Diesmal möchte ich mit Euch die Vergangenheit und Zukunft der Bonner Verkehrsgeschichte bereisen. Wir schauen nach der Beschleunigung von Bahn und Bus mittels Vorrangschaltung. Finden eine wenig publizierte „Grüne Welle“ für Feuerwehr und Rettungsdienst. Erinnern an die „Grüne Welle“ in der Adenauerallee und betrachten die „Ampel 4.0“. Auch das Leihfahrrad kommt in diesem Beitrag zu Wort, mit allen Bequemlichkeiten und Problemen.
Vorrangschaltung
Zwei für das Vorwärtskommen von Bahn und Bus im Stadtverkehr wichtige Faktoren sind eine separate Trasse und die sogenannte Vorrangschaltung.
Damit Bahn und Bus ohne anzuhalten eine Ampelkreuzung passieren können, müssen sie sich dort frühzeitig „anmelden“. Dieses geschieht über ein Funksignal. Nach der Anmeldung muss die gerade laufende Grünphase des Querverkehrs abgebrochen und die Kreuzung frei geräumt werden. Nach Passieren der Kreuzung melden sich Bahn und Bus wieder ab. Danach wird entweder die unterbrochene Grünzeit wieder freigegeben oder – wenn das Zeitfenster hierfür bereits abgelaufen ist – die nachfolgende Richtung auf Grün geschaltet. Durch querende Bahnen oder Busse können also die Grünphasen der übrigen Verkehrsteilnehmer*innen im Programmablauf verschoben, kurz unterbrochen oder verkürzt werden. Der eindeutige Vorteil dieser Schaltung ist ein zügigeres Vorwärtskommen von Bahn und Bus, sie sind pünktlicher und haben kürzere Fahr‑ zeiten. Durch das zügige Fahren ohne Halten und Anfahren sparen die Verkehrsbetriebe mehrere hunderttausend Euro Betriebskosten, je nach Größe der Stadt. Dadurch kann mit gleichem Personal und Fahrzeugeinsatz ein dichterer Takt bedient werden, ohne dass es teurer wird. Es gibt leider auch Nachteile. Wenn so wie geplant der Takt der Linie 66 in Bonn auf fünf Minuten gesetzt wird, und zusätzlich noch die rechtsrheinische Stadtbahn nach Köln realisiert wird, ist zum Beispiel die Kreuzung Sankt‑ Augustiner Straße/ Königswinterer Straße nicht mehr im Querverkehr zu befahren. Als Lösung käme eine Untertunnelung, welchen Verkehrs auch immer in Frage. Hier ist Kreativität von Seiten der Stadtplaner*innen gefragt. Es gibt auch Kreuzungen, da kommen Bahn und Bus gleichzeitig aus allen Richtungen. Hier sind unter anderen der Konrad- Adenauer-Platz und der Bertha-von-Suttner-Platz zu nennen, wie auch der Bereich vor dem Stadthaus. Hier könnten diese Verkehrsknoten entzerrt werden, indem die eintreffenden Fahrzeuge im voraus berechnet und optimierte Haltezeiten an den letzten Haltestellen „angeordnet“ werden. Also ist hier ebenfalls Kreativität angebracht.
Das alles kostet viel Geld, das können die meist hoch verschuldeten Gemeinden nicht stemmen, der Bund ist gefragt, wenn er wirklich eine Verkehrswende möchte.
