Nostalgie – Bestimmung der Gewässergüte in der Eifel

2. März 2023 | Esther & Andreas Reinecke-Lison, Nostalgie, Umwelt | 0 Kommentare

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Esther Reinecke-Lison


Alles Leben kommt aus dem Wasser. Diese viele Jahrtausende alte religiöse Weisheit ist mittlerweile nach der naturwissenschaftlichen Forschung belegt. Wasser erweist sich für den Menschen als absolut lebensnotwendige Ressource.

1992 wurde von der UNO der „Tag des Wassers“ ausgerufen, im Dezember 2003 zusätzlich die internationale Aktionsdekade „Wasser ist Leben“ 2005-2015 mit dem Ziel, die Anzahl der Menschen, die keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser und sanitärer Versorgung haben, zu halbieren. Für den Schutz der Gewässer, der Meere und dem Erhalt der Ökosysteme arbeitet auch die Bundesregierung in ihrer Zielsetzung stark mit der UN und dem Umweltprogramm der UN (UNEP) zusammen. Ein Monitoringsystem soll ab 2015 zusammen mit klimapolitischen Zielen verwirklicht werden, u. a. zur Verhinderung von Bodenerosion, Dürre, dem Raubbau der Wälder und somit der Einfluss auf den Wasserkreislauf. Mehrere internationale Flussgebietskommissionen mit grenzüberschreitender gemeinsamer Arbeit zum Schutz der Binnengewässer und Meere, an denen sich auch Deutschland beteiligt, verbinden die Gewässerschutzfragen auf der Ebene der UN. Jedoch begegnet uns in einem großen Teil der Erde nicht die Durchsetzung dieses von der UN als Menschenrecht anerkannte „Recht auf sauberes Wasser“, sodass der Zugang der Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Versorgung oft unmöglich wird. Die Verschmutzung der Gewässer bedeutet eine Belastung mit riesigen Mengen von chemischen Stoffen und Substanzen. Durch moderne Untersuchungsmethoden sind schon kleinste Mengen dieser Spurenstoffe nachweisbar.

Im Diplomstudiengang Agrarwissenschaften, Hauptfach Naturschutz und Landschaftsökologie, der Universität Bonn wurde mit dem limnologischen Gewässerpraktikum eine Umsetzung dieser Methoden praktiziert. 2010 wurden hierzu 3 Tage lang Untersuchungen zur Ermittlung der Gewässergüte im Sinne des Naturschutzes gemacht. Unsere Proben tätigten wir im Wüstebach in der Eifel, der kurz vor der belgischen Grenze entspringt. Ein großer Teil dieses Areals befindet sich im Naturschutzgebiet. Der Bach durchfließt Eichen-Hainbuchenwälder, aber auch Felsgebiete mit Schluchten und Ahorn-Eschen-Wäldern oder Sommerlinden. Der Pflanzen- und Tierwelt werden hier intakte Lebensräume geboten. Im Frühjahr wachsen hier u.a. Traubenholunder, Hainsimse und Orchideen. Entlang des Bachlaufes leben Luchs und Biber, in den Wäldern zeigen sich Rotmilan, Schwarzstorch und Uhu. Das Ziel des limnologischen Praktikums war, über verschiedene Parameter die Gewässerqualität und den aktuellen Zustand des Baches und seiner näheren Umgebung im Sinne des Naturschutzes zu erfassen.

