Björn Langer, Naturschutzreferent
Anlässlich des Europäischen Tags der Parke stellt Björn Langer am Mittwoch, 24. Mai, um 19.30 Uhr den slowenischen
Nationalpark Triglav in einem reich bebilderten Vortrag in der Stadtbibliothek Siegburg, Griesgasse 11, vor. Nach einer kurzen Einführung, bei dem er auf 114 Jahre europäischer Nationalparkgeschichte blickt, nimmt der Naturschutzreferent der DAV-Sektion Bonn das Auditorium mit auf eine einwöchige Hüttentour durch das Reservat. Der Eintritt ist frei. Als kleinen Appetitanreger geben wir hier seinen Bericht, wie er in der Sektionszeitschrift „Berg & Tal“ erschienen ist, in Auszügen wider.
Als wir in Ribčev Laz aufbrechen, spiegeln sich im glasklaren, bis zu 45 Meter tiefen Wasser des Bohinjsko jezero, des größten Sees in Slowenien, steile Felswände, die das rund vier Kilometer lange Naturjuwel einrahmen. Wir befinden uns im Nationalpark Triglav, dem einzigen slowenischen Schutzgebiet dieser Art. Dessen Wurzeln liegen in einem 2.400 Hektar großen „alpinen Schutzpark“, der 1924 rund um die Dolina
Triglavskih jezer – im Deutschen als Sieben-Seen-Tal bekannt – ausgewiesen wurde. 1961 bekam das Gebiet das Prädikat Nationalpark verliehen, 20 Jahre später wurde dieser auf seine heutige Größe erweitert: mit 83.807 Hektar ist die Fläche des Reservats nur wenig kleiner als die der deutschen Hauptstadt Berlin. Damit umfasst der Nationalpark Triglav 0,4 Prozent des slowenischen Staatsgebiets.
Nach einer Erfrischung in der Gaststätte Planinska koča na Vojah beginnt der Anstieg zur Planina Krstenica, dann wandern wir leicht wellig weiter zur noch schöneren Planina v Lazu. Die Almen in diesem Teil des Nationalparks gehen vermutlich auf Knappen zurück, die bereits im 14. Jahrhundert damit begannen, in den Sommermonaten Vieh zu ihren hochgelegenen Arbeitsplätzen mitzunehmen. Nach und nach entwickelten sich saisonal bewohnte Dörfer. 1994 wurde eine Auswahl davon als Weltkulturerbe vorgeschlagen, die Prämierung steht jedoch aus. Auch unser erstes Nachtquartier beziehen wir an einem dieser urigen Orte, in der Schutzhütte Koča na Planini pri Jezeru.
Am nächsten Morgen stehen wir kurz nach dem Aufbruch am Rand eines weiteren Almdorfs, Planini Dedno polje, das sich an den Hang einer kesselförmigen Senke, einer Polje, schmiegt. Poljen sind, vereinfacht ausgedrückt, die großen Geschwister der Dolinen, zwischen denen sich unser Pfad auf den nächsten Kilometern hindurchschlängelt. Dabei handelt es sich um oft trichterförmige „Krater“ im Erdboden, die durch Lösungsprozesse im Kalkstein entstanden.
Von der Štapce-Scharte führt unsere Wanderung hinab zur idyllisch am Dvojno jezero gelegenen Koča pri Triglavskih jezerih. Die folgenden Kilometer gleichen einem Spaziergang durch ein Wunderland. Durch den Wald fällt der Blick auf große und vegetationsfreie Karstfelder, blendendweiß wie Gletscher. Metertiefe Karren, Rinnen im Kalkgestein, verstärken die Illusion. Dann liegt der Veliko jezero Ladvička vor uns: 325 Meter lang, 120 Meter breit, bis zu 15 Meter tief, im kristallklaren Wasser können wir bis auf den Grund blicken.
