robuster. Als ihr Vater, der Großbauer Lienz starb, schien der Hof am Ende. Aber Resi übernahm unerschrocken den Lienzer Hof mit all den für sie ungewohnten Herausforderungen.

Aus Krisen lernen

Als dann die Rinderseuche den gesamten Viehbestand vernichtete, stellte sie um auf Ackerbau, doch auch so konnte der Betrieb nicht rentabel weitergeführt werden. Also kein Zurück auf Los. Sie verschrieb sich stattdessen der nachhaltige Landwirtschaft; sie trat dem Biolandverband bei. Trotz höherer Erzeugerpreise konnte sie die Kosten nicht decken. Sie stand wieder vor dem Aus.

Da kam sie in der Not auf die nachhaltige Idee, auf Ferien auf dem Bauernhof umzustellen. Letztlich konnte der Fortbestand des Hofes – wenn auch mit vielen Einschränkungen und Kurskorrekturen – dauerhaft gesichert werden. Heute ist es ein Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Krisenmanagement. So bewies sich besonders in den Krisen des neuen Lienzer Hofs ihre Anpassungsfähigkeit, dank ihrer Innovationsfreude.

Was können wir von der Lienzer Resi lernen? Wie häufig stehen wir vor ungewohnten Herausforderungen. Einige kommen plötzlich, andere deuten sich langfristig an. Die einen reagieren mit Entsetzen, die anderen mit Tatendrang. Doch nicht immer sind die alten Rezepte und Gewohnheiten hilfreich. Mitunter blockieren gerade diese Routinen die erhoffte Problemlösung. Unsere Lebenswelt ist derart fremdbestimmt, dass wir hilflos erscheinen, wenn mal was nicht so läuft wie gewohnt. Vieles haben wir über die Generationen hinweg verlernt. Der technologische Fortschritt bringt Wohlstand, aber auch Abhängigkeit, für viele sogar Hilflosigkeit.

Resi wusste nicht, was Wissenschaftler*innen unter Resilienz verstehen. Im rein technischen Sinne beinhaltet das die Fähigkeit eines Körpers, trotz mechanischer Einwirkungen und folgender Verformung, den alten Zustand wieder herzustellen. Also: ein Gummiball fällt zu Boden, wird eingedrückt und anschließend nimmt er die alte Form ein. Werbewirksam wird das für Kopfkissen und Matratzen angepriesen, unter dem hübschen Begriff „Memoryfoam“. Das hätte Resi nicht geholfen, denn ein Zurück auf den alten Zustand gab es für sie nicht.

Wille, Mut und Phantasie

Starker Überlebenswille, Mut und Phantasie sind eine wesentliche Ressource dafür, ungewöhnliche Herausforderungen zu überstehen. Doch Phantasie allein wird eben nicht reichen. Sie muss gepaart sein mit Zuversicht und Bereitschaft, Ungewöhnliches zu tun. Wenn sich unsere Lebenssituation wandelt oder plötzlich ein Ereignis uns aus der Bahn wirft, dann müssen wir handeln, improvisieren, umdenken, lernen mit Mangel umzugehen. Auch Vorsorge ist ein wichtiger Beitrag.

Heinrich George hatte es mal so erklärt: „ Man sollte die Dinge so nehmen wie sie kommen. Man sollte aber auch dafür sorgen, dass sie so kommen, wie man sie nehmen möchte.“ Das klappt leider nicht immer. Umso wichtiger ist umsichtige Vorsorge.

Schon mal überlegt, was kann man tun, wenn zum Beispiel kein Strom zur Verfügung steht?

Ohne Strom: Krise als Chance

So können die Stromleitungen unterbrochen sein oder der Zählerkasten im Keller unter Wasser stehen. Doch wer denkt schon an Kerzen oder sogar ein Notstromaggregat. Manche verlassen sich auf die Taschenlampenfunktion des Mobiltelefons. Wenn die Stromlieferung unterbrochen ist, dann geht auch die Heizung nicht, das Telefon ist tot, es kommt kein Trinkwasser mehr, weil auch dies alles elektronisch gesteuert wird. Auch Einkaufen geht nicht mehr, da die elektronischen Kassen lahm gelegt sind.

Resi vom Lienzer Hof hat eine Lösung gefunden. Sie hat auf dem Stalldach eine große Solaranlage installiert. Sie ist autonom, weil sie ihren Strombedarf selber deckt. Dank eigener Lebensmittelproduktion ist sie Selbstversorgerin. Krisen berühren sie kaum und wenn, dann weiß sie sich zu helfen. Probleme waren für sie immer schon keine Gefahr und eher Herausforderung.

Was könnten wir nicht alles Resi fragen? Oder besser: wir stellen uns einfach vor, was Resi machen würde. Dann machen wir genau das.

 

Erschienen in der BUZ 6_21.

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