Die grüne Welle
Diese Welle hat nichts mit dem Auftauchen der „Grünen Partei“ in Bonn zu tun! An die erste „Grüne Welle“ in Bonn kann ich mich noch gut zu Anfang meiner Führerscheinzeit erinnern. Das waren im Verlauf der Adenauerallee angebrachte kleine Ampeln an den Verkehrsampelmasten, die drei Geschwindigkeiten anzeigen konnten. Eine dieser Geschwindigkeiten wurde beleuchtet, und die Autofahrenden wussten, wenn ich diese Geschwindigkeit halte, komme ich bei der nächsten Ampel ohne zu bremsen durch. Es sollte schon damals der Verkehrsfluss beschleunigt werden. Soweit die Theorie. In der Praxis wurde nicht mit denen gerechnet, die den Empfehlungen nicht folgten, schneller fuhren, und dann mit anderen Verkehrsteilnehmer*innen an der Ampel erst wieder anfahren mussten. Auch hatte das noch nichts mit Digitalisierung zu tun, denn diese Technik war damals bestenfalls noch in den Kinderschuhen. Heute erkennen wir vor den meisten Ampeln eine in den Straßenbelag eingebaute Kontaktschleife, welche den herannahenden Verkehr erkennt und im Idealfall die Ampel auf grün schaltet. Ist jedoch der Querverkehr früher auf seiner Kontaktschleife, schaltet die Ampel vor dem herannahenden Fahrzeug auf Rot, das Fahrzeug muss anhalten. So kann es passieren, dass auf einer längeren Strecke, z.B. der B9 an fast jeder Ampel gestoppt werden muss, was der Energiebilanz nicht gerade gut tut. Heute wird an der „Ampel 4.0“ gearbeitet. Ich bin mal in einem Auto mitgefahren, welches dem Fahrer die aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzung anzeigt. Das geschieht mit einer Kamera im Frontbereich des Fahrzeuges. Kommt zum Beispiel ein Tempo-50-Schild, sieht der Autofahrende dieses im Display, und er hat die aktuelle Begrenzung immer vor Augen. Der Vorteil ist eindeutig; bei Unachtsamkeit kann sich auf dem Display nach dem aktuellen Tempo erkundigt werden. Autonome Fahrzeuge wiederum passen die Geschwindigkeit selbstständig an. Warum soll es dann nicht auch eine Kommunikation zwischen Lichtsignalanlagen und Verkehrsteilnehmern geben? Die Ampel 4.0 sagt dem heranfahrenden Fahrzeug: Achtung, ich bin nur noch einige Sekunden grün, bei deiner gleichbleibenden Geschwindigkeit schaffst du es nicht mehr. Also bitte bremse schon mal ab. Alternativ kann die Ampel mitteilen: du schaffst es noch, roll einfach weiter. Eine Ampel sagt der Folgenden: Bei mir sind gerade viele Fahrzeuge durchgefahren, bitte verlängere deine Grünphase. Wenn nicht alle diese Fahrzeuge abbremsen und später wieder beschleunigen müssen, sorgt das für einen optimierten Verkehrsfluss; dieser dient dem Emissionsschutz. Spannend ist, ob die Ampel 4.0 auch an die Fußgänger*innen und Radfahrenden denkt. In einigen Städten zeigen Zusatzampeln schon heute den Fußgänger*innen an, wie lange sie noch vor der roten Ampel warten müssen.
In der Zeitung las ich über die „Grüne Welle für Feuerwehr und Rettungsdienst“. Die Stadt Bonn teilt dazu mit: Wenn es um die Rettung von Menschenleben und die Bekämpfung von Bränden geht, zählen oft Sekunden. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Einsatzkräfte durch den dichten Verkehr zur Rush-Hour Richtung Einsatzstelle arbeiten müssen. Deutlich beschleunigt werden können die Fahrten, wenn die Einsatzfahrzeuge auf dem Weg zum Ziel eine grüne Welle erhalten und die Kreuzungen vor deren Eintreffen bereits vom Verkehr geräumt sind. In einem Pilotversuch wird auf der Strecke von der Feuerwache 1 am Lievelingsweg über den Heinrich-Böll-Ring und den Berliner Platz bis zum Bertha-von-Suttner-Platz die Löscheinheit der Berufsfeuerwehr durch grüne Ampeln beschleunigt. Das Neue daran ist, dass sich das vorausfahrende Einsatzfahrzeug während der Einsatzfahrt per GPS-Sender über den Verkehrsleitrechner der Stadt selbst das für den Löschzug „günstigste Grün“ holen kann. Feuerwehrfahrzeuge haben zwar im Einsatz generell Vorfahrt, müssen an roten Ampeln dennoch mit angepasster Geschwindigkeit in die jeweilige Kreuzung einfahren. Durch die Grünschaltung können sie ihre Fahrt nun mit annähernd gleichem Tempo fortsetzen. Um Verständnis bittet die Stadtverwaltung bereits jetzt Verkehrsteilnehmer, die durch die Ampelbeeinflussung unter Umständen ein paar Momente länger vor einer roten Ampel stehen. Diese tragen mit dazu bei, dass die Feuerwehrkräfte schneller und sicher sowie auch in vielen Fällen durch geringen Einsatz des Martinshornes leiser an ihre Einsatzstellen gelangen.
