Eine Bürgerinitiative mischt sich ein
Auf dem Meßdorfer Feld könnten demnächst großflächige Photovoltaik-Anlagen gebaut werden. Davor warnt die Bürgerinitiative für die Erhaltung des Meßdorfer Feldes, die sich seit vielen Jahren dafür einsetzt, dass dieser große Naturraum im Bonner Westen nicht bebaut wird. Bürgerinitiativen sind ein sehr kleiner, aber feiner Ansatzpunkt, wenn man darüber nachdenkt, was Demokratie wohl mit Umwelt- und Naturschutz zu tun haben könnte. In Form einer basisdemokratischen Beteiligung beeinflussen und gestalten Bürgerinitiativen nämlich durchaus ausgewählte kommunalpolitische Entscheidungen im Umwelt- und Naturschutz mit.
Carmen Planas
„Demokratie bedeutet, dass man jedem Bürger und jeder Bürgerin die Möglichkeit gibt, sich an der Politik zu beteiligen. Wichtig ist, dass sich die Menschen auch wirklich aktiv beteiligen, insbesondere in der Kommunalpolitik“, meint Rudolf Schmitz, Sprecher der Bürgerinitiative Meßdorfer Feld. Und genau das tut die Initiative. Seit rund 25 Jahren verfolgt sie das Ziel, die ungefähr 170 Hektar große Freifläche im Bonner Westen „von jeder Bebauung und Zerstörung freizuhalten“. Hierfür wird sie mit zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Aktionen politisch aktiv.
Online-Petition
Die jüngste Sorge der Bürgerinitiative gilt der möglichen Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) auf dem Meßdorfer Feld. In einer hierfür geschalteten Online-Petition (www.openpetition.de) heißt es: „Aktuell muss das Meßdorfer Feld nicht nur vor Wohnbebauung geschützt werden, sondern auch vor einer drohenden Installation von PV-Anlagen auf einer Breite von jeweils 200 Metern links und rechts entlang der Bahnlinie quer über das Meßdorfer Feld, was ca. 50 ha und damit fast ein Drittel des gesamten Feldes umfassen würde. Die Installation von PV-Anlagen ‚mitten auf dem Feld‘ würde nicht nur das Landschaftsbild des Meßdorfer Feldes mit seiner weiten Sicht über eine offene Landschaft ganz erheblich beeinträchtigen und seinen Charakter als Freizeit- und Naherholungsraum zerstören, sondern auch die wichtigen klimatischen Funktionen des Feldes.“
Gut informiert
Alarmiert ist die gut informierte Bürgerinitiative vor allem deswegen, weil die Baugenehmigung von PV-Anlagen neben Autobahnen oder Schienenwegen (mindestens zweigleisig) keine Bauleitplanung braucht, also eher leicht zu bekommen ist. Gerade diese Freiflächen gelten als bevorzugte und förderwürdige Orte für PV-Anlagen. Daher ist das Meßdorfer Feld im von der Stadt Bonn in Auftrag gegebenen Gutachten zur Freiflächenphotovoltaik als PV-Potenzialraum ausgewiesen.
Eingereicht: Bürger*innenantrag
Rudolf Schmitz: „Das Meßdorfer Feld gehört zum Teil der Stadt Bonn, aber auch Privateigentümern. Wenn einer einen Antrag zur Nutzung seiner Fläche für eine PV-Anlage stellt, wissen wir nicht, wie die Stadt reagiert. Bisher haben wir dazu keine verlässliche Auskunft.“ Diese Sorge ist durchaus berechtigt, da die Pachteinnahmen für Photovoltaik lukrativ sind.

© Thorsten Mahlberg
„Bis zu zehnmal mehr Pacht“, wirbt etwa flaechenmakler.de. „Die Pachteinnahmen durch die Verpachtung Ihres Grünlandes oder Ackerlandes an ein Solarunternehmen unterscheiden sich deutlich von herkömmlicher Verpachtung. Das liegt vor allem an der deutlich besseren Wirtschaftlichkeit im Vergleich zur landwirtschaftlichen Nutzung.“ Rudolf Schmitz hat daher als Sprecher der Bürgerinitiative einen Bürger*innenantrag an den Bürgerausschuss der Stadt Bonn gestellt. Er soll am 12. Februar 2025 im Ausschuss behandelt werden. Die Forderung: „Untersagung der Installation von Freiflächenphotovoltaik-Anlagen auf dem Meßdorfer Feld“.
Unterschriften sammeln
Neben den Online-Informationen (www.messdorferfeld.de) und dem Bürger*innenantrag setzt die Initiative auch auf herkömmliche Infostände. „Das ist gerade unser Anliegen, das mit der Photovoltaik publik zu machen“, sagt Rudolf Schmitz. „Ungefähr 90 Prozent der Menschen, mit denen wir sprechen, wissen gar nicht, was geplant ist, kennen das Gutachten gar nicht.“ An den Infoständen werden dann auch auf Papier Unterschriften gegen die PV-Anlagen gesammelt: „NEIN zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV) auf dem Meßdorfer Feld“.
Nein und Ja!

© Ute Mathes
Aber unterschrieben wird auch das: „JA zu erneuerbaren Energien, zur Nutzung von PV und zum Ausbau von PV auf Gebäuden und versiegelten Flächen“. Hier zeigt sich, dass die Bürgerinitiative Meßdorfer Feld sich durchaus des Dilemmas ihrer Forderung bewusst ist. Denn als Initiative, die sich für den Natur- und Umweltschutz einsetzt, kann ihr der Klimaschutz nicht gleichgültig sein. Die Stadt hat einen Klimaplan und das Motto lautet: „Bonn wird 2035 klimaneutral“. Um das zu erreichen, soll unter anderem die in Bonn benötigte Energie für Strom und Wärme ausschließlich aus regenerativen Quellen bezogen werden. Hierbei wird die Nutzung von Photovoltaik eine große Rolle spielen. Rudolf Schmitz hört beide Seiten: „Manche sagen, es wäre ein Verbrechen, wenn auf dem Feld Photovoltaik-Anlagen gebaut werden. Aber andere sagen, erneuerbare Energien brauchen wir und gerade das Meßdorfer Feld wäre ideal dafür. Auf der Freifläche kann viel Energie erzeugt werden.“
Wird zu viel mitgeredet?

Foto von: Ute Matthes
Mitreden und gehört werden ist urdemokratisch. Ja, aber „Klimapolitik in Demokratien scheitert bislang auch daran, dass zu viele Menschen mit zu unterschiedlichen Interessen mitreden“, meint Jonas Schaible in seinem Buch „Demokratie im Feuer“, in dem er der Frage nachgeht, wie Klimarettung und Demokratie neu gedacht werden müssten. Gibt man unter openpetition.de die Stichworte „Photovoltaik“ oder „Windkraft“ ein, wird schnell deutlich, dass es unglaublich viele Gegner gibt. Und sie haben sicherlich gute Gründe vorzuweisen.
Schaible kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass niemand garantieren könne, dass eine partizipative Demokratie zu mehr Klimaschutz führe. Aber sicher ist er sich, „dass nur eine weitreichende Klimapolitik die Möglichkeiten für liberale Demokratien, für freie Gesellschaften nach unserem Verständnis bewahren kann“. Klar ist auch, dass es keine einfachen Antworten geben wird.
Es folgt eine Anzeige unserer Unterstützer*innen/in eigener Sache.
Werbung in der Bonner Umweltzeitung? Unsere Mediadaten

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