Stimmen aus der Bevölkerung zur Halbzeit der Bonner Wahlperiode (2020 – 2025)

26. Juni 2023 | Ausgabe 3 / 2023 Halbzeit im Bonner Rat, Gesellschaft, Leserbriefe | 0 Kommentare

Halbzeit im Bonner Rat

Ziemlich exakt zum Erscheinen dieser BUZ-Ausgabe hat der im September 2020 gewählte Bonner Stadtrat seine Halbzeit. Zum Schwerpunktthema „Halbzeit im Bonner Rat“ haben wir eine Online-Umfrage zur Zufriedenheit mit der Arbeit des Bonner Rates, der Koalition oder der Opposition durchgeführt.
Bis zum Redaktionsschluss erreichten uns die Kommentare auf dieser Seite [Anm. ggf. von Red. gekürzt] über die Webseite oder direkt per Mail ins Ökozentrum Bonn, Herausgeber unserer Zeitung für Umwelt und Politik in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis. Per online konnten die Kommentator*innen auf der Webseite bonn-waehlt-nachaltig.de ansehen, wie unsere gewählten Repräsentanten beispielsweise die Klima- und Verkehrswende im Koalitionsvertrag bedacht hatten.


Hallo zusammen,
jetzt habe ich endlich mal die Gelegenheit, an seriöser Stelle meinen Unmut zu äußern. Ich bin diesbezüglich stark geladen und hoffe, mich nicht im Ton zu vergreifen.
Es war für uns alle eine Überraschung, als im Jahre 2020 ein „Machtwechsel“ im Bonner Rat stattfand. Nach der Überraschung kam die Hoffnung auf die Verkehrswende und viele Veränderungen bezüglich eines menschlicheren Bonns.
Zum aktuellen Beispiel „Uni trifft City“. Völlig unüberlegt wird meiner Meinung nach hier etwas durchgepeitscht, weil es der Wille der Koalition ist. Radwege in beide Richtungen oder Fußgängerzone (priorisiert), oder alles lassen wie es ist in der Rathausgasse/Am Hof?
Anstatt erst einmal eine anstehende Verkehrsanalyse abzuwarten werden hier Tatsachen geschaffen: vgl. Ratssitzung am 23. März
Dabei wird sogar die Bushaltestelle „AM MARKT“ mit knapp 1000 Bussen am Tag von einem GRÜNEN Ratsmitglied, welches auch im Aufsichtsrat der SWB sitzt, herunter geredet.
Es sind natürlich auch Erfolge zu verbuchen! Umweltspuren, Radwege und das autofreie Rheinufer und vieles mehr sind ein guter Weg in Richtung Verkehrswende.
Gerade an die GRÜNEN kann ich nur appellieren, kommt runter von eurem offensichtlich hohen Ross und nehmt die Bonner*innen mit ins Boot. Sonst gibt es 2025 ein böses Erwachen.
Und damit meine ich nicht eure Wahlniederlage, sondern das Risiko, die Verkehrswende abrupt zu beenden.
Mit freundlichen Grüßen
M.K.


Ich denke, die neue Regierung macht eine gute Arbeit! Noch besser wäre sie, wenn die Bürgerbeteiligung noch besser wäre.
Ich denke, die Frau Dörner bezieht die Bonner und Bonnerinnen nicht genug mit ein! Obwohl sie das im Wahlkampf versprochen hat! Denn mancher der Bürger kennt sich in seinem Viertel besser aus als die Politik!
Leider, so denke ich, zieht die Verwaltung da nicht richtig mit! Immer wieder lese ich über Pannen und Unfähigkeiten.
Alle sollen sich mal darüber klar werden, dass sie von uns Bonnern und Bonnerinnen bezahlt werden.
J. A.


Für den Bahnhofsvorplatz kann die Koalition ja nichts, das waren die Vorgänger bis 2020. Waren da nicht die GRÜNEN mit im Rat?
Bei den Radparkplätzen ist, besonders in der Südstadt schon einiges geschehen. Die Autoparkplätze nehmen ab, das ist gut so. Autos gehören nicht auf den Bürgersteig. Wenn Parkraum zur Verfügung steht, soll dieser gebührenpflichtig sein, das Geld muss in Bus und Bahn fließen.
Umweltspuren werden eingerichtet, aber das was in Endenich gebastelt wurde, ist nicht erträglich. […]Schwerer Verbesserungsbedarf.
[…] Das Sperren des City-Ringes ist gut, Autos müssen aus der Innenstadt verschwinden. Vor dem Bahnhof ist noch Bedarf, die Autos fahren auf der Bus- und Radspur, die kommen durch die Unterführung; die auch dicht machen!
Bei den Autobahnen kann die Stadt nichts machen.
Beim Stadtgrün hält es sich die Waage zwischen Bauen und Naturerhaltung.
Das Bauen läuft in eine ungünstige Richtung: Zuviel Gewerberaum, viel zu wenig Sozialwohnungen.
Alles in allem ist das von der Koalition gemachte befriedigend. Es könnte alles mehr durchdacht werden, es ist zu sehr Flickenteppich.
Strengt Euch in den nächsten zweiundeinhalb Jahren mehr an.
K. D.