Quelle: Pressemitteilung Stadt Bonn
Das Leihfahrrad
Vor einigen Jahren tauchten im Rahmen der Verkehrswende die ersten Leihfahrräder an bestimmten Stellplätzen in Bonn auf. Der Slogan auf der Webseite des Betreibers Nextbike lautet: Von der Arbeit zum Bahnhof radeln, die letzte Bahn verpasst oder einfach mal das Auto stehen lassen – mit uns kommst du flexibel von A nach B und überwindest auch den letzten Kilometer von der Haltestelle zum Ziel. Nach einer Registrierung beim Betreiber kannst Du per App den Standort des nächsten Rades ermitteln, so wurde es in einer Veranstaltung dargestellt. Dann scannst Du den QR Code mit deinem Smartphone ein und das Schloss des Rades öffnet sich und du kannst losfahren. Besitzt du kein Smartphone ,gibt es kein Fahrrad! Es sollten Abstellplätze für die Räder installiert werden, an denen die Räder zu finden sein sollten. Das hat wohl nicht so ganz geklappt. Am Anfang sind die Benutzer*innen auch noch sehr sorgsam mit den Rädern umgegangen. Sie wurden diszipliniert abgestellt und die Zerstörungen hielten sich laut Betreiber in Grenzen. Doch im Laufe der Zeit hat sich ein gewisser Schlendrian eingeschlichen, die Räder stehen und liegen inzwischen an vielen Stellen in Bonn über längere Zeiträume herum. Dort stellen sie häufig für Fußgänger*innen ein Hindernis dar. Es stellt sich mir die Frage, warum es nicht möglich ist, die letzten Nutzerinnen zur Rechenschaft zu ziehen, denn dank der App ist dieser ja zu ermitteln. Wobei es hier sicher zu Kollisionen mit dem Datenschutz kommen könnte.
Das Fazit
Mittels Digitalisierung kann der Verkehrsfluss im öffentlichen Nahverkehr beschleunigt werden. Bahn und Bus werden pünktlicher. Auch die Anzeigetafeln zu den Abfahrtszeiten können zuverlässiger gesteuert werden. Der Nachteil ist eine permanente Überwachungsmöglichkeit der Fahrzeuge, zum Beispiel über das Fahrverhalten der Fahrer*innen. Das Einhalten der Pausen – und auch der Dienstzeiten ist eine weitere Möglichkeit der Kontrolle auf digitalem Wege. Die Ampel 4.0 schaut schon einmal nett im Cockpit der Autos rein und kann schon viel über das Fahrverhalten einer Fahrer*in aussagen. Es könnte theoretisch von Versicherungen und Verkehrsüberwachungsbehörden mit beobachtet werden. Als ich bei meinem Kumpel das mit der Anzeige der Geschwindigkeitsbegrenzung im Cockpit seines Fahrzeuges sah, dachte ich sofort darüber nach, dass in Zukunft kein Radargerät mehr notwendig ist. Die Bußgeldstelle braucht nur ins Cockpit zu schauen.
Das Autofahrende aufs Rad umsteigen sollen, ist ein löblicher Vorsatz. Wenn es leicht möglich ist, das Rad über eine App auszuleihen, ist es doch genauso möglich, den letzten Benutzer zu ermitteln, wenn er das Rad grob gesagt mitten auf einer Kreuzung abstellt, oder im Blumenbeet einer städtischen Anlage.
Der gravierendste Nachteil ist eindeutig die Möglichkeit zur Erstellung eines Bewegungsprofils der jeweiligen Verkehrsteilnehmer. Hier ist der Datenschutz gefragt.
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