Klimakrise und kleinbäuerliche Agrarwirtschaft in Afrika

Ist Klimaanpassung mit gentechnisch veränderten Pflanzen eine Lösung für zukünftige Ernährungssicherheit?
Der Autor möchte Aufmerksamkeit über die Abhängigkeitsverhältnisse der Kleinbauernbetriebe Ostafrikas vom industriellen
Agrarweltmarkt und zur falschen Förderpolitik der Geberländer des globalen Nordens zu Klimaanpassung schaffen.


Dr. Andreas Spaeth


Kleinbauern in Afrika sind das Rückgrat der Ernährungssicherung und Beschäftigung in Afrika. Ihre Anbausysteme zeichnen sich durch vielfältige Mischkulturen in Etagen mit
unterschiedlich langen Wachstumszeiten zum Risikoausgleich gegen Ernteverluste aus. Die Auswirkungen der Klimakrise konnte ich im Frühjahr 2024 bei den Kleinbauern in zwei der
ärmsten Distrikte Tansanias rund um die neue Hauptstadt Dodoma beobachten und mit betroffenen Bauern sprechen. Die Temperaturen waren in den letztjährigen Anbauperioden bereits etwa
zwei Grad erhöht, die klassischen zweimaligen Regenzeiten begannen immer unregelmäßiger.
Starkregen und Trockenperioden nahmen zu und immer öfter musste deswegen ein zweites Mal ausgesät werden. Grundnahrungsmittel wie Mais und Bohnen und das Verkaufsprodukt „Sonnenblumen zur Speiseölherstellung“ hatten bereits Probleme, mit diesen veränderten Anbaubedingungen fertig zu werden.

Seit Jahren beobachten wir in Entwicklungsprogrammen für Kleinbauern folgende falschen Schwerpunkte:

Unter Eisregen: Bananen am Kilimandscharo, Tansania
© Rishiyaeli Mginana(Aufnahme: Jananuar 2024)

Die einseitige finanzielle Forschungsförderung von gentechnischen Veränderungen an wenigen „wichtigen“ tropischen Nutzpflanzen (Mais, Reis, Weizen, Soja, Kartoffeln sowie Kaffee und Kakao) zur Hitze- und Trockenresistenz. Besser wäre die Förderung von integrierten Anbausystemen wie Mischkulturen zur besseren Bodenbedeckung und Wasserspeicherung. Auch das Fördern von Agroforstsystemen ist wichtig, um Nährstoffe durch tiefwurzelnde Bäume aus dem Unterboden zu ziehen und Schatten für einjährige Pflanzen zu gewähren. Kleinbewässerung und Landreformen zugunsten von Kleinbauern sind ebenfalls geeignetere Maßnahmen. Züchterisch werden diejenigen Nutzpflanzen bevorzugt, die für die Agrarindustrie im Globalen Norden wirtschaftlich interessant sind. Damit werden Monokulturen von Industriepflanzen und Landkonzentration gefördert.

Die bisher gescheiterte massenhafte Einführung von neuen gentechnischen Nutzpflanzenzüchtungen in Afrika zeigt sich am Programm „New Rice for Africa“ (NERICA), das von der Gates Fondation und auch von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit unterstützt wird. Nach Anfangserfolgen gibt es dauerhafte Akzeptanzprobleme in Reis-Ländern Afrikas. Reis ist Grundnahrungsmittel in den Küstenländern Westafrikas sowie in Somalia, Kenia, Tansania, Mozambique und Madagaskar. Gute Erträge von NERICA sind nur mit Düngung und Pflanzenschutzmitteln möglich. Durch die COVID- und Ukraine-Krise zu Beginn der 20er Jahre gab es große Probleme in der Düngemittelversorgung und damit eine Gefährdung der Ernährungssicherheit, da der traditionelle westafrikanische Reis oryza glaberrima bereits verdrängt war und Bürgerkriege wie in Sierra Leone, Liberia und der Elfenbeinküste die Landwirtschaft beinahe zum Erliegen gebracht haben. Importe von billigem und subventioniertem Reis aus Vietnam und Thailand rechtfertigten wirtschaftlich den Anbau des neuen Reises oft nicht mehr.

Ökologische und soziale Auswirkungen werden in international finanzierten Klimaanpassungs-Programmen kaum berücksichtigt. Regierungen lassen sich zu einer Exportförderung von Industriepflanzen wie Soja (zum Beispiel der Export von Tansania und Sambia nach China) überreden, die mit Nahrungspflanzen um Ackerfläche konkurrieren bzw. den besten ackerbaulichen Boden in Monokulturen und
Traktoreneinsatz nutzen. Damit wird Landkonzentration in Händen von wenigen Grundbesitzern und Abhängigkeiten von Saatgut sowie Dünger und Pflanzenschutzmitteln – oft finanziert mit Krediten – geschaffen. Probleme, zum Beispiel weniger Biodiversität, eine verstärkte Landflucht von überwiegend jungen Menschen oder gerade in Westafrika einem Zwang zur Migration.

