Jürgen unterwegs – Vom Müll zur Fernwärme

7. Dezember 2024 | Ausgabe 6 / 2024 Nachhaltigkeit, Energie, Jürgen Huber, Jürgen unterwegs, Nachhaltigkeit, Ökologie | 0 Kommentare

Im Netz lesen wir auf der Seite des „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ folgendes zur Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei ist es wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – wirtschaftlich effizient, sozial gerecht, ökologisch tragfähig – gleichberechtigt zu betrachten. Um die globalen Ressourcen langfristig zu erhalten, sollte Nachhaltigkeit die Grundlage aller politischen Entscheidungen sein.
Unter diesem Aspekt möchte ich mit euch die Müllverwertungsanlage (MVA) und das benachbarte Heizkraftwerk (HKW) besuchen.


Jürgen Huber


Die MVA

Nicht nur unser Bonner Abfall wird täglich in der MVA in der Bonner Weststadt angeliefert, denn die Stadt Bonn, der Rhein-Sieg-Kreis, der Kreis Neuwied, der Rhein-Lahn-Kreis und der Kreis Ahrweiler haben sich zum Abfallzweckverband Rheinische-Entsorgungs-Kooperation (REK) zusammengetan.

Hier lagert der Restmüll vor der Verbrennung Bildrechte: Jürgen Huber

Der Abfall aus den Restmülltonnen wird in riesigen Bunkern gelagert. Ein beeindruckend großer Greifarm befördert ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit aus diesem Bunker in einen 1000 Grad heißen Verbrennungsofen.
Bei der Verbrennung wird Wasser erhitzt, und der Wasserdampf gelangt auf kurzem Weg zum benachbarten Heizkraftwerk, wo er für die Strom- und Fernwärmeerzeugung eingesetzt wird.
Wenn wir ein einfaches „Feuerchen“ machen entsteht schon einiges an Gasen, so dass sich jede*r vorstellen kann, was beim Verbrennen von Restabfall an Stoffen ohne Einsatz geeigneter Filteranlagen durch den Kamin gejagt wird. Dank des Einsatzes der Bürgeraktion Umwelt Schutz Bonn (BUB), eine Initiative unter dem Dach des Ökozentrum Bonn und einer Individualklage gegen die zunächst vorgesehene Bauausführung, ist die MVA heutzutage mit einem hochwertigen Filtersystem ausgestattet.

Die neue MVA

„Die MVA soll für die Zukunft gewappnet sein“, so die SWB. „Neben der alten Anlage soll bald eine Neue entstehen. Die dort produzierte, unvermeidbare Abwärme in Kombination mit einer CO2-Abscheidung soll zu 100 Prozent Strom und Fernwärme auf regenerativer Basis klimaneutral produzieren“.
Das neue MHKW, so nennt es sich dann, wird über eine Anschlussmöglichkeit für eine Abfallvorsortierung verfügen. Mit dem Abscheiden von Kohlenstoffdioxid soll die Anlage klimaneutral werden.
Es wird an der neuen Anlage einen Gleisanschluss geben, der dazu genutzt wird, den LKW-Verkehr für den Transport von Abfällen, Schlacke, abgeschiedenem CO2 und Wasserstoff massiv zu reduzieren.
Mehr Infos hier: https://www.swb-konzern.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/details/nachricht/default-5dcbf6bf14-1/

Das Heizkraftwerk (HKW)

Hinter dieser Verkleidung befindet sich die neue Turbine. © Jürgen Huber

Im HKW wird mit dem Dampf, der bei der benachbarten Müllverwertungsanlage entsteht, eine Dampfturbine zur Stromerzeugung angetrieben. Da diese Turbine nicht den gesamten Strom produzieren kann, werden durch die Verbrennung von Gas oder Öl weitere Turbinen angetrieben. Auch die hier entstehende Wärme wird nicht direkt zum „Kamin hinausgeblasen“, sondern in das Fernwärmenetz eingespeist.
Die Erzeugung von Strom und zeitgleiche Verwendung der in dem Prozess anfallenden Wärme nennt sich Kraft-Wärme-Kopplung.
Jetzt kann das Verbrennen von Gas und Öl nicht gerade als klimaneutral bezeichnet werden. Daher haben die Stadtwerke Gasturbinen in Betrieb, die eine Beimischung von grünem Wasserstoff zum Erdgas erlauben.

