Verhältnismäßige Idee im lokalen bis globalen Klimakontext?
Elke Fischer, Aktionsbündnis „StadtGrün erhalten“
Die Bundestadt Bonn hat ein Baumkonzept erstellen lassen, das neue Straßenbäume in einige Stadtteile mit geringem bis fehlendem Baumbestand für mehr Lebensqualität einbringen könnte.
Der hoffnungsvolle Titel zur Vorstellung versprach viel. Um es vorweg zu nehmen – das Pressegespräch im kleinsten Kreis mit Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Geschäftsbereichsleiter im Amt für Umwelt und Stadtgrün Dieter Fuchs, Stadtsprecherin Barbara Löcherbach, ihrem Stab sowie drei Vertreterinnen lokaler Pressemedien, hinterließ mehr Fragen als erhofften Baumfokus. Wenn der Fachbereichsleiter mit dem Statement „…es gibt mehr neue Bäume als Baumschwund“ als nachvollziehbare Zusammenfassung seiner Präsentation betrachtet, bleibt leider noch Luft in erwünschte Baumkronen.
Während rasanter Klimaveränderungen, zunehmender Beobachtungen von Fällungen langjährig gewachsener Bäume – hoch-
effektiv durch riesige Blattflächen oder als Habitate für Artenschutz – auf städtischen Arealen wie auf Privatgrund, sei die Frage nach belegbaren Gründen und Genehmigungen oder Gutachten sowie nach einem aktuellen Baumkataster gestattet.
Unter einem urbanen Baumkonzept vermutet man derzeit ein umfassendes Projekt als unerlässliches Puzzleteil des großen
Klima-Regelwerks, das sich nicht ausschließlich auf Pflanzungen junger Straßenbäume für verbesserte „Lebensqualität“ einzelner Quartiere bezieht, sondern auf unbedingten Baumerhalt des bereits wirksamen Bestandes großer Bäume, sowie adäquate Pflege und Ausgleichpflanzungen, mehr als im Stammverhältnis 1:1.
Die Arbeit eines beauftragten Duisburger Fachbüros ergab Auswertungen für 65 statistische Bezirke der Stadt; u. a. ermittelt aus Bevölkerungsdichte, sozialen Komponenten, örtlich klimatischen Schwankungen im Tag/Nacht-Rhythmus wurden hierzu Klimaanalysekarten entwickelt. Besonderer Bedarf an mehr Bäumen konnte für zehn Stadtteile festgestellt und 800 potenzielle Baumstandorte dort zugeordnet werden. Laut Fuchs schwinden von diesen Optionen durch Einschränkung wie tief/bauliche Bedingungen, Parkplätze und vermutete Widerstände seitens der Anwohner*innen sogleich etwa 80% – es verblieben somit maximal 160 neue Straßenbäume. Alle Angaben der Duisburger Erhebungen sind auf der städtischen Homepage nachzulesen.
Frage: Konnte eine Ermittlung zusätzlicher Baumstandorte nicht vom Bonner Amt für Umwelt und Stadtgrün mit ortskundigen Expert*innen gemeinsam mit dem Tiefbauamt durchgeführt werden? Möglicher Zeitgewinn und unnötige Ausgaben sollten in klammen Zeiten ein Thema – auch für Steuerzahler*innen – sein.
Eine Hürde scheint weiterhin die aktive Mitnahme der gesamten Bevölkerung für ein Gelingen des Klimaplans, u.a. wenn einige Politiker*innen den Klimaschutz nur zum Nulltarif angehen wollen. „Bonn im Wandel“ ergab bereits reichlich Ideeninput aus bürgerlichem Engagement und Aktionsbündnissen. Der Stadtrat hat im März 2023 zunächst einer Überprüfung der Umsetzung von 37 Aktionsplänen aus dieser Beteiligung zugestimmt. Man darf weiter (an)gespannt sein angesichts der Klima-Uhr, die bereits weit nach Zwölf anzeigt.
Das vorliegende Baumkonzept steht im menschengemachten Klimawandel daher im unscheinbaren Verhältnis zu Autobahnausbauten mit Baumfällungen, hektarweise innerstädtischen und umliegenden Betonversiegelungen, schädlichen Emissionen mit anschließend immensen Gesundheitseinbußen und -kosten. Falls politisch nicht verhindert, tendieren nicht nur die Bilanzen von Baum-Frischluft sowie gesellschaftlicher Stimmung in dauerhaft desaströs negative.
Öffentliche, wissenschaftliche Unterstützung sollte der Klimaschutz in Bonn auch von der Spitze einer zukunftsorientierten Exzellenz-Universität erwarten. Als UN-Stadt mit Sitz eines Klimasekretariats steht Bonn außerdem unter weltweiter Betrachtung. Fehlende oder schwache Kooperationen kippen zunächst „nur“ Punkte wesentlicher Säulen der einstigen Bundeshauptstadt mit bisher erfolgreichem Strukturwandel.
Es gibt keine Ausweichmöglichkeiten im Klimawandel – er betrifft längst die schuldlosen Ärmsten in einer „anderen“ Welt. Diese wird zunehmend unser Aller Lebensraum, wenn verantwortlich Entscheidende das Pariser Klimaabkommen von 2015 politisch, wissenschaftlich, verwaltungstechnisch, gesellschaftlich und auch persönlich nicht endlich sofort aktiv umsetzen.
Mehr urbane Bäume in Bonn sind eine gute Entscheidung; alte Bäume bedeuten jedoch den effektiveren Anteil im Stadtklima und sollten zukünftig höchste (Be)Achtung erfahren – als lebendige Nachbarschaft.
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