Negative Wirkungen von Ernährungstrends im globalen Norden sind Plantagen für Avocado-Exporte mit ihrem hohen Wasserbedarf, hohen Bodenfruchtbarkeits-Ansprüchen und teuren Anfangs-Investitionen. Sie verdrängten in Tansania Bananen als Grundnahrungsmittel. Bananen leiden besonders unter Klimawandelstress und sind wichtig für eine vielfältige Ernährung insbesondere auch als gesunde Kleinkindnahrung.

Vegetarisches Rezept für Kartoffelstampf mit Blattgemüse

– Irio na mchicha –

Vobereitungszeit: 30 min
Garzeit: 40 min
Zutaten (4 bis 6 Personen):

• 2 EL geklärte Butter (Ghee) oder Margarine
• 1 kg Kartoffeln (Ein Teil kann durch Süßkartoffeln ersetzt werden.)
• 1 Maiskolben (möglichst weisser Mais, auch mit Dosenmais ersetzbar)
• 0,5 kg Erbsen (TK oder frisch)
• 1 Zwiebel
• Dazu Blattgemüse wie unten
Zubereitung (30 Minuten Vorbereitungszeit, 40 Minuten Garzeit):
  1. Kartoffeln schälen und würfeln, Maiskörner vom Kolben lösen.
  2. Kartoffeln, Mais und Erbsen in einen Topf geben und mit Wasser aufgießen bis das Gemüse bedeckt ist.
  3. Bei starker Hitze ca. 30 Minuten gar kochen (immer mal rühren).
  4. Alles zu einem groben Brei zerdrücken, ggf. etwas Wasser zugeben und mit Salz abschmecken.
  5. Zwiebeln hacken und in der Butter anbraten.
  6. Zwiebeln mit dem Bratfett über den Brei geben und heiß servieren.

Dazu Blattgemüse aus jungen Blättern der Cowpea vigna unguiculata Amaranth oder African Black Nightshade (s. Punkt 6, Infokasten) – hier mit Mangold, sehr jungem Spinat oder Löwenzahn ersetzbar. Gehackte Blätter mit Zwiebeln und Knoblauch anbraten und wie Spinat mit Tomaten, eventuell Auberginen dünsten. Mit Salz und Pfeffer und je nach Lust etwas Kreuzkümmel würzen.
Guten Appetit!

 

Erklärungen für einige Begriffe

  1. Afrikanische Grundnahrungsmittel: Dies sind Mais, Hirsen (Finger- und Kolbenhirse), Reis, Weizen, Cassava, Kochbananen sowie einige weniger bekannte Gräser (Teff) und Wurzelkulturen (Taro, Yams).
  2. Agroforst: Felder mit tiefwurzelnden Baumstreifen gegen Winderosion, mehr Feuchtigkeit und zusätzlicher Bodenfruchtbarkeit sowie Bienen-, Ziegenweide mit Nutzbäumen.
  3. Mischkulturen und Etagenkulturen: In traditionellen afrikanischen Anbausystemen wachsen unten Bodenbedecker wie Süßkartoffeln, Kürbisse oder Leguminosen (Vigna, Lablab), in einer mittleren Etage Mais, Hirsen, Sonnenblumen und darüber mehrjährige Strauch-Leguminosen wie die Straucherbse Cajanus cajan
  4. Risikoausgleich durch mehrjährige Kulturen: Cassava , andere Wurzelkulturen und Straucherbse haben Wachstumszeiten über eine Saison hinaus und können verzögert geerntet werden. Damit bieten sie in Trockenjahren einen guten Risikoausgleich.
  5. New Rice for Africa (NERICA) und Golden Rice: NERICA siehe https://en.wikipedia.org/wiki/New_Rice_for_Africa Golden Rice ist eine züchterisch mit Betakarotin angereicherte Reis-Variante https://de.m.wikipedia.org/wiki/Goldener_Reis.
  6. Indigene Gemüse: Blattgemüsepflanzen wie African Nightshade (solanum spp.), Amaranthblätter sowie junge Blätter von cowpeas (Vigna unguiculata) – siehe https://bonndoc.ulb.uni-bonn.de/xmlui/handle/20.500.11811/7990 sind wichtige Gemüse für afrikanische Familien – „African indigenous vegetables (AIV) are essential for dietary diversification and ensuring nutritional requirements for people in sub-Sahara Africa. AIV have been largely marginalized by agriculture research, yet they are hardy and tolerant to varying environmental conditions.“
  7. Klimastress bei kleinbäuerlichen Verkaufskulturen: Bananen , Kaffee , Kakao zeichnen sich durch besonders hohe Klimastressfaktoren ab. Qualität und Ertrag nehmen durch Hitze stark ab. Die klassischen Anbaugebiete gehen dadurch zurück und die besonders wertvollen Tropenbergwälder sind durch eine Höherverlegung des Qualitätskaffeeanbaus besonders gefährdet. (ASP)

Über den Verfasser:

Dr. Andreas Spaeth (70) hat Geographie und internationale Agrarentwicklung an der Universität Gießen und HU Berlin studiert.
Nach seinem Diplom und seiner Dissertation bildete er sich am Cooperative College In Loughborough zum Mikrofinanzexperten weiter.
Fortan verbrachte er sein Berufsleben in der Entwicklungszusammenarbeit, zum großen Teil im asiatischen und afrikanischen Ausland. Allein neun Jahre davon lebte und arbeitete er mit seiner Familie in Kenia und zwei Jahre in Tansania.
Im Frühjahr dieses Jahres entsendete ihn der Senior Expert Service (SES, Bonn) zu einer Beratungsaufgabe für eine lokale NGO nach Tansania.