Große Pläne beim Thema Wasserstoff

Die Dekarbonisierung der Fernwärme ist für die SWB wichtig. Dekarbonisierung bedeutet die Reduzierung von CO₂-Emissionen.
Das Wort „Karbon“ steht für Kohlenstoff. Kohlenstoff gelangt durch die Verbrennung von Kohle, Erdgas oder Erdöl in die Luft und treibt den Klimawandel durch den Treibhauseffekt an.
Die Stadt Bonn mit der SWB-Tochter Bonn Netz hat frühzeitig den Weg beschritten, die kommunale Wärmeplanung durchzuführen, um den Bonner Bürgerinnen und Bürgern möglichst schnell Orientierung bei der Planung neuer Heizungsanlagen geben zu können. „Wir begrüßen es und sind der Bundesregierung dankbar, dass im Wärmeplanungsgesetz die komplette Wärme aus der thermischen Abfallbehandlung als unvermeidbare Abwärme gleichgestellt wurde und bei der Dekarbonisierung der Wärmenetze anrechenbar ist,“ sagte SWB Chef Olaf Hermes.

Der Rhein als Wärmequelle?

Fernwärme aus dem Rhein? ©Jürgen Huber

Die größte natürliche Ressource für Fernwärme in Bonn ist der Rhein.
Um die Flusswärme des Rheins für Fernwärme nutzbar zu machen, ist geplant, eine Flusswasser-Großwärmepumpenanlage im Stadtteil Plittersdorf zu bauen. Dort befindet sich die Kläranlage „Rheinaue“, dort soll die Anlage entstehen.
Der erforderliche Wärmespeicher wird sich dann im HKW-Süd in Dottendorf befinden, und von dort aus die Haushalte versorgen.

Fazit

Die Stadt Bonn ist seit dem Wechsel im Stadtrat auf einem guten Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Sie investiert eine gut angelegte Menge an Geld in obige Projekte. Aus einigen Kommentaren lesen wir heraus, dass eine Unzufriedenheit betreffs der Preisgestaltung in der SWB herrscht. Hier ist zu bemerken, dass durch die Einnahmen im SWB Konzern auch der Ausbau des ÖPNV mitfinanziert wird, uns allen damit zugutekommt.

Zum Schluss

Die Planung der MVA in den 1990 Jahren hat nicht allen Bonner*innen gefallen. „Warum muss ausgerechnet im dicht besiedelten Bonn so eine Riesenanlage stehen?“ stellten sich viele die Frage. Um diese Anlage wirtschaftlich zu betreiben, reicht der Bonner Müll nicht aus, wie wir oben sehen.
Dass erst durch den Einsatz der Bürgeraktion Umwelt Schutz Bonn (BUB) und der Individualklage gegen die zunächst vorgesehene Bauausführung etwas geändert wurde, ist ein typisches Zeichen für die damalige Ära der CDU geführten Stadt.

Während der Recherche haben sich Fragen an die SWB ergeben. Hier Fragen und Antworten:

Die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis haben den Abfallzweckverband Rheinische-Entsorgungs-Kooperation (REK) gegründet. In diesem sind der Kreis Neuwied, der Rhein-Lahn-Kreis und der Kreis Ahrweiler vertreten. Ist das so korrekt?

Das ist korrekt. Die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis haben Anfang 2009 den Abfallzweckverband REK Rheinische-Entsorgungs-Kooperation gegründet. Weitere Mitglieder sind seit Mitte 2015 der Kreis Neuwied und der Rhein-Lahn-Kreis. Seit Januar 2018 ist als neues fünftes Mitglied, der Kreis Ahrweiler hinzugekommen. Sitz des Verbandes ist Bonn.

Wird der Abfall aus der Restmülltonne noch einmal sortiert, z.B. Metallteile wie die Bratpfanne herausgezogen?

