Kreislaufwirtschaft und ihr Potenzial

15. August 2023 | Ausgabe 4 / 2023 Rohstoffe, Carmen Planas | 0 Kommentare

Ein Fachgespräch zum Thema „Kreislaufwirtschaft“

Die weltweit zunehmende Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen gilt längst schon als Krise, da dieser Verbrauch für die hohen Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichnet, das Artensterben und den „Wasserstress“. Eine Antwort hierauf könnte die Förderung der so genannten Kreislaufwirtschaft sein. Darüber wurde Ende März auch im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung in einem Fachgespräch diskutiert.


Carmen Planas


Kreislaufwirtschaft gilt derzeit als die Lösung, um den weltweiten Ressourcenverbrauch zu bremsen und somit klimaschädliche Treibhausgase zu reduzieren. Im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft der Europäischen Kommission von 2020 wird betont, dass die Ausweitung der Kreislaufwirtschaft entscheidend dazu beitragen werde, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind gehalten, eine nationale Strategie zur Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Die Kreislaufwirtschaft ist auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung „als effektiver Klima- und Ressourcenschutz“ und als „Chance für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“ bezeichnet. Ziel sei es, mithilfe der Kreislaufwirtschaft unter anderem den primären Rohstoffverbrauch zu senken. Mit einer nationalen Strategie will man sich jedoch bis 2024 Zeit lassen.

Drei Stellungnahmen zum Thema:

Das Thema „Kreislaufwirtschaft“ beschäftigt somit auch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Ende März gab es zur Thematik ein Fachgespräch in Form einer öffentlichen Sitzung. Die eingeladenen Sachverständigen waren Janine Korduan (Bund für Umweltschutz und Naturschutz / BUND), Peter Kurth (Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft / BDE), Jörg Rothermel (Verband der Chemischen Industrie / VCI).

BUND – Verbrauch von Primärrohstoffen senken

Warum das Potenzial der Kreislaufwirtschaft permanent überschätzt werde, erläuterte Janine Korduan vom BUND. Denn es brauche erhebliche Mengen an Energie und Primärmaterialien, um Produkte und Materialien wieder zu nutzen. Es gäbe keine verlustfreie Kreislaufwirtschaft. Jeder Recyclingvorgang führe zu Material- und Energieverlusten. Im Mittelpunkt müsse stehen, den Verbrauch von Primärrohstoffen absolut zu senken. Aktuell seien 88 Prozent der verwendeten Materialien Primärrohstoffe. Selbst wenn alle Abfälle vollständig recycelt würden, so Korduan, ließe sich der Anteil an Primärrohstoffen nur um zehn Prozent senken. Denn nicht alle Materialien seien für Recycling geeignet, zum Beispiel fossile Rohstoffe und etliche Materialien, wie etwa Metalle oder mineralische Rohstoffe seien langfristig in Gebäuden gebunden. Darüber hinaus sei es so, dass bestehende Systeme und Infrastrukturen permanent Rohstoffe vernichten würden. Dazu zählte Korduan zum Beispiel Einwegverpackungen oder Elektrogeräte und Möbel, die überwiegend in Müllverbrennungsanlagen oder Zementfabriken landen würden.

Ressourcenschutzziele verfolgen

In jedem Sektor, forderte Korduan, werden weniger und langlebige Produkte benötigt. Global und für zukünftige Generationen müsse der Ressourcenverbrauch gerecht gesenkt werden und über eine gerechte Verteilung sollte gesamtgesellschaftlich debattiert werden. Korduan empfahl, zwei Ressourcenschutzziele zu verfolgen. Erstens: „Bis 2050 muss die Nutzung von abiotischen Primärrohstoffen auf maximal sechs Tonnen pro Person und Jahr reduziert werden. Dazu ist als Zwischenziel, eine Reduzierung von mindestens 50 Prozent, bis 2030 nötig.“ Zweitens: „Bis 2050 muss die Nutzung biotischer Primärrohstoffe auf maximal zwei Tonnen pro Person und Jahr reduziert werden.“

