Das Netzwerk „Performing for Future“

28. November 2022 | Nachhaltigkeit, Ausgabe 6/2022 Fridays for Future-Bewegung, Susanna Allmis-Hiergeist | 0 Kommentare

Die Kraft der Imagination nutzen


Susanna Almis-Hiergeist


Ein junger Apfelbaum symbolisiert den Staffelstab beim bundesweiten „Staffellauf für Nachhaltigkeit in den Darstellenden Künsten“, ein grünendes Cello dient als Logo des „Orchesters im Wandel“. Die Kunst auf und hinter der Bühne leistet vielfältige Beiträge zum Klimaschutz. Auch hier in Bonn.

Im Herbst 2021 wurde das Netzwerk „Performing for Future“ gegründet. Darin möchten Bühnenschaffende die Potentiale der Nachhaltigkeit in den darstellenden Künsten gemeinsam mit weiteren gesellschaftlichen Akteuren in den Fokus stellen und zur Umsetzung bringen. Aus unserer Region sind das Theater Bonn, das Theater im Ballsaal sowie Mitglieder des Beethoven Orchester beteiligt.

Das Netzwerk organisiert deutschlandweite Aktionen und hat ein „Manifest für eine ökologisch- soziale Transformation in den Darstellenden Künsten“ formuliert. Danach fungiere Kunst schon immer als treibende Kraft für gesellschaftliche Veränderung. Sie habe die Fähigkeit und Stärke der Imagination, der Sprache, und des spielerischen Erlebbarmachens von Ideen. Dabei sei die ökologische Nachhaltigkeit nur ein Teilbereich, der immer im Kontext der ökonomischen, sozialen und kulturellen Transformation gedacht werden müsse.

Das Manifest

Das von den Künstler*innen publizierte sogenannte „ManifÖST“ beschäftigt sich mit ganz praktischen strukturellen Fragen wie der Neuausrichtung von Förderinstrumenten. Die darstellenden Künste müssten über das Fördersystem verbindlich dazu angehalten werden, nachhaltig und im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu produzieren. Künstlerischer Etat und Mittel für betriebsökologische Maßnahmen seien separat zu halten. Letztere müssten vom Kulturetat entkoppelt aus Mitteln der Umwelt-, Finanz- und Wirtschaftsministerien finanziert werden. Sie versprächen größtenteils eine mittel- bis langfristige Rentabilität. Bühnenbilder, Kostüme, Requisiten und Technik erforderten einen erheblichen Materialaufwand. Hier kommt die Idee eines Materiallagers ins Spiel, aus dem sich regionale Netzwerke verschiedenster Kulturinstitutionen, in Sonderfällen auch die breitere Öffentlichkeit bedienen könnten. Dies setze voraus, dass aus langlebigen Materialien gefertigt werde. Nicht trivial sei auch das Management der Logistik: Bereitstellung von Lagerraum auf kommunaler Ebene, Katalogisierung des Inventars, Transportmöglichkeiten, Personal, um das alles zu organisieren.

Über diesen eher betrieblichen Themen erheben die Autor*innen des Manifests jedoch den Anspruch, durch das Theater Umdenkprozesse zu fördern, Experimentier- und Handlungsräume anzubieten. Die kommunikative Einbahnstraße solle sich interaktiven Formaten öffnen, Wissen solle breit eingebracht werden (Ko-Produktion) und sinnliche Erkenntnis gemeinsam geteilt werden (Ko-Kreation).

Staffellauf fürs Klima

Um die Aktionslinien des Manifests deutschlandweit bekannt zu machen, startete das Netzwerk Anfang Mai dieses Jahres mit Beteiligung von 47 Theatern, Theaterfestivals und freien Ensembles einen Staffellauf fürs Klima. Von Nord nach Süd führte er mit Fahrrad und ÖPNV über zwei Routen zu 30 Stationen im Bundesgebiet. Im Gepäck war ein Apfelbaumsetzling, der von Haltepunkt zu Haltepunkt weitergereicht wurde. Vor Ort haben die jeweiligen Gastgeber ein vielfältiges künstlerisches Programm zum Thema Nachhaltigkeit gestaltet und so auch die Öffentlichkeit auf ihre Initiativen aufmerksam gemacht.

Nach Bonn „überführte“ eine Radlergruppe aus Düsseldorf das Bäumchen und überreichte es am 11. Mai am Alten Rathaus dem Intendanten Dr. Bernhard Helmich. Im Anschluss lud das Theater zu Führungen durch seine Beueler Werkstätten ein. Das Theater im Ballsaal hatte eine Müllsammelaktion in Bonn-Endenich organisiert, und als Ausklang gab es ein von Musiker*innen des Beethovenorchesters umrahmtes veganes Picknick an der Oper. Zielort des Parcours war das Klimafestival „endlich!“ am Staatstheater Augsburg, gemeinsam veranstaltet von Save the World, Performing for Future und dem Deutschen Bühnenverein. Dort wurde das Bäumchen feierlich in die Erde gepflanzt.

Konzerte im Wandel

Ein weiterer bundesweiter Zusammenschluss von derzeit 32 Orchesterinitiativen ist das „Orchester im Wandel e.V.“. Gemeinsames Ziel ist es, durch außergewöhnliche Konzertformate auf Projekte zum Klima- und Naturschutz aufmerksam zu machen. Mit Benefizkonzerten fördert die Initiative ein Projekt auf Madagaskar, damit dort Klanghölzer für den Instrumentenbau aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen werden können. Im Bündnis engagierte Musiker*innen des Beethovenorchesters haben in diesem Jahr gemeinsam mit dem Haus der Natur erneut ein musikalisches Ereignis im Kottenforst organisiert. Auf den Streuobstwiesen hinter der Waldau fand ein konzertantes Familien-Picknick statt, das mit Lesungen und „wiesenmusikalischer“ Besetzung auch dem jüngeren Publikum Kunst und Natur nahebrachte.

Seit Februar 2021 fungiert das Beethoven Orchester als Klimabotschafter der Vereinten Nationen. In dieser Rolle unterstützt das Orchester die Auseinandersetzung mit der Natur in Kooperation mit der UN, Bonner Museen und Schulen sowie dem Haus der Natur. Und: Last but not least das Beethovenfest Bonn. Es wird sich 2023 unter dem Leitgedanken „Über_ Leben“ verstärkt Nachhaltigkeitsthemen widmen. Spannend. Wir werden darüber berichten.

 

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