Die Leiterin der Lebensmittelkontrolle im Interview

25. Mai 2020 | Nachhaltigkeit, Ausgabe 2 / 2020 Lebensmittel, Interview | 0 Kommentare

Wie läuft eine Lebensmittelüberwachung ab?

Beim Einkaufen im Supermarkt und Essen im Restaurant erwarten wir ein sicheres Produkt. Es sollte frei von Fremdkörpern, sauber und ordentlich angerichtet sein. Verantwortungsvolle Betriebe machen dies tagtäglich. Um die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, gibt es die Lebensmittelkontrolleure, die vom Amt für Umwelt, Verbraucherschutz und lokalen Agenda der Stadt Bonn kommen und die ansässigen Betriebe auf ihre ordnungsmäßige Arbeit prüfen. Frau Uda Erbe leitet die Abteilung Lebensmittelüberwachung und gibt uns einen Einblick in diese Aufgabe.

Frau Dr. Uda Erbe

Welche Betriebsarten fallen unter Ihrer Zuständigkeit?

In die Zuständigkeit der amtlichen Lebensmittelüberwachung fallen alle Unternehmen, die eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführen. Beispiele sind etwa Fleisch verarbeitende Betriebe, Bäckereien, Konditoreien, außerdem Speisegaststätten, Imbisse, Cafés, Hotels, Großküchen und Cateringunternehmen. Auch Supermärkte, Drogerien und Marktstände gehören dazu. Außerdem ist die Lebensmittelüberwachung dafür zuständig, Futtermittel, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände zu kontrollieren.

Welchen Einzugsbereich decken Sie ab?

Die Lebensmittelüberwachung der Stadt Bonn ist als Kreisordnungsbehörde für alle Lebensmittelunternehmen zuständig, die auf Bonner Stadtgebiet tätig sind. Dazu zählen auch Imbissbuden und ähnliche Betriebe mit wechselndem Standort, wie sie auf Märkten und Veranstaltungen zu finden sind.

Für welche Betriebe sind Sie verantwortlich und wie viele sind es?

Die Lebensmittelüberwachung ist für die Überprüfung sämtlicher Betriebe verantwortlich, für die das Lebensmittelrecht anzuwenden ist und die oben aufgeführt wurden. Zu Beginn des Jahres 2020 gab es in Bonn rund 4200 Betriebe, die überwacht werden müssen. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme, da sich besonders die Zahl der Gastronomiebetriebe regelmäßig ändert.

Wie sehen Ihre Kontrollen aus?

Die Kontrollen übernimmt ein Team aus Lebensmittelkontrolleur*innen und Veterinär*innen. Planmäßige Kontrollen werden grundsätzlich unangekündigt durchgeführt. Wir kontrollieren die Betriebsräume, den Umgang der Mitarbeiter*innen mit den Lebensmitteln, das Eigenkontrollsystem des Betriebes und dokumentieren die Betriebsabläufe ausführlich. Zur nötigen Ausrüstung gehören unter anderem ein geeichtes Thermometer zur Messung von Temperaturen, eine Taschenlampe zur sorgfältigen Prüfung von schlecht einsehbaren oder schwer zugänglichen Bereichen, eine Kamera zur fotografischen Dokumentation von Mängeln sowie ausreichendes Equipment zur Entnahme von Proben. Darüber hinausgehende Messanalytiken werden in der Regel in den Untersuchungseinrichtungen angewandt, die wir mit der Begutachtung der amtlich entnommenen Proben beauftragen.

Wie viel Zeit für eine planmäßige Kontrolle nötig ist, ist nicht pauschal zu beantworten. Der Zeitaufwand richtet sich sehr stark nach Art und Größe eines Lebensmittelunternehmens sowie nach dem Umfang der festgestellten Mängel. Wir nehmen uns deshalb die Zeit, die erforderlich ist, um die Betriebsbereiche und -abläufe objektiv und umfassend nach den lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu überprüfen.

Zusätzlich zu den beschriebenen routinemäßigen Kontrollen gibt es auch außer-planmäßige Kontrollen. Dazu zählen Nachkontrollen, Verdachtskontrollen, Kontrollen aufgrund von Verbraucherbeschwerden und die Überprüfung von Rückrufen. Außerdem führen wir Beratungsgespräche und Baubesprechungen durch. Als weiteres starkes Kontrollinstrument der Lebensmittelüberwachung entnehmen wir risikoorientiert in den Unternehmen amtlichen Proben und untersuchen sie.

Wie stimmen Sie sich mit anderen Behörden ab?

Grundsätzlich entscheidet die Lebensmittelüberwachungsbehörde in ihrem Zuständigkeitsbereich nach eigenem Ermessen darüber, welche Maßnahmen getroffen werden. Für diese gibt es einen Rahmen, den die zuständigen Landes- und Bundesbehörden vorgeben, um eine möglichst einheitliche Vorgehensweise der Lebensmittelüberwachungsbehörden zu gewährleisten. Eine regelmäßige Abstimmung mit anderen Behörden findet daher in aller Regel bei Sitzungen von Arbeitsgruppen, bei Konferenzen auf Landes- und/oder Bundesebene sowie bei Fortbildungsveranstaltungen statt.

Wie viele Mitarbeiter*innen haben Sie und wie verteilen sie sich auf die Aufgabenbereiche?

Die Aufgaben der Lebensmittelüberwachung werden von elf Lebensmittelkontrolleurinnen und –kontrolleuren, drei Tierärztinnen und vier Verwaltungskräften wahrgenommen. Weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind regelmäßig mit den Aufgaben im Bereich Veterinärdienste, das heißt Tierschutz, Tierseuchen, Tierarzneimittel und Tierversuche betraut.

Wie häufig finden routinemäßige Kontrollen von Lebensmittelbetrieben statt? Melden Sie die Kontrollen an oder erfolgen sie auch unangemeldet?

Die planmäßigen Kontrollen werden grundsätzlich nach einem einheitlich vorgegebenen Schema durchgeführt, der sogenannten. Risikobeurteilung. Hierbei werden neben der Betriebsart auch das Produktrisiko, die Verlässlichkeit des Unternehmers, das Hygienemanagement sowie das Eigenkontrollsystem zur Einstufung eines Lebensmittelunternehmens berücksichtigt. Die regelmäßigen Kontrollfrequenzen liegen je nach Einstufung des Lebensmittelunternehmens zwischen einer Woche und drei Jahren. Die Kontrollen findet unangekündigt statt, um die Lebensmittelunternehmen unter realen Bedingungen überprüfen zu können und Manipulationen auszuschließen.

Wie viele Kontrollen führen Sie durch Beschwerden von Verbraucher*innen durch? Hat Ihrer Erfahrung nach die Sensibilität der Verbraucher*innen zugenommen?

In den Jahren 2015 bis 2019 gingen durchschnittlich pro Jahr 120 bis 170 Verbraucherbeschwerden bei uns ein. Entsprechend häufig wurden Kontrollen aufgrund von Beschwerden durchgeführt. Durch die mediale Berichterstattung hat das Interesse und die Sensibilität der Ver-braucherinnen und Verbraucher über die vergangenen Jahre deutlich zugenommen. Es erreichen uns nicht nur Beschwerden zu einzelnen Betrieben oder Lebensmittel, sondern auch Fragen zum Umgang mit Lebensmitteln. Auch die wiederholten Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre haben zu einer kritischeren Einstellung des Verbrauchers in Bezug auf Lebensmittel geführt.

Erschienen in der Ausgabe März/April 2020

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