Mit Rücksicht auf Natur und Mensch Planen-Bauen-Wohnen

8. September 2022 | Nachhaltigkeit, Energie, Gesellschaft, Ökologie, Ralf Wolff | 0 Kommentare

Ökologische Wohnraumbeschaffung und -ertüchtigung

Ralf Wolff

In den letzten zehn Jahren ist die Einwohnerzahl von Bonn um zirka 10.000 Einwohner auf 318.602 (31.12.2011) gestiegen. Aufgrund des Strukturwandels nach dem Bonn-Berlin-Beschluss ist ein Großteil dieser zugezogenen Neubonner meistens in gut bezahlten Arbeitsstellen tätig und wünscht sich entsprechend qualitativ hochwertigen und nach den neuesten Energiestandards erstellten Wohnraum. Die Siedlungsfläche auf dem Bonner Stadtgebiet ist durch eine Vielzahl von Natur- und Landschaftschutzgebieten begrenzt. Da hinein können kaum noch Neubaugebiete erschlossen werden. Die Strategie der Innnen- vor der Außenentwicklung sieht das Baugesetzbuch auch ausdrücklich vor. Im Altbestand Wohnraum zu mobiliseren und zu ertüchtigen und auch Baulücken zu schließen ist demnach vorrangig. Heutzutage treffen viele Interessen aufeinander. Umweltschutz betrifft uns alle. Eine umfassende Bürgerbeteiligung ist selbstverständlich, um eine große Akzeptanz für die baulichen Veränderungen in der Nähe unserer Wohnorte zu erreichen. Umweltschutzbelange können den Veränderungen im Laufe des Verfahrens jedoch auch deutliche Grenzen aufzeigen.

Die Bonner Bevölkerung ist in den letzten zehn Jahren um knapp zehntausend Einwohner gestiegen. Auf der im Verhältnis zur Einwohnerzahl kleinen Fläche ist es kaum noch möglich Neubaugebiete zu entwickeln. Zirka ein Drittel des Stadtgebiets ist auch dem Landschafts- und Naturschutz gewidmet, was es zu beachten gilt.

Innenentwicklung vor Außenentwicklung

Die grüne Stadt Bonn zu erhalten und dennoch genügend Wohnraum bereitzustellen erfordert die Entwicklung der schon bebauten Flächen und betrachtet eine Ausweitung der Siedlungsfläche erstmal als nachrangig. Die Bebauung bestimmter Flächen erfolgt dann über einen Abwägungsprozeß im Rahmen
der Bauleitplanung, wenn der Stadtrat dies einleitet. Seit zirka 15 Jahren ist es dem Stadtrat mit dem sog. vorhabenbezogenen Bebauungsplan möglich mit Hilfe von Investoren eine Fläche zu entwickeln. Dieses Bauleitplanverfahren weicht insofern von den ‘normalen Bauleitplanverfahren’ ab, da der Investor und nicht die Stadt dieArbeiten zur Aufstellung des Plans vornimmtalso auch prüft, ob und inwiefern die Schutzgüter Boden, Klima/Luft, Pflanzen, Tiere, etc. von der Baumaßnahme betroffen sind. Die meisten Investoren streben nach einem Maximum an verkaufbarer oder vermietbarer Fläche – das liegt ja auf der Hand. Die Stadtentwicklungsplaner haben schließlich die Aufgabe alle relevanten und vorgebrachten Belange abzuwägen und dabei auch zu prüfen, ob etwa der Investor seine Interessen bedienende Gutachter bestellt hat. Für den Stadtrat wird dann ein der nachhaltigen Stadtentwicklung gerechter Bebauunngsplan zur Verabschiedung vorbereitet. Im Gespräch mit dem Stadtplanungsamt haben wir nachgefragt, was diesen Abwägungsvorgang ausmacht, damit Umweltbelange auch Berücksichtigung finden. Ein aktuelles Beispiel bietet hierzu der vorhabenbezogene Bebauungsplan auf dem Gelände des ehemaligen Streitkräfteamts an der Deutschherrenstraße in BadGodesberg Die Stadtverwaltung ist im
Großen und Ganzen mit der Berücksichtigung der Umweltbelange einverstanden. Jedoch merkt sie an, dass von den 79 meist unter die Baumsatzung fallenden Bäumen nur fünf erhalten werden können. Wenn ein Maximum an Wohnraum geschaffen werden soll, dann ist man verpflichtet Stellplätze nachzuweisen, was oft zulasten des Natur- und Baumschutzes geht. Ein Beispiel für die Aufstellung eines ‘städtischen’ Bebauungsplans erfolgte 2005 mit der Ausweisung eines Neubaugebiets im Ortsteil Hochkreuz in der Nähe der Rheinaue. Hier bot sich zum einen durch die festgesetzte Nordost- / Südwestausrichtung der Bauzeilen eine gute Nutzung von Solarenergie (s. Solardachkataster). Überdies konnten auch geothermische Anlagen vorgesehen werden, teilte ein Neubonner mit. Sofern das Baulandkataster noch bebaubare Grundstücke ausweisen kann, böten sich dort auch Neubauten in Passivhausbauweise an. https://bonnerumweltzeitung.de/passivhaeuser/ Nach Auskunft des Passivhaus-Instituts gibt es derzeit 26 davon in Bonn. Aus dem Anspruch Innenentwicklung vor Außenentwicklung ergibt sich insbesondere die Schließung der Baulücken. Wofür
sich dann natürlich nicht nur die Passivhausbauweise, sondern auch Holzhäuser anbieten. Mit einem Holzhaus lässt sich das Bauen am besten in den ökologischen Kreislauf der Natur einfügen. https://bonnerumweltzeitung.de/holz-als-baustoff-erfreut-sich-wachsender-beliebtheit/