BDE – Gebäudesubstanz im Kreislauf halten

Die öffentliche Hand müsse ihre eigenen Zielsetzungen ernst nehmen, mahnte Peter Kurth vom BDE während des Fachgespräches und richtete die Aufmerksamkeit auf die Rezyklate. Insbesondere die mineralischen Abfälle, die im Bausektor anfallen, seien von Bedeutung, da sie mit 250 Millionen Tonnen bei weitem den größten Abfallstrom darstellen würden, so Kurth. „Die Frage, wie wir bauen und wie wir die Gebäudesubstanz, die wir haben, im Kreislauf halten, ist wahrscheinlich für das Thema Energie und Klimaschutz die entscheidende Baustelle“, betonte Kurth. Verantwortungslos nannte er das Verhalten von vielen Kommunen, die bei ihren Bauausschreibungen den Einsatz von Rezyklaten ausschlössen. Gerade im Bausektor sei der verstärkte Einsatz von Rezyklaten von großer Bedeutung. Kurth: „Wir brauchen keine Primärrohstoffe der Natur zu entnehmen, wenn wir es schaffen, mit geeigneten Instrumenten hier den Kreislauf zu schließen.“

Ungenügend: Sammlung von Bioabfall

Am Beispiel „Bioabfall“ erklärte Kurth, wie wichtig es sei, dass Regelungen, die beschlossen wurden, auch umgesetzt werden. Die gesetzliche Verpflichtung, Bioabfälle getrennt zu sammeln, sei elf Jahre alt. Und seit acht Jahren sei hierzu auch die Übergangszeit verstrichen und die Verpflichtung scharf gestellt, so Kurth. Insgesamt seien jedoch 50 Prozent der Kommunen und Landkreise heute noch nicht bereit, eine Biosammlung anzubieten, die den Anforderungen genüge. Im Restmüll würden heute noch rund vier Millionen Tonnen Bioabfälle landen. Kurth: „Vier Millionen Tonnen, die fehlen fürs Biogasgewinnen, die fehlen für das Thema ‚Kompostgewinnung‘ und ‚Dünger‘, die werden verbrannt und sind CO2-Emittenten.“

Nicht kontrolliert: Gewerbeabfallverordnung

Auch im Bereich „Gewerbeabfälle“ gab es Kritik von Kurth: „Gewerbeabfälle sind wertvoller als Haushaltsabfälle – vom Wertstoffgehalt. Wir haben eine Verpflichtung zur Getrenntsammlung. Sie wird nicht kontrolliert. Mit der Folge, dass hier wahrscheinlich nur ein Siebtel der Materialien tatsächlich stofflich verwertet werden.“

VCI – Kohlenstoff im Kreis fahren

Jörg Rothermel vom VCI betonte insbesondere das Ziel der chemischen Industrie, den benötigten Kohlenstoff vollständig „im Kreis zu fahren“. Dieser Herausforderung würde sich die chemische Industrie stellen. Dazu gehöre auch, den Kohlenstoff in den Kreislauf zurückzuholen, der bei einer Verbrennung oder Zersetzung von Material in die Atmosphäre gelange. Nicht beantwortet wurde hier jedoch die entscheidende Frage, wie viel Energie die chemische Industrie hierfür brauchen würde.

Das Fachgespräch des Parlamentarischen Beirates wurde aufgezeichnet und steht als Video unter www.bundestag.de der Öffentlichkeit zur Verfügung. Auch die Stellungnahmen der Sachverständigen sind hier online gestellt. Das ausführliche Positionspapier „Ressourcenschutz heißt drastische Verringerung des Ressourcenverbrauchs“ des BUND steht unter www.bund.net zum Herunterladen zur Verfügung.

