Kurz vor der Grenze zu Rheinland Pfalz
In Jürgen unterwegs, in der gedruckten Ausgabe auf Seite 6, findet ihr einen Teil meines Weges zur Heimat. Es endete immer in Bonn, mal mehr, mal weniger weit weg vom Rhein.
Jürgen Huber
Das praktische Mehlem
Der Ortsteil, in dem ich mich gerne und hoffentlich letztendlich niedergelassen habe, ist Mehlem.
Mehlem wird von der Eisenbahn geteilt, der am Rhein liegende Teil wird sinnigerweise Unter-, der andere Teil Oberdorf genannt. Ich wohne im Unterdorf, unweit des Rheines.
Mehlem hat einen im Jahre 1855 eröffneten Bahnhof. Von dem aus kommen wir mit der Eisenbahn das Rheintal herauf oder herunter. Kurios ist, dass dieser Bahnhof im Ortsteil Lannesdorf liegt! Da Lannesdorf weniger bekannt war, wurde der Bahnhof Mehlem zugeordnet. So gesehen hat Mehlem dann doch keinen Bahnhof.
Genaues zum Bahnhof: https://bonnerumweltzeitung.de/juergen-unterwegs-13/
Im Ort gibt es noch alles, was zum Leben benötigt wird. Einen Lebensmittelladen, der gut und sogar mit Bio-Artikeln bestückt ist. Ein Lotto Geschäft mit Post-Filiale. Mittwochs und freitags gibt es den Wochenmarkt mit Obst und Gemüse, einem Metzger und einem Fischhändler (Fisch nur am Freitag). Das ist in der Tat noch ausbaufähig.
Das schöne Mehlem
Das waren die notwendigen Dinge des Lebens, jetzt kommen die das Leben verschönende.
Im ortsansässigen Eiscafé lässt sich eine gute Portion Eis genießen. Mehlem hat drei Bäckereien, die nicht nur sonntagmorgens gut ausgelastet sind. Zwei davon beherbergen noch ein Café. Im größeren trifft sich das Dorf, es wird „verzällt“ was das Zeug hält. Hier sind rheinische Töne noch normal: „Häste att jehührt, dä Willi litt em Krankehuus“. „Nää, nett wohr, watt hätter dann“. „Ich weess ett och nett jenau, me hührt ja nix jenaues“.
Meine Ohren erfreuen sich bei einem Cappuccino der „Verzällchen“. So lässt es sich gut aushalten.
Ungefähr 100 Meter, nach dem die Haustür hinter mir zugefallen ist, befindet sich Vatter Rhein. Ich glaube, der trägt Schuld daran, dass ich immer wieder nach Bonn zurückkam. Jeden Tag gehe ich mindestens einmal mit dem Hund dorthin, erfreue mich der Schiffe, des Siebengebirges und einfach der Ruhe, die dieses Wasser ausstrahlt. Apropos Siebengebirge, wenn ich morgens aus dem Fenster schaue, sehe ich genau auf den Drachenfels. Wie sagte es ein Kumpel mal, „für diesen Ausblick bezahlen manche Menschen viele tausend Euro.“
Das spannende Mehlem
Wer offenen Auges durch Mehlem geht, bekommt einiges zu sehen. Den Bahnhof haben wir ja schon gesehen, die Deichmannsaue wurde im August 2022 schon von mir beschrieben.
https://bonnerumweltzeitung.de/juergen-unterwegs-13/
In der Straße „Am Glückshaus“ steht eine denkmalgeschützte Villa mit einem Pförtnerhaus. Hier seine Geschichte, die mir der sehr freundliche Hausbesitzer persönlich erzählte:
Vermutlich 1920 wurde diese Villa auf der anderen Rheinseite im Süden der Königswinterer Altstadt errichtet. In der Zeit des Nationalsozialismus plante die Deutsche Arbeitsfront im Südteil der Stadt ein großes Erholungsheim zu errichten. Das Haus stand diesem Projekt im Wege und sollte abgerissen werden. Das passte der damaligen Besitzerin, der Witwe des Hagener Fabrikanten Emil Hoesch jedoch gar nicht. Man kannte sich, man half sich (zu Deutsch; Beziehungen). So durfte sich die Witwe einen neuen Platz für ihr Anwesen suchen. Sie entschied sich für den jetzigen Platz, das Haus wurde Stein für Stein abgetragen und wieder aufgebaut.
Der Drachensteinpark war einmal ein zwei Hektar großer, parkähnlicher Landschaftsgarten zwischen der Villa Schnitzler und dem Rhein und Privatgrund. Im Jahre 1925 erklärten sich die Schnitzlers bereit, den Park für die Öffentlichkeit freizugeben.
Acht ionische Säulenfragmente auf der Nordseite des Parks stammen von Viktor Schnitzler aus einer Ägyptenreise Ende des 19. Jahrhunderts.
Wer die Meckenheimer Straße ins Oberdorf fährt, sieht sie direkt vor sich. Die Kapelle Sieben Schmerzen Mariens ist eine katholische Kapelle aus dem 17. Jahrhundert und steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz. Eine dort stehende Kapelle wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Die Mitglieder der St. Matthias-Bruderschaft von Mehlem begannen hier jedes Jahr ihre Wallfahrt zur Matthiasbasilika in Trier.
Mehlem ist lebenswert
Schön, dass ich in Mehlem gelandet bin, auch wenn es manchmal nicht so gut riecht. Denn ein großer Industriebetrieb sorgt häufiger mal für „Anrüchiges“.
Es ist ein schönes Örtchen, in dem es sich leben lässt. Die Infrastruktur ist in Ordnung, der Rhein nicht weit, was möchte ich mehr. Leider wird in Mehlem kein Wein mehr angebaut, aber das kann ja wieder werden.
Es folgt eine Anzeige unserer Unterstützer*innen
Danke für diesen interessanten Beitrag zu meinem Heimatort!