Also, der gekappte City Ring ist ja das Letzte, warum hat man den denn nicht gelassen?
Die Innenstadt ist doch sowieso tot! Jetzt noch mehr Fußgängerzone gegenüber der Uni ist ja wohl unmöglich. Dass da überhaupt Leute sitzen, die im Abgas der Busse ihren Café trinken oder die Fritten essen. Warum hat man nicht alles so gelassen, wie es war. War doch jahrzehntelang gut!
Und vor dem Bahnhof weiß ja eh keiner mehr, wer wo fahren darf, und die Busse drängen einen immer ab, obwohl ich Vorfahrt habe. Nee, so bitte nicht, Bonn muss Autofahrergerechter sein, sonst kaufen alle woanders ein.
Entschuldigung, ich muss mich immer so aufregen, wenn ich nur daran denke!
A. R.


Die Innenstadt ist nicht tot! Schau mal in die Friedrichstraße, was da für tolle Geschäfte sind, und wie lecker da gegessen werden kann! Na ja, die anderen Straßen hätten es schon nötig! Und die Wesselstraße könnte schon aufgewertet werden. Aber die Rathausgasse zur Radrennbahn zu machen ist wohl Nonsens.
Die Stadt täte gut daran, sich vom Fahrrad und deren starken Verbänden zu trennen, oder mindestens die weiteren Verkehrsteilnehmer*innen mit zu beachten. Denn wer da manchmal auf seinem Rad durch die Fußgängerzone brettert, das ist nicht mehr zu tolerieren. Durch den Radentscheid sind die Fahrrad-Verbandsvertreter*innen auf einem so hohen Ross (nee Rad), dass sie meinen sie könnten sich alles erlauben. Sagt einer, der in der Fußgängerzone angefahren wurde von einem Rad.
M. L.


Es gilt, die beiden großen Krisen unserer Zeit auch auf kommunaler Ebene zu bewältigen: die Klima- und die Biodiversitätskrise.
Die Bonner Konzeptpapiere dazu lohnen angesichts der Praxis seit über zehn Jahren bis heute keine Bewertung; sie wäre verheerend. Bei Projekten, die dem Klima dienen sollen, legt die Koalition schon mal Scheuklappen an und setzt sie trotz verträglicherer Alternativen auf Kosten der Biodiversität um (Radschnellwege) oder verwässert Initiativen (Schutz von Straßenbäumen).
Selbst elementare Hilfen für die Bonner Naturschutzgebiete benötigen Bürgeranträge. Das wären immerhin kleine Fortschritte, doch auch deren Umsetzung steht noch in den Sternen. Artenschutz scheint insgesamt kaum ein Thema; bei Bauvorhaben akzeptiert auch die Koalition selbst die schlechtesten Gutachten trotz Hinweisen auf ihre Mängel und nimmt weitere Verluste nicht nur bei geschützten und gefährdeten Arten in Kauf (Kennedyallee 62-72; Deichmanns Aue…).
Selbst die absurdesten Projekte werden nicht gestoppt (Rheindorfer Bach). Die Verweigerungshaltung der Verwaltung bei zahlreichen Artenschutzthemen bricht auch die Koalition nicht auf. Einzig bei den Linken kann gelegentliches Aufmerken registriert werden, was aber in der Koalitionsräson untergeht. Das Ganze wird nicht dadurch besser, dass die Opposition ihre noch unzeitgemäßere Gesinnung hinter ihren Widerworten kaum verbirgt. Fazit: Den Knall hat in Bonn noch niemand wirklich gehört.
H. H.


