Leitartikel zum Schwerpunkt Klimanotstand

29. Juli 2020 | Ökologie, Ausgabe 4 / 2020 Klimanotstand, Ralf Wolff | 0 Kommentare

Das Klimabewusstsein fängt an

Angestoßen durch die Fridays-for-Future-Bewegung haben vielerorts in Deutschland die Stadtoberen von Politik und Verwaltung Resolutionen zum Klimanotstand angenommen. Die Stadt Konstanz war mit unter den ersten Städten, die dem Klimaschutz höchste Priorität einräumt. Dass der Weg zur klimaneutralen Stadt uns viel abverlangt, steht außer Frage. Zu nennen sind nachhaltiger Lebensmittelkonsum, CO2-arme Mobilität sowie effizientes Wohnen.  Sind wir dazu bereit? Wir sollten!

Tanja Schulz und Ralf Wolff

Der aus dem im letzten Jahr ausgerufene Klimanotstand von Politik und Verwaltung hervorgegangene Maßnahmenkatalog kommt nur mühsam in die Umsetzung Richtung klimaneutrales Bonn 2035.

„Ein symbolischer Akt, dem Taten folgen müssen“, so Ashok-Alexander Sridharan, Oberbürgermeister der UN-Klimastadt Bonn am 4. Juli 2019. Wie die Parteien die Verkehrswende verstehen und welche Taten bisher erfolgt sind, lesen Sie in dem Kommentar zur Chronologie der verkehrspolitischen Entscheidungen in Bonn.

Die Stadt Bonn hat einiges unternommen, um die Zielmarken auf dem Weg zur Klimaneutralität 2035 zu erreichen – zum Beispiel die Einführung eines Fahrradverleihsystems oder die Installation der Solaranlage an der Kennedybrücke im Mai 2011 (s. Foto). Nach unseren Recherchen gehört sie allerdings gar nicht der Stadt, sondern die Stadt hat lediglich dem Betreiber eine Erlaubnis erteilt, seine Anlage dort zu installieren. Reicht das aus? Es muss noch mehr passieren.

Zum einen besteht Uneinigkeit zwischen Verwaltung als Auftragnehmerin der Politik und den zivilgesellschaftlichen Umweltengagierten über die Vollständigkeit und Abgrenzbarkeit der Maßnahmenbündel. Des Weiteren ist unklar, wieviel den Politiker*innen die klimaschutzrelevanten Investitionen in die Anpassung des städtischen Lebensumfelds an die Auswirkungen des Klimawandels wert sind. Unser Doppelinterview auf den Seiten 4 bis 5 mit der AG Klimanotstand der Fridays for Future und Parents for Future sowie dem Leiter der Leitstelle Klimaschutz des Umweltamts Bonn, Joachim Helbig, vermittelt Ihnen einen Eindruck des Wechselspiels zwischen Politik und Zivilgesellschaft mit der Verwaltung als Vermittlerin. Unser Autor Andreas Huckschlag blickt mit einem Kommentar auf die Antworten.

Im Herbst finden die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen statt. Der künftige Bonner Stadtrat kann ab Oktober dieses Jahres dank der novellierten Straßenverkehrsordnung (StVO) vieles für die Stärkung des Umweltverbunds auf den Weg bringen.

Die neue StVO eröffnet zum Beispiel die Möglichkeit, Fahrradzonen einzurichten. Wo ist das in Bonn schnell und bestenfalls möglich? Natürlich auf den Campi der Universität Bonn. Unsere Gastautorin Valeska Decker arbeitet an der Universität Bonn und berichtet von ihren Erfahrungen, die Klima- und Verkehrswende dort umzusetzen. Wir brauchen mehr Radwege und weniger Autos. Die Novelle in der Straßenverkehrsordnung macht allerdings Hoffnung auf Änderung.

Die vielen Milliarden Euro, die die Wirtschaft in Deutschland nach dem Corona-Lockdown wieder in Schwung bringen sollen, wären sehr gut angelegt, wenn sie in klimafreundliche Maßnahmen flössen. Doch von einem umfassenden sozialökologischen Aufbruch ist in dem jüngst vorgestellten Eckpunktepapier der Bundesregierung wenig zu spüren. Dabei sind anders als bei der Coronabekämpfung alle Handlungsoptionen bekannt und können sofort in Angriff genommen werden. Unsere Autorin Susanna Allmis-Hiergeist nimmt die Maßnahmen unter die Lupe und macht hier Vorschläge für die Wende. Die Zivilgesellschaft ist bereit durch engagierte Projektarbeit Impulse für Selbstläufer Richtung klimaneutrales Bonn zu setzen.

Auch COVID-19 hat uns wochenlang in Atem gehalten und es scheint noch nicht vorbei zu sein. Einen (scheinbar) positiven Nebeneffekt hatte die Quarantäne von Millionen Menschen dann aber doch: Die Natur atmete durch und Meeresbuchten waren plötzlich glasklar. Smogwolken über Ballungsräumen verschwanden und NASA-Satelliten hatten freien Blick auf die Erde. Was dran ist an der Begleiterscheinung des Shutdowns, unterlegt Kathrin Schlüßler in ihrem Artikel mit Studiendaten und NASA-Aufnahmen.

Die Freiflächen in Bonn (Meßdorfer Feld, Rheinaue, …) tragen nicht unerheblich zur Abkühlung des Bonner Talkessels bei. Unser Reporter Jürgen Huber war wieder in Bonn unterwegs und lädt Sie zu einem Spaziergang über diese Kaltluftentstehungsgebiete ein. Lernen Sie die Geschichte und Geschichten um die beiden größten Freiflächen Bonns kennen und  die Gefahr, der sie durch Begehrlichkeiten der Politik ausgesetzt sind.

Dass es nicht immer ein klassischer Artikel sein muss, hat sich unser Autor Ingo Heseler gedacht. Er sammelte und bildete insgesamt 328 Begriffe, welche direkt oder indirekt mit der globalen Klimakrise und dem Bonner Klimanotstand zusammenhängen. Aus ihnen entwarf er seine Wortwolke.

Der Klimawandel betrifft uns alle. Und darum sollten wir aktiver werden, bevor die Zerstörung zu groß und die Kosten zur Regenerierung nicht mehr überschaubar sind.

Mit unserer Artikelauswahl geben wir nur einen kleinen Einblick in die möglichen Perspektiven von Stadt und Zivilgesellschaft. Mit dieser Auswahl bieten wir Ihnen Unterstützung darin, zu verstehen, wie Sie aktiv für ein lebenswertes und klimaneutrales Bonn mit seinem Umland sein können. Gerne nehmen wir Ihre Anregungen entgegen und machen sie publik in unserer und damit auch Ihrer Bonner Umwelt Zeitung.

Erschienen in der Ausgabe 4_20

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