Wahrheit im Westen

1. Juli 2018 | Gesellschaft | 0 Kommentare

Kommentar zur einzig wahren Gesellschaftsform

„Wenn ich es anfassen kann, ist es echt!“, hat mein Opa gesagt. Beim nächsten Windhauch wusste er schon nicht weiter. Und Emotionen, Glauben, Meinungen, Einstellungen oder Wissenschaft und Medizin? Was ist wahr?

Ein Blick in die Zukunft. Sie gucken Schlangen tief in die Augen, würfeln mit einer Hand voll kleiner Knochen oder tanzen im Coca-Rausch barfuß ums Feuer. Sie glauben bei Blitz, Donner, Dunkelheit oder dem Wald, dem Moor oder dem Wasser an Naturgeister. Unwissende Spinner, sagen die Einen. Ungläubige Blasphemier, sagen Andere.
Aber ganz wissenschaftlich gesprochen: es gibt Teilchen, die sind so klein, dass wir sie nicht sehen können und die sogar durch uns durchströmen; Milliarde pro Sekunde? Und eins und eins soll bei Lichtgeschwindigkeit nicht mehr zwei sein? Völlig wirkungslose Medizin einnehmen und trotzdem nachweislich gesundwerden? Mal ehrlich, das glauben Sie einfach so?

Was wir glauben

Wir glauben an das, was uns beigebracht wird, was wir sehen und hören. In unserer westlichen Gesellschaft haben wir klare Vorstellungen darüber, wie die Welt funktioniert. Wir sind gebildet und aufgeklärt. Bei Blitz und Donner denken wir nicht, dass Thor einen Streit mit seinem Vater hat, sondern wir wissen, dass es ein Zusammenspiel aus Hoch- und Tiefdruckgebieten in der Atmosphäre ist. Wenn es länger trocken ist, zelebrieren wir keinen Regentanz, sondern pumpen Wasser aus einem Brunnen zu einem Sprenger, der das Feld bewässert. Andere Kulturen hingegen glauben an Thor und tanzen einen Regentanz.

Wussten Sie zum Beispiel, dass über die Hälfte aller Skandinavier an Trolle glauben? Ehrlich! Man könne sie nicht sehen, weil sie ja nun mal bei Sonnenlicht versteinern. Das behauptet eine westlich weit entwickelte Kultur. Was unterscheidet den norwegischen Trollglauben von Gauglern anderer Ethnien? Ich kann nur mutmaßen. Weil es süß ist. Haben Sie mal den Film Trollhunter gesehen? Lohnt sich. Manche von denen sind hochhausgroß und gar nicht süß. Oder vielleicht, weil Skandinavier*innen nicht bei uns Asyl suchen, keine vermeintlich instabile Regierung haben oder nennenswerte Rohstoffvorkommen?

Unsere Sicht der Dinge

Anderen Kulturen zwingen wir unsere Sicht der Dinge auf. Glaube, Einstellung, Politik, Gesellschaft, Wissenschaft oder Medizin. Manchmal marschieren wir dafür ein. Manchmal nennen wir es Integration. „Wenn die hierherkommen, dann kann ich wohl doch erwarten, dass die sich an unsere Werte anpassen!“ Ein Satz, der so oder so ähnlich wohl oft in diesem Zusammenhang fällt. Damit stellen wir unsere Werte, über die Werte der anderen. Vorsicht, Wortspiel. Abwertend, so zu sagen. Lassen Sie mich kurz in die Philosophie abschweifen. Prof. Dr. Harald Lesch beschreibt die Philosophie in seinen Hörbüchern von Uni Auditorium als Bindeglied zwischen Glaube und Wissenschaft. Vor allem die Naturphilosophie, als älteste Teildisziplin, verbindet gottesfürchtige Gläubiger mit eiskalten Logikern; schon seit 2.500 Jahren. Glauben Sie mir, dass ich als Wissenschaftler nicht weiter weg von Gottesfurcht, Spiritualität, Wahrsagen oder Geistern entfernt sein kann.

Aber überlegen Sie mal, wie Wissenschaft funktioniert: Ein Phänomen kann nicht erklärt werden. Beobachter stellen Theorien auf, mit denen dieses Phänomen vorhergesagt werden soll. Bevor sich so eine Theorie oder ein Modell durchsetzt, arbeitet eine Hundertschaft an Besserwissen daran, dieses Modell zu widerlegen. So lange gilt der Beobachter als Spinner. Kommt später raus, die Theorie stimmt, nennen wir sie dann Visionäre und Genies. Die Parallelen meines kleinen gedanklichen Ausflugs in die Wissenschaftstheorie zur westlichen Abneigung alternativer Werte, Systeme oder Gesellschaftsformen erscheinen Ihnen hoffentlich auch am Horizont.

Wahre Werte

Wahre Wertschätzung entsteht nur mit wertfreier Akzeptanz aller Kulturen, sagt Stefan Weidner in seinem Buch „Jenseits des Westens“. In der Sendung Titel, Thesen, Temperamente des ZDF am 24. April 2018 beschreibt er als Islamwissenschaftler und Kosmopilot seine Wunschvorstellung eines gemeinsamen Miteinanders aller Menschen. „Was mich interessiert, ist eine spirituelle Dimension, eine geistige Dimension und eine gedankliche Dimension. Es ist die Vorstellung, dass es mehr gibt, als das reine materielle Dasein.“ Das genau fehle uns im Westen. Eine Instanz, vor der wir alle gleich sind. Vor der Dinge wertlos sind.

Weidners großes Vorbild ist Mahatma Ghandi, der mit seiner „radikalen Gewaltlosigkeit“ gezeigt hat, wie trotz größter kultureller Unterschiede zwischen englischen und hinduistischen Ansichten, nicht nur ein gemeinsames, sondern auch eine neue Art Zusammenleben funktionieren kann. Auch der chinesische Buddhismus entwickelte sich vor über 2.000 Jahren in Südostasien unter chaotischen Bedingungen, weil es dafür kein Handbuch oder strukturelle Vorgaben gab. Warum sollte sich die Vergangenheit bei uns im Zeichen der Flüchtlingsaufnahme und Willkommensmentalität nicht wiederholen? Seien Sie offen für Neues!

Tobias Landwehr

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