Es ist gut, dass das Thema Verkehrswende in Bonn an Bedeutung gewonnen hat. Nach der Halbzeit dieser Ratsperiode kann jedoch nicht übersehen werden, dass es an vielen Stellen erheblich knirscht, weil ein Gesamtkonzept fehlt. Ebenso fehlt eine Kommunikationsstrategie, um alle Bürger*innen bei der notwendigen Verkehrswende mitzunehmen. Statt einer Gesamtbetrachtung wurde ein Flickenteppich punktueller Einzelmaßnahmen realisiert, die sich zum Teil sogar kontraproduktiv im benachbarten Straßennetz auswirken, bzw. bisher nicht die erhofften Wirkungen gebracht haben (Umweltspuren, Viktoriabrücke).
Was fehlt, ist ein neuer Verkehrsentwicklungsplan, der die Ziele der Verkehrswende für alle Verkehrsträger gleichermaßen neu definiert und verständlich macht.
Die intensive und bevorzugte Beteiligung einer einzelnen Lobbygruppe kann ein mit allen gesellschaftlichen relevanten Gruppen entwickeltes neues zukunftsfähigstes Mobilitätskonzept nicht ersetzen. Die bisherige Vorgehensweise führt nach meiner Wahrnehmung zu einer verstärkten Polarisierung der Stadtgesellschaft: auf der einen Seite die privilegierte Radverkehrslobby, auf der anderen Seite diejenigen, die zum Auto keine Alternative haben oder sehen, die Anwohner die durch Hupkonzerte im Stau stehender genervter Autofahrer*innen zusätzlich belästigt werden, die ÖPNV-Nutzenden die Fahrzeitverlängerungen und Verspätungen in Kauf nehmen müssen, die unsicheren Radfahrenden, die sich durch Busse auf Umweltspuren bedrängt fühlen,die Fußgänger*innen, die sich „am Ende der Nahrungskette“ sehen, sowie diejenigen, die sich für den Erhalt der Biodiversität einsetzen (Radschnellwege in der Rheinaue).
Sollte die bisherige Strategie der schnellen Erfolge zugunsten des Radverkehrs mit bewusster Inkaufnahme von Folgeproblemen fortgeführt werden, droht die Gefahr, dass bei der nächsten Kommunalwahl diejenigen Bürger*innen, die nicht mit ins Boot genommen wurden, die Verkehrswende stoppen.
[…] Seit einem Jahr wird die in unmittelbarer Nähe zum touristischen Magneten August Macke Haus gelegene Viktoriabrücke mit grellen Plastikschrott verschandelt. Das von der Radfahrlobby gefeierte Provisorium hat sich sehr schnell als ein künstlich geschaffener Gefahrenpunkt im Kreuzungsbereich mit der Bornheimer Straße erwiesen. […] Die Offenlage des Planfeststellungsverfahrens für die Rampe[Anm. Red. Verbindung Viktoriabrücke mit Thomastraße] kann noch immer nicht durchgeführt werden, weil die Stadt noch nicht alle für das Verfahren notwendigen Unterlagen geliefert hat. So wird eine Klärung der Förderfähigkeit in dieser Wahlperiode höchstwahrscheinlich ausbleiben und erst der neue Rat nach der Kommunalwahl 2025 über die endgültige Ausgestaltung der Viktoriabrücke entscheiden.
Das Hinauszögern der Fertigstellung der Rampe an der Viktoriabrücke hat zur Folge, dass nun auch die Verkehrsentlastung der Bornheimer Straße in den Sternen steht. So verwundert es nicht, dass sich das als Verkehrsberuhigung verkaufte Masterplanprojekt bei genauer Betrachtung als eine nicht mehr zeitgemäße autogerechte Hauptverkehrsstraßenplanung mit einer durchgängigen Fahrbahnbreite, die weiterhin Tempo 50 ermöglicht, erweist. Eine Verkehrsberuhigung ohne Verkehrsberuhigungselemente, keine Spur von den im Klimaplan aufgeführten und dringend gebotenen Maßnahmen zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs, trotz parallel zum Klimaplan laufender Neuplanung; keine durchgängige von der Oberbürgermeisterin propagierte Gehwegmindestbreite von 2,5 m, keine Maßnahmen, die das flächige sichere Queren der Fahrbahn begünstigen, keine Gehwegnasen, die die zu querende Fahrbahnbreite reduzieren, keine Sitzgelegenheiten und Wasserspender, keine Verbesserung der fussläufigen Erreichbarkeit der Bushaltestellen, zirka 100 m von den Bushaltestellen entfernte Zebrastreifen sollen genügen! Dieser den Anforderungen des Klimaplans nicht genügende autogerechte Ausbau wird wegen der Förderbindung für Jahrzehnte festgeschrieben.

Das Projekt Bornheimer Straße zeigt auch, dass die Notwendigkeit des klimaresilienten Stadtumbaus noch nicht in der Stadtverwaltung angekommen ist. Da wurde seitens der federführenden Fachverwaltung über Monate mit einem intensiven Zeit- und Personalbedarf gegen die von Anwohnern gewünschte Umwandlung zweier Stellplätze und der Verlagerung von drei Fahrradbügeln zugunsten von Entsiegelung und Begrünung gekämpft. Dies wohlgemerkt, während zeitgleich baustellenbedingt mehrere Dutzend Stellplätze entfallen sind, die anscheinend klaglos von den Anwohnern hingenommen wurden.
Ein solches Vorgehen der Verwaltung konterkariert die politischen Ziele der Verkehrswende, schadet der Glaubwürdigkeit von Politik und Verwaltung sowie der Akzeptanz der Verkehrswende in der Bevölkerung.
H. K.

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