Solidarische Landwirtschaft stemmt sich gegen das Standardsystem (SoLawi)

4. Juli 2025 | Ausgabe 4 / 2025 Wir sind BONN, Gesellschaft, SoLawi, Verbände | 0 Kommentare

Gemeinsam anders für einen gedeckten Tisch sorgen

Solidarische Landwirtschaft ist ein Gemeinschaftsmodell, bei dem Verbraucher*Innen und Landwirt*Innen zusammenarbeiten, um die Lebensmittelproduktion gemeinsam zu stemmen. Lokal, saisonal und unverpackt sind wesentliche Punkte, die mit diesem Konzept in Taten umgesetzt werden.


Ernteanteil, eine Gemüsekiste im August
Foto: Solawi Bonn/Rhein-Sieg e.V.

In der Region Bonn und Rhein-Sieg zeigen u.a vier SoLawi-Projekte – SoLawi Alfter, SoLawi Bonn/Rhein-Sieg, Hanfer Hofgemüse und Katringer Grünzeug –, wie nachhaltige Landwirtschaft praktisch funktioniert. Sie setzen auf ökologische Anbaumethoden, fördern Biodiversität, bieten Bildungsangebote und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Es gibt verschiedene Organisationsstrukturen, ob im Verein, als Kooperationspartner mit Landwirten oder als Genossenschaft, aber das Grundprinzip bleibt gleich.
SoLawi ist mehr als Landwirtschaft: Es ist ein solidarisches, offenes und vielfältiges Modell, das aktiv zur ökologischen und sozialen Transformation beiträgt. Gerade in Zeiten der Klimakrise ist dieses Konzept ein wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige Region, unabhängig von engen Heimatvorstellungen, dafür divers, bunt, offen und vernetzt.

Wer kennt das Konzept solidarische Landwirtschaft (SoLawi) noch nicht?

Solidarische Landwirtschaft ist ein Gemeinschaftsmodell, bei dem Verbraucher*Innen und Landwirt*Innen zusammenarbeiten, um Verantwortung für die Lebensmittelproduktion zu übernehmen. Mitglieder finanzieren die Produktion und teilen Ernte und Risiken mit den Erzeuger*innen. Die Mitglieder zahlen einen monatlichen Preis und erhalten dafür ihren Gemüse- (Obst-)Anteil. Am Anfang der Saison werden die Kosten für den Anbau berechnet, daraus wird ein sogenannter Richtpreis für einen Ernteanteil gebildet. In der Bieterrunde kann jeder seinen persönlichen Beitrag festlegen nach seinen finanziellen Möglichkeiten, die einen mehr, die anderen weniger, dieses ist die Essenz einer solidarischen Landwirtschaft. So entstehen regionale, ökologische und transparente Versorgungssysteme, welche die Resilienz gegenüber globalen Krisen stärken und Ernährungssicherheit fördern.

Vor 40 Jahren wurden die ersten SoLawis in Deutschland gegründet, von denen bereits 2022 über 500 in Deutschland von regionaler Landwirtschaft leben.
Im Wesentlichen gibt es drei Organisationsformen: Beim Typ-1, „der Erzeuger*innen geführte SoLawi“ geht ein landwirtschaftlicher Betrieb mit den Interessierten eine jährliche Bindung ein. Die Interessierten müssen nicht untereinander in einem Verein organisiert sein. Beim Type-2, „Kooperations-SoLawi“ geht eine Interessentengemeinschaft eine Kooperation mit einem landwirtschaftlichen Betrieb ein. Die Interessentengemeinschaft ist häufig ein Verein mit weiteren ideellen Zielen, kann aber auch eine Genossenschaft oder GbR sein. Beim Typ-3, „der Mitunternehmer SoLawi“, betreibt der Verein oder die Genossenschaft der Interessenten den landwirtschaftlichen Betrieb. Die SoLawi trägt das unternehmerische Risiko, kann dafür aber weiter ideelle Ziele wie neue nachhaltige Produktionsmethoden, Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks, Biodiversität oder Ernährungsbewusstsein umsetzen (Handbuch Solidarische Landwirtschaft Version 2.1 vom 19.02.2025).