Hinter dem Veliko jezero Ladvička ändert sich die Landschaft erneut, wird karger. Am Zelene jezero schwenken wir nach links, erklimmen die letzten Höhenmeter zur auf einem schmalen Felsgrat thronenden
Zasavska koča na Prehodavcih. Nicht einmal fünf Kilometer Luftlinie trennen uns von unserem nächsten Etappenziel: Das Pogačnikov dom na Kriških Podih können wir von der Sonnenterrasse sehen. Doch dazwischen, 1.300 Meter unter uns, scheinbar nur von senkrechten Felswänden begrenzt, liegt das Zadnjica-Tal. Mit entsprechendem Respekt beginnen wir die Wanderung am nächsten Morgen.
Zunächst geht es auf einem rund 100 Jahre alten Militärweg abwärts, bis uns das sanfte Zadnjica-Grün umfängt. Ein breiter Fahrweg führt uns durch Buchenwälder bis zu den
ersten Höfen des Tals, dann schwenken wir wieder bergwärts. Trotz eines meist schattigen und überraschend flach gehaltenen Aufstiegs leeren sich Flaschen und Trinkblasen in rasantem Tempo. Der in der Tiefe rauschende Bach ist für uns unerreichbar, und so stürzen wir uns nach mehreren Stunden gierig auf das etwas oberhalb des Wanderwegs eine bemooste Felswand herabrinnende Wasser. Zu früh, wie wir eine Kehre später feststellen. In großen roten Buchstaben ist „VODA“ ausgeschildert, aus einer eingefassten Quelle fließend.
Wir haben uns einen Ruhetag verdient. „Ruhe“ heißt in diesem Fall: Wir wandern mit leichtem Gepäck eine Runde um die Hütte. Im Nebel brechen wir auf, steuern zunächst auf den Zgornje Kriško jezero, den höchstgelegenen See Sloweniens, in einer steilwandigen Doline gelegen, zu. Als die Sonne durch die Wolkendecke bricht, schimmert das Wasser wie ein Smaragd im Licht.
Aus der Ferne erblicken wir einen prächtigen Alpensteinbock, der sich, auf einem Hügel thronend, als kleine Silhouette vor dem grauen Himmel abhebt. Obwohl uns einige hundert Meter trennen, zücken wir unsere Fotoapparate – und hoffen gleichzeitig, dass wir dem stattlichen Hornträger noch deutlich näher kommen werden. Umso größer die Freude, als wir über eine Kuppe treten, mehrere nicht weniger prächtige Artgenossen fast direkt am Wegesrand liegen und sich auch von unserer Anwesenheit nicht stören lassen. So nah kommt man den Tieren selbst im Zoo nur selten.
Erneut im Nebel brechen wir zu unserer nächsten Etappe auf. Während wir Schritt für Schritt an Höhe verlieren, reißen die Wolken auf, vor uns liegt plötzlich die Triglav-Nordwand: drei Kilometer breit, 1.200 Meter hoch. Als wir uns eine kleine Pause gönnen, öffnen sich die Schleusen des Himmels. Immer wieder begegnen wir Alpensalamandern, die sich bei diesem Wetter – ganz im Gegensatz zu uns – sichtbar wohl fühlen. Wir freuen uns, als wir die Generatoren sehen, die sich vor der Koča na Doliču im kräftigen und kalten Wind drehen.
Es ist eine seltsame Landschaft, durch die wir zum Triglavski dom wandern: karg, viel Geröll, große Dolinen, unter deren dunklen Mündern sich noch dunklere Schächte öffnen. Es sind die sagenumwobenen Zaubergärten der Rojenice, die von Zlatorog, einem weißen Gamsbock mit goldenen Hörnern, zerstört wurden.
Als wir aufstehen, ist es noch dunkel. Am Triglav sehen wir zahlreiche Gruppen, die sich mit Stirnlampe dem Gipfel nähern, um den Sonnenaufgang vom höchsten Punkt Sloweniens genießen zu können. Der Čez Prag, der „Bänderweg“, windet sich hingegen, nomen est omen, auf meist breiten Simsen am Rand der Triglav-Nordflanke ins Tal. Nach einer letzten steilen Rinne kommen wir im Vrata-Tal an. Glasklar ist das Wasser der hier entspringenden Bistrica, deren Verlauf wir durch schöne Buchenwälder bis zum
Aljažev dom v Vratih folgen.
Ein Beitrag des DAV.
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