 

Brennelementefabrik Lingen: Putins Zugriff verhindern!


Herbert Hoting (AntiAtomBonn e. V.)


Erstmals wird im November ein Atom Deal zwischen dem russischen Nuklearkonzern Rosatom und der Brennelementefabrik der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in Lingen/ Niedersachsen öffentlich verhandelt. Das gab es zuvor noch nie.
Rosatom und ANF wollen gemeinsam spezielle Brennelemente herstellen, um damit AKW russischer Bauart in der Europäischen Union beliefern zu können, u.a. in Bulgarien, Ungarn, Finnland und der Slowakei. Damit würde der Kreml einen direkten Zugriff auf einen hochsensiblen Sektor der Energiewirtschaft erlangen; Spionage und Sabotage würden Tür und Tor geöffnet. Anstatt den Atomausstieg zu vollenden und die Brennelementefabrik zu schließen, würde damit die Produktion nochmals ausgeweitet und Niedersachsen zur atomaren Drehscheibe für die Versorgung der Atomkraftwerke im europäischen Ausland. Anstatt endlich die Sanktionen gegen Russland auch auf den Nuklearsektor auszudehnen, würde der Uranhandel mit der angestrebten Kooperation intensiviert und Putins Kriegskasse weiter gefüllt.
Fast 11.000 Einwendungen gegen den Atom-Deal liegen Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) als Genehmigungsbehörde vor und sollen vom 19. – 22.11.2024 in Lingen verhandelt werden. Alle, die eine Einwendung eingereicht oder die Sammeleinwendung unterschrieben haben, erhalten Einlass (s. Demoaufruf in der BUZ ?/24)
Eine Demonstration vor Ort am 26. Oktober wird im Vorfeld deutlich machen, dass ein breites Bündnis aus Anti-Atom-Bewegung und Umweltorganisationen sich diesem Vorhaben entgegenstellt. Auch während des Erörterungstermin sind zahlreiche Aktionen in Lingen in Planung.
Über den aktuellen Stand der Vorbereitungen informieren u. a. www.ausgestrahlt.de, www.antiatombonn.de und www.atomstadt-lingen.de

 

3. Forum Endlagersuche am 22. / 23.11.2024 in Würzburg


Susanna Allmis-Hiergeist


Im August dieses Jahres schaffte es das Thema Endlagersuche für den Atommüll wieder einmal in die Schlagzeilen. Der aktuell anvisierte Zeitrahmen für einen Standortvorschlag zwischen 2046 und 2068 solle immer noch zu knapp bemessen sein. Das mit einer Prozessanalyse beauftragte Ökoinstitut hatte herausgefunden, dass bei optimalem Verlauf frühestens eine Entscheidung in 2074 möglich sei. Was war geschehen? Die Wissenschaftler hatten naheliegenderweise die nach der technischen Festlegung notwendigen Prüf-, Verwaltungs- und Gesetzgebungsschritte hinzugefügt. Braucht man dazu eine teure Studie?
Dafür wird es beim 3. Forum Endlagersuche am 22./23. November in Würzburg richtig spannend. Bisher weist etwa die Hälfte der bundesdeutschen Fläche Gebiete auf, die möglicherweise Voraussetzungen für ein Endlager bieten. Ziel der laufenden Arbeiten der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ist es, die vielen sogenannten Teilgebiete bis 2027 auf wenige besonders geeignete Regionen zu reduzieren. Dazu wurden vier verschiedene Kategorien A, B, C und D definiert und die Teilgebiete entsprechend einsortiert. Nun sollen Anfang November erstmals Arbeitsstände der BGE zu den bisher identifizierten weniger geeigneten bzw. ungeeigneten C- und D-Gebieten veröffentlicht werden. Auf dem 3.Forum Endlagersuche werden die Arbeitsstände von der BGE erläutert und zur Diskussion gestellt. Weitere Arbeitsgruppen beleuchten zum Beispiel, wie der Zeitplan gestrafft werden kann (Ziel: Standortentscheidung bis Mitte des Jahrhunderts) oder wie eine deutlich verlängerte Zwischenlagerung an den AKW-Standorten sinnvoll gestaltet werden kann.
Falls Sie online oder vor Ort mitdiskutieren wollen, melden Sie sich an unter: https.://forum-endlagersuche.de

Es folgt eine Anzeige unserer Unterstützer*innen/in eigener Sache.
Werbung in der Bonner Umweltzeitung?
Unsere Mediadaten

 

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