Wohnraumbeschaffung im Altbestand

Aus Sicht des Stadtplanungsamts Bonn ist auch die Mobilisierung von Wohnraum im Altbestand anzustreben. Durch Umzüge von zum Beispiel älteren Leuten, die zuvor eine Wohnung bewohnten, welche ihren Lebensumständen (z.B. mobilitätseingeschränkte Personen) nichtmehr genügte, kann Wohnraum bereitgestellt werden.
Durch Aus- und Umbauten kann zudem weiterer Wohnraum geschaffen werden, ohne weitere Fläche in großem Maße zu versiegeln. Werden durch diese Baumaßnahmen jedoch besonders geschützte Tiere (z.B. Fledermäuse) oder Pflanzen (z.B. unter die Baumsatzung fallend) beeinträchtigt, sollte vor Ort und nicht vom grünen Tisch aus beraten werden, was zu beachten ist.

Ökologische Wohnraumertüchtigung

Aus ökologischer Sicht ist es natürlich am besten, wenn der Altbestand vor seiner Weitergabe an Neu- und Altbonner energetisch saniert wird und darüber hinaus auch andere ökologische Maßnahmen (Begrünung, Zisterne, etc.) vorgenommen werden. Das A und O bei diesen Maßnahmen ist, den Sanierungsmaßnahmen einen Fahrplan “voranzustellen”. So lässt sich erkennen, wie man schon mit kleinen, kostengünstigen objektbezogenen Maßnahmen eine große Wirkung erzielen kann.
Größere Maßnahmen kann man mit diesem “objektbezogenen” Sanierungsfahrplan ggf. für später vorbereiten. Eine Förderung durch öffentliche Gelder ist ja nicht in jedem Fall der günstigstWeg. Schließlich setzen die üblichen Förderprogramme hohe Standards, deren Erfüllung eingehalten werden muss. Hohe Standards zeigen am eigentlichen Förderobjekt nicht immer sofort die erwarteteWirkung und die Amortisierung hängt stark von der Enwicklung der Brennstoffpreise ab.
Die beim Bauen verwendeten Materialien sind, ob aus dem Baumarkt oder vom Händler für ökologische Baustoffe nicht schadstofffrei. Letztere minimieren aber das Risiko, dass man jahrelang ‘unerwünschte Mitbewohner’ in seinerWohnung hat.

Fazit

Das Bonner Baulandkataster weist kaum noch bebaubare Grundstücke für Neubauten aus. Folglich geht es darum das Potential an gewünschtem qualitativ hochwertigen und am ökologischen Maßstab orientierten Wohnraum durch Aus-, An- oder Umbauten oder Flächenrecycling zu schöpfen. Das erfordert zum Beispiel eine Aktualisierung der Bauleitpläne um den Umweltbericht, welcher bei älteren Bauleitplänen noch nicht üblich war. Eine umfassende Bürgerbeteiligung – nicht nur zu Flächen mit modernen Bauleitplänen (Bebauungsplan plus Umweltbericht), sondern auch die umfassende Einbindung der Nachbarschaft zu Flächen ohne Bebauungsplan oder bei Flächen mit Bebauungsplänen älteren Datums- kann zu einer größeren Akzeptanz hinsichtlich der baulichen Veränderungen bei Neu- und Altbonnern aus Okzident und Orient führen.

Das Beitragsbild zeigt den Bonner Bahnhofsvorplatz als Zeichen einer völlig daneben liegenden Stadtplanung. Foto wie immer Jürgen Huber

 

 

 

 

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