SoLawi Alfter

Auf knapp einem Hektar Fläche in Alfter-Oedekhoven verbindet die SoLawi nachhaltigen Gemüseanbau mit einem klimaresilienten Agroforstsystem. Das Prinzip des „Market Gardening“ ermöglicht eine intensive, klein-strukturierte Landwirtschaft mit vielfältigen Gemüsesorten – bei Vermeidung von großen Maschinen und mit einem hohen Maß an Handarbeit. Obst- und Nussbaumreihen stehen neben den Beeten, verbessern das Mikroklima, schützen den Boden und bieten Lebensraum.
Als Verein stellt sie mit etwa drei Vollzeitstellen, aufgeteilt in zwei Teams für Obst und Gemüse, die Versorgung der Mitglieder sicher.
Ein zentrales Element des Projekts sind die „Mingas“ – gemeinschaftliche Arbeitseinsätze auf dem Acker, die den Mitgliedern ermöglichen aktiv teilzuhaben, ob wöchentlich oder einmalig. Es gibt auch immer wieder schöne Feste und spannende Feldführungen. Im Jahr 2024 wurden 112 sogenannte „Ernteeinheiten“ wöchentlich ausgeliefert – in den Wintermonaten im zweiwöchentlichen Rhythmus. Die Ernte kann an Abholstationen in Alfter, der Bonner Altstadt und Sankt Augustin abgeholt werden. Das Ernteanteil enthält auch frisches Obst u.a. Erdbeeren, Melonen, Himbeeren und Physalis aus eigener Ernte. Die zusätzliche Pflege von regionalen Streuobstwiesen durch das Obst-Team ergänzt die landwirtschaftliche Vielfalt und trägt zum Erhalt alter Obstsorten bei.
Auf dem Acker wachsen außerdem wunderschöne Schnittblumen von dem eigenständigen Projekt „Aufblühen-Slow Flower Bonn“. Die nachhaltigen Blumensträuße gibts auf Bestellung für Feste, z.B. Hochzeiten oder kommen zum Einsatz in Blumenworkshops. Diese Blumen sind pestizidfrei und angebaut nach den Richtlinien der Slow Flower Bewegung.

SoLawi Bonn/Rhein-Sieg

Seit 2013 gibt es die SoLawi Bonn/Rhein-Sieg, die inzwischen über mehr als 750 Mitglieder verfügt. Auf etwa 4,5 Hektar Bioland-zertifiziertem Land in Bornheim kultiviert ein erfahrenes Team – bestehend aus vier hauptberuflichen Gärtner*Innen, unterstützt von Teilzeitkräften und Praktikant*Innen – über 50 Gemüsesorten und Kräuter. Die Ernte wird wöchentlich an acht Abholstationen in Bonn, Bornheim und Hangelar verteilt.
Durch einen bodenschonenden Geräteeinsatz mit teilweise selbstgebauten Maschinen kann der Gemüseanbau auf ein breites Spektrum an Gemüse effektiv ausgerichtet werden.
Neben der Produktion versteht sich die SoLawi als Bildungsort. Workshops für Kindergärten, Schulen und Unternehmen, um Wissen zu nachhaltiger Ernährung und Landwirtschaft zu vermitteln, gibt es regelmäßig auf dem Hof. Dies wird durch eine Kooperation mit dem Bonner Institut für Migrationsforschung, gefördert von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen unterstützt, und unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung dieser Arbeit. Jeden vierten Samstag sind Mitglieder und Interessierte zum Ackeraktionstag eingeladen.
Zusätzlich zum Gemüse beziehen Mitglieder Eier von artgerecht gehaltenen Freiland-Zweinutzungshühnern; in naher Zukunft soll das Sortiment um regional angebautes Obst erweitert werden.