Wir orientierten uns an der Methode, die auch bei der deutschlandweiten standardisierten Fließgewässerbewertung auf der Grundlage der EG-Wasserrahmenrichtlinie verwendet wird. Das Gewässer und sein Umfeld wurde in verschiedenen Gruppen in Bachabschnitten von 100 m bewertet. Das Bewertungsprofil umfasste den Bereich der Strukturgüte, der Wasserqualität über verschiedene physikalische (pH-Gewässergüte/02-Gehalt u.a.) und chemische Parameter (Messung der Schadstoffbelastung) und der biologischen Gewässergüte, hier durch Erfassung und Bestimmung des Makrozoobenthos (kleinste sichtbare wirbellose Gewässertiere), also über die Bestimmung der Saprobiensysteme anhand der Larven im Gewässer. Anhand der unterschiedlichen Sauerstoffverfügbarkeit für die einzelnen Arten der Lebensgemeinschaften der Makroinvertebraten und ihrem Vorkommen im Gewässer ist es möglich, Rückschlüsse auf den ökologischen Zustand zu ziehen. Sauerstoffdefizite von Gewässern werden anhand der Saprobiensysteme beurteilt. Verschiedene Arten des Makrozoobenthos treten demzufolge abhängig vom Grad der Verschmutzung auf. Auf diese Weise ist es möglich, für jede Art von Fließgewässer verlässliche Einschätzungen und Aussagen über die individuellen Merkmale zu machen.
Als Grundlage und Ausgangspunkt zur Bewertung gelten hier naturnahe, kaum anthropgen veränderte Flüsse. Nach Kolkwitz und Marson gibt es Leitsaprobienten, sogenannte Bioindikatoren (Zeigerorganismen), die 7 verschiedene Güteklassen (von unbelastet bis übermäßig verschmutzt) anzeigen und dort standörtlich heimisch sind. Hier kommt mit der nationalen Gewässerschutzkonvention (LAWA) als Grundlage das Perlodes-Verfahren bundesweit zur Anwendung. Zur Einschätzung bestimmter Reaktionen des Gewässers auf äußere Einflüsse (verstärkte Einbringung toxischer und gewässerbelastender Stoffe) sind vor allem solche Organismen als Indikatoren aussagekräftig, die umso sensibler auf die neuen Zustände reagieren. Das von der LAWA zu erreichende Güteziel ist die Güteklasse 2, d.h. ein möglichst naturnahes, ökologisches Gleichgewicht der Fließgewässer.

Wegen der starken Strömung und des günstigen Sauerstoffgehaltes des Wassers und der im Frühjahr vorherrschenden niedrigen Wassertemperaturen erweist sich das Makrozoobenthos im untersuchten Abschnitt als sehr artenreich. Kriebelmücken-, Köcherfliegen- und Steinfliegenlarven werden als Zeigerarten für Gewässergüten im Bereich 1 und 2 betrachtet. Äußerst empfindlich gegen organische Belastungen reagieren auch Lidmücken und Bachflohkrebse. Als weiteren Indikator für anthropogene Einflüsse (Landwirtschaft, Veränderung der Flußstruktur und -morphologie, industrielle Abwässer, aber auch Gewässerverbau) sind Eintagsfliegen-Arten zu nennen. Die Strukturgüte wurde anhand eines Bewertungsbogen des VDG (Vereinigung Deutscher Gewässerschutz e.V.) dokumentiert und umfasste verschiedene Kriterien, wie z.B. Natürlichkeit und Verlauf der Aue sowie die Gewässersohle. Die Auswertungen der Zustandserhebung aller Parameter, die sich als Mittel aller Probepunkte ergaben, haben insgesamt ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis in der Bewertung des Wüstebachs erbracht. Da entsprechend der Vorgaben der EG-Wasserrahmenrichtlinie ein Qualitätsziel von „gut“ zu erreichen war, ergab sich mit dem Gesamtsaprobienindex von 1,48 als Mittel aller Probepunkte, der Wasserqualitätsklasse zwischen1-2 und der im Schnitt guten Strukturanalyse, ein durchaus positives Ergebnis. Der Wüstebach zeigte sich in seiner hier vorhandenen Ursprünglichkeit als eine vom Menschen weitestgehend unbeeinflusste Zone, die den Ökosystemen und ihren Lebensgemeinschaften Freiraum in ihrer Entwicklung bewahrt.

Wenn der Bach bachabwärts aus dem Wald heraustritt, begegnen uns verstärkt anthropogene Einflüsse. Anzuraten wäre hier die Förderung einer naturnahen Bewirtschaftung der Gewässerrandstreifen und der Ufervegetation. Hinsichtlich der Nutzung der Aue wären negative Einflüsse, die durch das Einzugsgebiet des Menschen (Bebauung etc.) bedingt sind, zu vermindern. Es wäre wichtig, in Gewässernähe weiteren Siedlungsausbau entgegen zu wirken. Dabei sollte man im Sinne des Umweltschutzes rechtliche Möglichkeiten zur Einschränkung anthropogener Einflüsse, stofflicher Belastungen und anderer schädigender Vorkommen für das gesamte Flussgebiet soweit wie möglich ausschöpfen. Da am unteren Bachverlauf noch keine Renaturierungen stattgefunden hatten, wäre auch hier das Entfernen standortfremder Vegetation geboten und eine Verringerung der Intensität von Düngungs- und Kalkungsmaßnahmen. Dies ist v.a. erforderlich zur Vermeidung der Einträge von Nährstoffen und der Gefahr von Euthrophierungsquellen. Die Errichtung gewässerbegleitender Biotope im unteren Bachverlauf als Naturschutzziel sollte ebenfalls angestrebt werden und der Auencharakter dieser schönen und lebendigen Flüsse bewahrt werden.

Erschienen in der BUZ 3_15

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