Umweltethik unverzichtbar
Cynthia Roggenkamp
Ökologische Probleme stellen die Menschen seit Jahrzehnten vor immer neue Herausforderungen. Fortschreitende Umweltzerstörungen, Ressourcenverschwendung, Massentierhaltung, der Klimawandel oder der Rückgang der Artenvielfalt sind dabei nur einige Beispiele. Doch welche moralische Verantwortung haben wir Menschen gegenüber Pflanzen, Tieren und der unbelebten Natur? Die Umweltethik versucht Antworten zu finden.
Die Umweltethik, die in der Literatur auch oft als „ökologische Ethik“ bezeichnet wird, ist eine eigenständige Subdisziplin der Ethik und befasst sich mit den moralischen Werten und Verhaltensweisen des Menschen bezogen auf die nichtmenschliche Natur. Hierzu zählen die Gesamtheit der belebten und unbelebten Natur inklusive der einzelnen Bestandteile, Bereiche sowie biologischen Einheiten, zum Beispiel Tiere, Pflanzen, Populationen, Ökosysteme, Landschaften, natürliche Ressourcen und Umweltmedien. Als Umweltmedien werden Wasser, Boden, Klima oder auch die genetische Vielfalt verstanden. Entstanden ist die Umweltethik im Zuge des menschlichen Bewusstseins für die Umwelt- und Naturzerstörungen der letzten Jahrzehnte.
Themen innerhalb der Umweltethik
Innerhalb dieses Themenkomplexes gibt es wiederum Teilbereiche, mit denen sich die Umweltethik beschäftigt. Zum einen ist die Tierethik zu nennen, die der Frage nach dem menschlichen Umgang mit Tieren nachgeht. (S.4) Die Hauptaufgabe besteht darin, den ethischen Status von Tieren zu ermitteln. Der Ausgangspunkt für die Notwendigkeit dieser Betrachtung liegt in der heutigen Massentierhaltung, in Tiertransporten sowie in Tierversuchen, wie sie beispielsweise in der Kosmetikindustrie eingesetzt wird.
Ein weiterer Teilbereich ist die Naturethik, die sich mit dem Eigenwert der Natur beschäftigt. Die in diesem Zusammenhang zentrale Frage, ist die, welchen Dingen innerhalb der Natur ein Eigenwert zugestanden wird. Die deutsche Philosophin Angelika Krebs hat unter anderem vier Fragen formuliert, die sich mit genau diesem Aspekt beschäftigen:
„Haben wir Pflichten in Ansehung von oder auch Pflichten gegenüber der Natur?“
„Hat nur der Mensch eine Würde? Oder gebührt auch der Natur: der Erde, den Meeren, den Wäldern, den Flüssen, den Pflanzen, den Tieren Ehrfurcht?“
„Ist die traditionelle anthropozentrische Ethik angesichts ökologischer Krisenerfahrungen heute noch zu rechtfertigen, oder muss sie einer neuen physiozentrischen Ethik weichen?“
„Ist globaler Naturschutz etwas, was wir den von der Natur abhängigen Menschen schulden, oder ist er etwas, was wir der Natur selbst schulden?“
Ansätze der Umweltethik
In der Umweltethik stehen vier verschiedene Ansätze konkurrierend nebeneinander. Der anthropozentrische, der pathozentrische, der biozentrische und der physiozentrische bzw. holistische Ansatz. Generell wird zwischen dem anthropozentrischen auf der einen Seite und den nichtanthropozentrischen Ansätzen auf der anderen Seite unterschieden. Die Kernaussage des anthropozentrischen Ansatzes liegt darin, dass alleine der Mensch aufgrund seiner vermeintlichen Sonderstellung und seiner besonderen Merkmale einen Eigenwert und damit als einziges Lebewesen einen moralischen Wert besitzt. Dagegen besitzen Tiere, Pflanzen und die unbelebte Natur nur den Wert, den sie als Nutzen für den Menschen darstellen. Dazu zählt zum einen die Natur z.B. als Ressourcenlieferant oder Tiere bzw. Pflanzen als Lebensmittelquelle. Zum anderen zählt hierzu aber auch der ästhetische Wert, den Natur und Tiere für den Menschen darstellen. Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich, dass Umwelt-, Natur- und Tierschutz nur um des Menschen selbst Willen betrieben wird.
Der pathozentrische Ansatz räumt teilweise auch Lebewesen einen eigenen moralischen Wert ein. Dieser Ansatz beruht auf der Annahme, dass sowohl Menschen als auch Tiere eine Leidens- und Empfindungsfähigkeit aufweisen. Allerdings werden nur „höhere“ Tiere als empfindungsfähig eingestuft. Zu diesen zählen zum Beispiel Pferde oder Affen. Dagegen erhalten so genannte „niedere“ Tiere und Pflanzen keinen Eigenwert. Ein großes Problem dieses Ansatzes liegt in der unscharfen Grenze zwischen leidensfähigen und leidensunfähigen Tieren, die nicht eindeutig definiert werden kann.
Im Gegensatz zum pathozentrischen Ansatz wird im biozentrischen Ansatz allen Lebewesen ein moralischer Status anerkannt, da davon ausgegangen wird, dass ein Interesse an der eigenen Lebenserhaltung von allen Lebewesen angestrebt wird. An dieser Stelle werden alle Lebewesen in gleicher Art und Weise betrachtet.
Der physiozentrische oder auch holistische Ansatz geht sogar noch einen Schritt weiter. Er erkennt einen eigenen moralischen Wert aller belebten und auch unbelebten Naturwesen an. Damit wird neben Menschen, Tieren und Pflanzen auch unbelebte Materie, wie zum Beispiel Berge oder Seen, einbezogen. Dies bedeutet, dass alles, was in der Natur vorliegt aufgrund der bloßen Existenz einen Wert hat.
Fazit
Die verschiedenen Ansätze zeigen die Komplexität des Themas sowie das weite Spektrum der Herangehensweise. Für Fragen des Naturschutzes muss somit genau unterschieden werden, wie einzelne Akteure den Begriff „Umweltethik“ für sich definieren und auf konkrete Problemstellungen anwenden.
Erschienen in der BUZ 1_15
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