Hanfer Hofgemüse

Seit über einem Jahrzehnt ist die solidarische Landwirtschaft fester Bestandteil des Demeter-Betriebs Hanfer Hof im Süden von Hennef. Im wunderschönen Hanfbachtal werden auf rund drei Hektar Gemüse, Kräuter und Kartoffeln für etwa 100 Haushalte angebaut. Die Ernteanteile werden freitags ausgegeben, in der wetterabhängigen Vorsaison von März bis Mai alle zwei Wochen.
Die Verteilung erfolgt dabei direkt am Hof sowie an Abholstationen in Hennef und Sankt Augustin-Hangelar. Zudem haben sich regional zahlreiche kleinere Abholgemeinschaften gebildet, die sich bis nach Köln und zum Thomasberg erstrecken. Regelmäßige Mitmachaktionen und Ackertage bieten Mitgliedern die Möglichkeit, Einblicke in den Hofalltag und den Gemüseanbau zu gewinnen und aktiv mit anzupacken.
Der Hof praktiziert eine kreislauforientierte, biodynamische Landwirtschaft, die nicht nur hochwertige Lebensmittel produziert, sondern auch die ländliche Entwicklung stärkt. Auf Wunsch erhalten Mitglieder vom Hof zudem Getreide und Apfelsaft sowie Milch und Fleisch aus hofeigener Produktion – frisch von den Kühen, die mit ihren Kälbern im Sommer auf die Weiden gehen.

Katringer Grünzeug

Die Gemüsebau-Genossenschaft Solawi Katringer Grünzeug e.G. mit mittlerweile über 440 Genossenschaftsmitgliedern beliefert seit 2020 ihre Mitglieder*Innen mit frischem, saisonalem Gemüse von rund drei Hektar Fläche und vier Foliengewächshäusern bei Erpel am Rhein. Ein Team aus 3 hauptamtlichen Gemüsegärtnern und weiteren Teilzeitkräften, FÖJler*Innen, Praktikanten und verschiedenen ehrenamtlichen Arbeitsgruppen (Bau, Finanz, IT, Kommunikation, Naturschutz,…) sowie einem ehrenamtlichen Vorstand organisiert alles rund um Gemüsebau, Verteilung, Mitgliederverwaltung, Feste und Veranstaltungen. Seit Anfang 2024 ist die SoLawi Katringer Grünzeug zertifizierter Bioland-Betrieb in Umstellung. Die SoLawi liefert zurzeit rund 176 Ernteeinheiten über 50 Wochen im Jahr an etwa 20 Abholstationen zwischen Neuwied und Bonn, bis in den Westerwald hinein. Das Gemüse wird dienstags und donnerstags (je nach Abholstation) in fertig gepackten Kisten angeliefert. Über ein achtwöchiges Schnupperabo können Interessierte das Angebot unverbindlich ausprobieren.
Das genossenschaftliche Modell schafft eine enge Verbindung zwischen Erzeugenden und Mitgliedern: Diese investieren nicht nur finanziell, sondern tragen auch die Chancen und Risiken solidarisch mit. Transparenz vom Anbau bis auf den Teller garantiert eine faire und nachhaltige Versorgung mit regionalen Lebensmitteln.
Ab Sommer 2025 wird das Sortiment durch Bio-Obst vom Bioland Obsthof Rönn aus Meckenheim erweitert. Darüber hinaus versteht sich Katringer Grünzeug als Begegnungsort: Regelmäßige Mitmach- und Ackeraktionstage, Feste, Filmvorführungen, Workshops und Kochkurse schaffen Raum für Austausch.

Übersicht Abholstationen:

Eine Karte mit dem ungefähren Standort der Abholstationen/Abholgemeinschaften können sie hier ansehen:

 

 

 

 

Jetzt Mitglied werden – gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft

Arbeitstag auf dem Feld der SoLawi Bonn
Foto: Solawi Bonn/Rhein-Sieg e.V.

Werden Sie Mitglied einer SoLawi und unterstützen Sie regionale, ökologische Landwirtschaft. Erhalten Sie frische, saisonale Lebensmittel direkt vom Erzeuger und gestalten Sie die Ernährung der Zukunft aktiv mit. Für die Ernteanteile 2025/2026 sind noch Plätze frei – nehmen Sie bitte mit den jeweiligen SoLawi Kontakt auf! Sie möchten kein Gemüse? Auch einmalige Spenden oder Fördermitgliedschaft unterstützen diese Projekte enorm!

Fragen bezüglich unserer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit und allgemeiner Vernetzung & Kooperation bitte per E-Mail an Mara
Linnemann: kooperation@solawi-alfter.de

Kontaktadressen

www.solawi-alfter.de &
info@solawi-alfter.de (Erntefest Sa. 13.9)

www.solawi-bonn.de &
info@solawi-bonn.de (Erntefest So. 28.9)

www.hanferhof.de & info@hanferhof.de

www.katringer-gruenzeug.de & buero@katringer-gruenzeug.de (Erntefest 6.9)

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