Dr. Manfred Fuhrich
„Die Güte des Puddings erweist sich nicht im Kochbuch sondern im Essen“ (Aldous Huxley).
Diese philosophische Einsicht ist nicht nur auf die kulinarischen Momente des Lebens beschränkt. Sie gilt auch für Programme, insbesondere Parteiprogramme, genauso für kommunale Aktionsprogramme. Es ist gut, dass es einen „Klimaplan 2035“ der Stadt Bonn gibt. Noch besser ist es, wohlfeile Überlegungen zum Klimawandel nicht nur durch kommunale Beschlüsse zu weihen, sondern sie in umsetzbare und überprüfbare Maßnahmen zu überführen. Die Rettung des Klimas erfordert Aktionen, nicht Dokumente.
Nur eine Ideensammlung?
Deshalb ist es zu begrüßen, dass in einem bürgerschaftlichen Prozess eine umfangreiche Ideensammlung entwickelt worden ist. Nun hoffen wir auf praktische Umsetzung. Um im kulinarischen Bild zu bleiben: Die Stadt Bonn hat das Menü, der Klimaaktionsplan hat dazu die Speisen und Zutaten benannt. Ist das denn auch genießbar? Sind die Zutaten alle verfügbar, gibt es etwa Lieferengpässe oder Kostverweiger* innen?
Aufmerksamkeit verlangt die dröge Mitteilung der Verwaltung, die Ideensammlung der engagierten Bürger*innen zu „prüfen“. Es ist ihre Aufgabe, Ratsbeschlüsse in förmliche Verfahren umzusetzen. Das bedeutet aber noch nicht Umsetzung im Sinne: es ist in der Wirklichkeit angekommen. Noch mehr gilt dieser Vorbehalt bei Ideen und Forderungen aus der Bürgerschaft. Erfahrungen mit Bürgeranträgen in den Ausschüssen des Rates stimmen eher skeptisch. Nun ist zu hoffen, dass gerade diesem aufwendigen Verfahren eine höhere Akzeptanz und ein sicherer Erfolg zuteil wird.
Was ist „Erfolg“?
Die Prüfung der Stadtverwaltung allein ist es noch nicht. Zumindest, wenn sie so allgemein „ergebnisoffen“ formuliert wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass so manche guten Vorschläge sich an der Realität reiben, selbst die, die bei allen kommunalen Akteur*Innen auf Unterstützung rechnen können. Doch was sind die Grenzen der Realität und wer setzt sie? In erster Linie sind es zwei „Realitäten“: die Gesetze und die Finanzen. Auf Bundesebene erfahren wir täglich über die Medien, wie dies für Ärger sorgen kann. Nicht vergessen: Gesetze und Finanzmittel sind menschengemacht, nicht nur der Klimawandel.
Nun gibt es noch eine dritte „Realität“. Erraten: die Bürger*Innen. Bei allem Respekt vor der Leistung der Mitwirkenden in dem bürgerschaftlichen Gremium. Was diese engagierte Gruppe entwickelt hat, muss sich nicht als mehrheitsfähig bei den Bürger*Innen erweisen. Deshalb war es aus gutem Grund kein Entscheidungsorgan der Stadt, sondern es hatte nur beratende Funktion. Veränderungen, die eine „bessere Welt“ in Aussicht stellen, sind erwünscht, aber auch umsetzbar? Auch hier hat Adous Huxley Recht: „Den Fortschritt verdanken die Menschen den Unzufriedenen.“
Was ist „Fortschritt“?
Aber Achtung: nicht jede Unzufriedenheit fördert den gesellschaftlichen Fortschritt, was uns die Umfragewerte für die nächsten Wahlen vorführen. Doch was ist „Fortschritt“? Gibt es Fortschritt für alle, auch für die, die mit dem aktuellen Zustand zufrieden sind und eher Furcht vor Veränderungen haben. Einige erwarten tatsächlich Nachteile. Denn jede Veränderung erzeugt Gewinner und Verlierer. Wie damit umgehen?
Die aktuelle Debatte um das sogenannte „Heizungsgesetz“ zeigt, wie schmal der Grad zwischen guten Ideen und notwendigen Beiträgen zur Herausforderung des Klimawandels einerseits und Bereitschaft der Bürger* Innen zur Akzeptanz der Konsequenzen im Einzelfall andererseits ist. Alle sind laut Umfragen für mehr Maßnahmen zum Klimawandel, aber wenn es konkret wird, formieren sich Widerstände und nehmen irrationale Dimensionen an.
Chancen nutzen
Bonn hat gute Voraussetzungen die Auswirkungen des Klimawandel lokal abzuschwächen: eine gewendete Stadtratsmehrheit, eine anspruchsvolle Agenda für die Stadtverwaltung, eine wache Bürgerschaft. Doch auch die Rahmenbedingungen haben sich verbessert. So ermöglicht die Reform des Straßenverkehrsgesetzes mehr Kompetenz der Städte, zum Beispiel bei der rechtssicheren Umsetzung von Tempo-30-Beschränkungen. Auch kommunale Solarinitiativen werden durch bundeseinheitlich günstigere Rahmensetzungen verbessert, zum Beispiel dadurch, dass für Investitionen in Solaranlagen die Mehrwertsteuer entfällt.
Nutzen wir die aktuellen Chancen. Lassen wir die Vorschläge der vorbildlichen Arbeit von „Bonn4Future“ Wirklichkeit werden. Wir alle sind gefordert; nicht nur der Stadtrat, nicht nur die Verwaltung, nicht nur die Unternehmen in Bonn. Jeder und jede sind verantwortlich und können einen Beitrag leisten. Na los!
Mehr von Dr. Manfred Fuhrich |
0 Kommentare