Zur Bonner Wärmestudie: Woher kommt die Energie?
Stefan Gsänger
Mit ihrer eben veröffentlichen Wärmestudie will die Stadt Bonn darstellen, wie eine “klimaneutrale” Wärmeversorgung in der Stadt Bonn aussehen kann. Dies ist wichtig, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen und auch, um die Wärmeversorgung in Bonn dauerhaft auf nachhaltige Basis zu stellen. Allerdings wurde dabei das Pferd von hinten aufgezäumt, da entscheidende Fragen zum großen Teil unbeantwortet bleiben.
Vor allem die Gretchenfrage wurde nicht oder nur sehr rudimentär beantwortet: Wo wird künftig die Energie herkommen, mit denen wir die Häuser in Bonn beheizen? Denn ob Nah-/Fernwärme oder Wärmepumpen: Es wird Energie benötigt.
Es rächt sich dabei, dass die Stadtverwaltung Bonn noch nicht das Szenario erstellt hat, das diese Frage beantworten könnte, obwohl dies im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Und man müsste nicht bei Null beginnen: Bereits vor fünfzehn Jahren kam eine Studie für Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis zu dem Ergebnis, dass die heimischen Potenziale an Erneuerbaren Energien mehr als ausreichend sind, um den lokalen Energiebedarf vollständig zu decken. Diese Studie müsste dringend aktualisiert werden, da die damaligen Annahmen in vielfacher Hinsicht überholt sind. Ein wichtiges Ergebnis von damals ist allerdings heute noch gültig: die Stadt Bonn sollte mit dem Rhein-Sieg-Kreis und seinen Kommunen gemeinsam ein regionales Energie-Konzept entwickeln. Es ist auch ein schwerwiegendes Versäumnis, dass es dafür bislang keinerlei gemeinsame Planungen gibt.
Die Bonner Wärmestudie kennt daher fundamentale Parameter nicht, die für die lokale und regionale Energieversorgung maßgeblich sind. Sie wirkt auch eher wie eine Machbarkeitsstudie für eine Ausweitung des Fernwärmenetzes, als dass sie die ökologische, ökonomische und soziale Faktoren verschiedener technischer Optionen neutral untersucht und bewertet. Das überrascht nicht sonderlich, da die Stadtverwaltung mit der Erstellung der Studie die Stadtwerke beauftragt hat – ein Unternehmen zwar in kommunalem Besitz, aber doch mit klaren kommerziellen Interessen am eigenen Wärmenetz.
Fernwärme mag auch in Bonn an einigen Stellen sinnvoll sein, allerdings hat sie auch einige Nachteile. Die Wärmepumpen-Technologie ist derart fortgeschritten, effizient und flexibel skalierbar, so dass sich die Frage stellt, ob Wärmenetze mit ihren energetischen Verlusten überhaupt konkurrenzfähig sind. Auch erfordert die Ausweitung der Wärmenetze erhebliche Investitionen und es ist völlig unklar, wer diese Investitionen angesichts der schwierigen Haushaltslage stemmen kann.
Und erneut stellt sich die Gretchenfrage: Woher stammt die Energie für das Wärmenetz? Die auch angedachte Flusswärmepumpe mag sinnvoll sein. Wasserstoffträume sind dagegen sicher nicht realistisch, denn die Nutzung von Wasserstoff ist sehr ineffizient, vor allem im Vergleich zur Wärmepumpe. Leider haben an dieser Stelle die Stadtwerke aber bereits die Weichen falsch gestellt und ein “Wasserstoff-ready”-Kraftwerk errichtet, obwohl zu keinem Zeitpunkt klar war, woher der irgendwann angeblich einzusetzende Wasserstoff kommen soll. Der Import von Wasserstoff ist ökonomisch und ökologisch äußerst fragwürdig und zudem völlig unnötig, wenn man die heimischen Erneuerbaren Energien konsequent nutzt – was außerdem zusätzlich Wertschöpfung in der Region schafft. Darauf sollte deshalb der Schwerpunkt der lokalen und regionalen Energiepolitik liegen.
Die Stadt sollte auch nicht den Fehler der Bundesregierung mit dem Gebäude-Energie-Gesetz wiederholen und gegenüber der Stadtgesellschaft paternalistisch auftreten. Sie sollte vielmehr selbst mit gutem Beispiel vorangehen, gut informieren und Immobilienbesitzer*innen das Leben beim Umstieg auf Erneuerbare Heizungen erleichtern. Leider geschieht aber oft das Gegenteil und die Stadtverwaltung macht den Bonner*innen mit ihrer zu oft sehr rigorosen Auslegung von Baurecht den Wandel hin zu klimafreundlichem Wohnen unnötig schwer, anstatt zu unterstützen.
In Bonn zeigt die Klimabewegung seit Jahren, dass sie Tausende von Menschen mobilisieren kann. Es kommt nun darauf an, diese Mobilisierung in konkrete Handlungen umzuwandeln und darüber hinaus auch den Menschen die handfesten Vorteile der Wärmewende vor Augen zu führen und sie zum Mitmachen zu animieren, die nicht nur aus altruistischen Motiven handeln.
Über den Verfasser
hauptberuflich Generalsekretär der World Wind Energy Association, u.a. Mitglied bei BUND, Eurosolar, P4F und im Aufsichtsrat einer regionalen Bürgerenergie-Genossenschaft
habe die Wärmewende selbst im letzten Jahr vollzogen, als in unserem bislang unsanierten Haus aus Jahr 1954 in Wärmepumpe installiert wurde, die höchst effizient läuft.
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