Ralf Wolff
Die letzte Kommunalwahl liegt zur Hälfte der Wahlperiode hinter uns. Die nächste Wahl steht 2025 an. Die Bonner Ratskoalition hat sich die Klima- und Verkehrswende auf die Fahne, in den Koalitionsvertrag, geschrieben. Jedoch scheint die Realisierung der politischen Beschlüsse, das Wissen aus der Bürgergesellschaft oder deren Betroffenheiten nicht ausreichend zu berücksichtigen. Die Institutionalisierung von Bürgerbeteiligung im Format von Zukunftsräten kann die ‚Konsultation‘ der Bürger*innen sicherstellen.
Ziemlich exakt zum Erscheinen dieser BUZ-Ausgabe hat der im September 2020 gewählte Bonner Stadtrat seine Halbzeit. Das war für die BUZ-Redaktion Anlass, das Thema zum Schwerpunkt dieser Ausgabe zu machen. Es war uns wichtig, in diesem Zusammenhang auch Stimmen aus der Bevölkerung zu Wort kommen zu lassen.
In der Tat deuten die Stimmen der Teilnehmer*innen an unserer nicht-repräsentativen Online-Umfrage zur Zufriedenheit mit der Arbeit des Bonner Rates, der Koalition oder der Opposition eine Unzufriedenheit mit der Umsetzung der von der Ratskoalition beschlossenen Maßnahmen für die Klima- und Verkehrswende an. Umweltspuren, Einbahnstraßenregelung, Boulevard am Rhein, Planung des Umweltverbunds erscheinen ihnen nicht durchdacht und einseitig am Radentscheid orientiert.
Was hat unser Kolumnist Jürgen dazu herausgefunden? Er war diesmal zunächst virtuell unterwegs und recherchierte im Bonner Rats-
informationssystem Allris nach Ideen, die von den einzelnen Parteien der Koalition in Bonn zur Verkehrswende eingebracht wurden. Dann erkundete er vor Ort, was davon realisiert wurde. Er resümiert: „Viele Projekte machen den Eindruck, als sollten sie schnell „durchgepeitscht“ werden, um Tatsachen zu schaffen. Wer neue Ideen umsetzen will, sollte sie nicht durchsetzen wollen, sondern den bürgerschaftlichen Diskurs pflegen. Das war ein Wahlversprechen.“
Politik lebt von Ankündigungen. Doch die Wirkungen zeigen sich im Alltag. Deshalb ist eine kritische Erfolgskontrolle unverzichtbar. Je abstrakter die politischen Ziele sind, desto schwieriger ist der Erfolg überprüfbar. Der Weg allein ist noch nicht das Ziel. Der Zwischenruf reflektiert dieses Thema.
Der Weg zur Klimaresilienz 2035 erfordert eben diese Erfolgskontrolle, um die paris-
konformen Klimaziele einhalten zu können.
Bisher konnten die Treibhausgasemissionen in Bonn seit 1990 um nur 27 Prozent reduziert werden. Um hier deutlich mehr Tempo vorzulegen, hat der Rat der Stadt im Jahr 2019 einen Beschluss zur Klimaneutralität bis 2035 gefasst. Wie das ehrgeizige Ziel erreicht werden kann, beschreiben nun der „Klimaplan 2035 für die Bundesstadt Bonn“ und der Klimaaktionsplan des Mitwirkungsverfahrens Bonn4Future.
Der Klimaplan findet bei den Mitgliedern des 2013 gegründeten Klimachutzbeirats grundsätzlich breite Zustimmung. Viele der beschriebenen Maßnahmen hat er als sehr wichtig, in einigen Fällen wegweisend eingeordnet. Auf unserer Interviewseite stellen wir Ihnen den Klimaschutzbeirat vor.
Er ist kein Ratsgremium und arbeitet rein ehrenamtlich. An seine Empfehlungen ist der Rat also nicht gebunden. Die Mitglieder kommen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen. Seit 2019 hat der Beirat mit einer neuen Geschäftsordnung ermöglicht, dass auch institutionell nicht organisierte Bürger*innen mit Fachkenntnis und Engagement Beiratsmitglied werden können. Es ist gut, dass der Klimaschutzbeirat institutionell nicht-organisierte Bürger*innen mittlerweile beruft.
Jedoch ist es bis zur Halbzeit der Wahlperiode, wie unsere zufälligen Stimmen aus der Bonner Bürgergesellschaft und das Resümee unseres Kolumnisten Jürgen zeigen, nicht gelungen, weitgehende Akzeptanz in der Stadtgesellschaft für die Klimaanpassungsmaßnahmen zu erreichen.
Hierbei sind unsere gewählten Politiker*innen in der Pflicht, die Bürger*innen umfassender als bisher mit deren Wissen über ihr Umfeld einzubinden.
Wie kann das geschehen?
Wir erinnern uns an die Lokale Agenda 21, die die Kommunen aufforderte, die Bürger*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und die private Wirtschaft zu konsultieren, um mit ihnen im Dialog ein Handlungsprogramm zu erarbeiten.
Eine umfassende Konsultation der Bürgerschaft ist eine maßgebende Voraussetzung, um auch in Bonn mehr Bürger*innen einzubeziehen und mitzunehmen. Erst dann kann der klimaresiliente Stadtumbau gelingen.
Der Haken liegt dabei im Wesen der repräsentativen Demokratie, da die Ratsgremien nicht verpflichtet sind, Anregungen aus der Bürgergesellschaft in ihren Beschlussvorlagen zu berücksichtigen. Insofern müsste der Bonner Rat unter einer Begründungspflicht gegenüber dem Klimaschutzbeirat stehen und dessen Empfehlungen nicht nur zur Kenntnis nehmen.
Der Klimaaktionsplan von Bonn4Future ist Ausdruck eines guten Beispiels von Konsultation der Bürgerschaft. Die Prüfung der Empfehlungen konnte der Stadtrat nicht ablehnen, da er einen Beschluss zu dieser Mitwirkung gefasst hatte.
Die Politik der Zukunft liegt in Zukunftsräten, deren Zusammensetzung die reale Vielfalt der Gesellschaft darstellen. Sie zeichnen sich durch eine Institutionalisierung von Bürgerbeteiligung und ihre Ausrichtung auf die kommenden Generationen aus. (Nanz/Leggewie 2016, s. Seite 7)
Auf aktuelle Beispiele des Bürgerengagements beim Baumschutz oder die Idee von Fähren mit Elektro- besser noch Wasserstoffantrieb möchten wir Sie hinweisen.
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