An der aktuellen Anlage ist bautechnisch keine Vorsortierung möglich. Die einzige Möglichkeit wäre, bei den Anlieferern verschiedene Anlagen zu bauen und vor der Anlieferung an die MVA zu sortieren. Das wäre aber natürlich ein großer Kostenaufwand. Außerdem benötigen derartige Anlagen viel Platz und Energie. Hinzu kommt, dass Sortieranlagen nur sehr wenig Output mit geeigneter Qualität für weitere Nutzungsoptionen liefern würden, weshalb sich dieser Aufwand nicht rechnet.
Stattdessen versuchen wir mit unserer Zukunftsvision bonNova Bürgerinnen und Bürger für das Thema Abfalltrennung zu sensibilisieren und zu zeigen, warum das wichtig ist. Denn durch das richtige Trennen von Abfall, können Bürgerinnen und Bürgern dazu beitragen, die Abfallzusammensetzung zu verbessern, ohne dass hierfür kostaufwendige Vorsortierungsanlagen geschaffen werden müssen. Hierfür ggf. hilfreich: Abfallbilanz, bonnorange AöR
Am Ende des Verbrennungsprozesses bleibt die sogenannte Schlacke über. So nennt man die Asche, des verbrannten Restabfalls. Diese Schlacke wird in mehreren Stufen aufbereitet, da sie viele wiederverwertbare Eisen- und Nicht-Eisenmetalle wie z.B. Kupfer, Zink, Bronze oder Aluminium, enthält. Die Schlacke wird per LKW zur Anlage am Entsorgungszentrum Leppe in Lindlar transportiert, wo unsere Tochtergesellschaft refer die Schlacke in einer Aufbereitungsanlage nach Wertstoffen sortiert. Nach der Anlieferung wird die Schlacke zunächst zur Trocknung in Hallen gelagert. Anschließend werden in den Trocknungshallen größere Metallteile mit einem großen Elektromagneten aus der Rohschlacke gezogen. In der Rohschlacke befinden sich danach weiterhin Materialen, die den Wert des Reststoffes mindern und deshalb weiter separiert werden müssen. Um an die verbliebenen Rohstoffe zu gelangen, läuft die Schlacke durch verschiedene Siebe, Magnettrommeln, Wirbelstromabscheider und Windsichter. Dabei werden alle Eisen- und Nichteisenmetalle (Kupfer, Aluminium, Messing) sowie Kunststoffreste* aus der Schlacke entfernt. Anschließend wird die “durchgesiebte” Schlacke erneut verbrannt und die zum Schluss verbleibende Mineralik unter anderem zur Verfüllung von Deponien genutzt. Alle gewonnenen Metalle werden als sogenannte Sekundärrohstoffe an die Industrie verkauft.
* Der Müll bleibt nur für eine begrenzte Zeit auf dem Verbrennungsrost. Wenn also Stoffe zu sehr miteinander verpresst sind, kann es passieren das Kunststoffe nicht vollständig verbrannt werden und in der Schlacke verbleiben. Auch ein schlechtes Sauerstoffverhältnis, eine zu hohe Rostgeschwindigkeit oder auch schlechter Müllbeschaffenheit können das begünstigen.

Was geschieht mit der Verbrennungsasche und den Stoffen aus den Filtern?

(Bzgl. Verbrennungsasche siehe Frage 2) Bei der Verbrennung von Abfall entstehen unvermeidbare Rauchgase. Die MVA Bonn verfügt daher über ein ausgefeiltes und beispielhaftes Rauchgasreinigungssystem, um die unvermeidlichen Emissionen bestmöglich zu reduzieren. So werden gesetzliche Vorgaben nicht nur eingehalten, sondern auch weit unterschritten.
In dem mehrstufigen Reinigungsverfahren werden die Schadstoffe in den Rauchgasen effektiv reduziert, sodass ein Maximum an Umweltschutz gewährleistet ist. So steigen am Ende nur noch gereinigte Rauchgase sowie Wasserdampf aus dem 98 Meter hohen Schornstein empor. Mehr Infos zum Reinigungsprozess finden Sie hier: Rauchgasreinigung – SWB Verwertung (swb-verwertung.de)

Wieviel Prozent des Strombedarfes deckt die Abwärme des HKW und der MVA ab?

Aus der Abwärme gewinnen wir jährlich in etwa 500 Mio. kWh Dampf für die Strom- und Fernwärmeproduktion am benachbarten HKW von SWB Energie und Wasser. Wie hoch der genaue Dampfanteil bei der Produktion ausfällt, ist temperaturabhängig und schwankt von Jahr zu Jahr.

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