 

Abfallentsorgung an den Wertstoffhöfen Bonn

Der Ressourcenverbrauch in Bonn spiegelt sich ausschnittsweise in der Nutzung der Wertstoffhöfe Südstraße oder Am Dickobskreuz wider. Die bonnorange AöR hat der BUZ-Redaktion die Mengen der von den Bonner*innen (2022) zu den Wertstoffhöfen angebrachten Abfälle mitgeteilt.
Letztes Jahr wurden über die beiden Bonner Wertstoffhöfe insgesamt 18.730,80 Tonnen Abfälle entsorgt. Mengen (in Tonnen):

Restmüll …………………………………….. 6.403,50

Sperrmüll…………………………………… 3.835,15

PPK (Papier, Pappe, Kartonage)….. 762,15

Bauschutt……………………………………. 5.059,04

Grünschnitt………………………………… 324,75

Altmetall…………………………………….. 475,89

Sondermüll………………………………… 264,17

Asbesthaltige Baustoffe……………… 10,60

Haushaltsbatterien/ Lithiumbatterien Global Recycle Standard (GRS)          18,04

Kfz-Batterien (Bleibatterien)……….. 7,66

Elektrogeräte……………………………… 1.569,85

SUMME………………………………………. 18.730,8

Für den Weg Bonns zur Klimaneutralität 2035 hat bonnorange mit Hilfe von Beratungsunternehmen ein Treibhausgas-spezifisches Beurteilungsinstrument (sog. THG-Matrix) vor zwei Jahren eingeführt.
Sie gibt einen Überblick über die Emissionsentlastungen und -belastungen sowie die jeweiligen Nettoergebnisse je Abfallfraktion von Grünabfall, Bioabfall, Papier/Pappe und Kartonagen (PPK), Altglas, Leichtverpackungen (LVP), Altmetall, Restmüll, Sperrmüll und Straßenkehricht. Die Abfälle werden auf CO₂-Äquivalente (CO₂-Äq) je Tonne (Mg) Abfall umgerechnet.
Zugrunde liegt die Ökobilanzmethode (ISO 14040/44), welche auch die durch abfallwirtschaftliche Aktivitäten vermiedenen Emissionen einbezieht. Zum Bezugsjahr 2019 beurteilte bonnorange damit seine Angebote auf Klimarelevanz.
Ein bereitgestellter Klimarechner ermöglicht den Bonner*innen ihre eigene Vermeidungsstrategie zu entwickeln: https://www.bonnorange.de/nachhaltigkeit/klimarechner/uebersicht                        (RW)

Quelle: Presseabteilung bonnorange AöR

 

Jeans-Recycling: Textilmüll reduzieren. ressourcen sparen.

Wir sammeln gebrauchte und/oder kaputte Jeans in speziellen blauen Tonnen. Der Denimstoff eignet sich aufgrund des hohen Baumwollanteils sehr gut für Textilrecycling. Mindestens 95 Prozent Baumwolle sollte drin sein, dann kann das Kleidungsstück in die blaue Sammeltonne und danach zum Recycling. Mit dieser Initiative wollen wir einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten und auf das Thema Ressourcenver-(sch)wendung und Textilmüll aufmerksam machen.
Im Jahr 2021 waren wir beim IHK-Wettbewerb „Going Circular“ unter den Finalisten, präsentierten wir auf dem Filmfestival Cologne vor namhaften Zuschauern unsere Kampagne, gewannen wir 30.000 € Fördergeld von der Deutschen Postcode Lotterie für unser Projekt, waren wir in zahlreichen Medien wie WDR, Quarks, RTL, tagesschau24, WAMS, WAZ, KSTA, NRZ u. a. vertreten

Standorte in Bonn sind:

kiss the inuit Bonn, Friedrichstr. 58, 53111 Bonn // Marktschwärmerei Beuel-Mitte, Auf der Schleide 7, 53225 Bonn // Telekom Bonn, (Textilreinigung/Wäscherei, Geschäftsbrücke), Landgrabenweg 151, 53227 Bonn // Makerspace Bonn e. V., Kennedyallee 18, 53175 Bonn
Weitere Infos und weitere Standorte finden Sie auf:
https://www.jeans-recycling.org/

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