Ein Multitalent der Pflanzenwelt

8. August 2023 | Ausgabe 4 / 2023 Rohstoffe, Gastautor*in, Nachhaltigkeit | 0 Kommentare

Miscanthus: Nachhaltige Alternative für Energie und Bauwesen

Miscanthus hat viele Namen und auch genauso viele Nutzungsmöglichkeiten. Aus Japan kommend ist dieses Süßgras noch relativ neu in der Welt der Rohstoffe, doch es gilt als besonders nachhaltig und hat einige Vorteile aufzuweisen.


Julia Oberdörfer


Miscanthus x giganteus, auch einfach Miscanthus, Riesen-Chinaschilf oder Elefantengras genannt, ist eine Pflanze aus der Familie der Poaceae (Süßgräser) und gesellt sich damit zu unseren bekannten Getreidearten. Während das normale Chinaschilf eine beliebte Zierpflanze in Gärten ist, hat sich das Riesen-Chinaschilf in den letzten Jahrzehnten zu einer bedeutenden Nutzpflanze für diverse Branchen entwickelt.

Entstanden ist der uns als Rohstoff bekannte Miscanthus aus einer zufälligen Kreuzung zweier Miscanthusarten, die in der natürlichen Flora Japans vorkommen. Nach der Entdeckung kam er in den 30er-Jahren nach Europa und zunächst als Zierpflanze auch nach Deutschland. Die Nutzung als Rohstoff begann hier zu Lande erst in den 80er-Jahren.

Bei guten Bedingungen kann die Pflanze bis zu vier Meter hoch werden und weist Halme mit einem Durchmesser bis zu zwei Zentimeter auf. Das macht sie standfest und ertragssicher. Dabei wächst Miscanthus extrem schnell, was einer der größten Vorteile dieser Pflanze darstellt. Bei idealen Bedingungen können es bis zu fünf Zentimeter Wachstum pro Tag sein.

Anbau

Der erste große Vorteil im Anbau des ursprünglich aus Japan stammenden Miscanthus ist, dass er auch in Deutschland ohne Probleme angebaut werden kann und damit einen regionalen Rohstoff liefert.

Er kann auch auf vergleichsweise schlechten Böden zufriedenstellende Erträge bringen, die als Dauerkultur über 20 Jahre lang genutzt werden können. Dabei bleibt die Menge des Ertrages über Jahre hinweg konstant. Je nach Standort können damit jährlich 15 bis 25 Tonnen Trockenmasse pro Hektar geerntet werden, was 30 Tonnen gebundenem CO2 entspricht. Durch die dauerhafte Nutzung und Bedeckung des Bodens und die hohe Resistenz von Miscanthus gegen Schädlinge und Krankheiten, sind Bodenbearbeitung und Pestizide in den meisten Fällen nicht oder nur selten nötig.

Über den Winter bleibt die Pflanze auf der Fläche stehen, reift ab und führt so zu zwei großen ökologischen Vorteilen: In den abgereiften Beständen überwintern Nützlinge wie zum Beispiel Marienkäfer und Florfliegen. Außerdem bilden die abfallenden Blätter eine Mulchschicht am Boden, wodurch Erosionsschutz und eine Verbesserung des Humusgehaltes erreicht werden kann.

Nutzung

Die wirtschaftliche Nutzung ist breit gefächert. Die Universität Bonn forscht schon seit Jahren intensiv an verschiedenen Möglichkeiten und hat folgende Liste für die Nutzung von Miscanthus aufgestellt:

Bauindustrie (als Bau- und Dämmstoff)

Automobilindustrie (Lenkräder, LKW-Leichtbau und Ölbinder)

Zellstoffindustrie (Verpackungsmaterial, Papier und Pappe)

Landwirtschaft und Gartenbau (Torfersatz, Blumentöpfe, Tiereinstreu)

Energie (Häcksel-/Pelletheizungen)

Als Baumaterial sind das schnelle Wachstum und die große regionale Verfügbarkeit zwei der größten Vorteile des Miscanthus. Das Forschungsteam von Ralf Pude, Professor für Nachwachsende Rohstoffe am Bonner Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, forscht besonders in diesem Bereich sehr intensiv und entwickelte aus dem Riesen-Chinaschilf einen „Hochleistungsdämmstoff.“

„Im Winter reifen die Halme ab und liefern einen außergewöhnlich stark strukturierten Porenraum, der sich vorzüglich als Dämmstoff eignet“, sagt Pude selbst über das Projekt.

Doch die Pflanze ist nicht nur gut als Dämmstoff. Die Nutzungsmöglichkeiten bilden auch im Bereich der Bauindustrie eine lange Liste. So lässt sich Miscanthus beispielsweise für komplette Rohbauten (mit Hilfe von Fachwerkrahmen), Innen- und Außenputze, Estriche sowie Schallschutzwände nutzen. Die gesamte Liste steht unter www.miscanthus.de zur Verfügung.

 

Auch als Brennstoff kann der noch relativ neu genutzte Rohstoff überzeugen. Er wird als Häckselgut geerntet und dann pelletiert, sprich in kleine runde Formen gepresst. Das dient der besseren Lagerung und Verbrennung sowie dem leichteren Transport und Umgang mit dem Material.

2,5 Kilogramm Miscanthus entsprechen dabei etwa dem Brennwert von einem Kilogramm Heizöl. Ein Hektar kann also zirka 6000 Liter Heizöl ersetzen. Vor allem als Nutzung im Eigenbedarf kann Miscanthus also Kosten und Heizöl einsparen. Einige Höfe bauen damit bereits ihre eigene Energie selbst an und verbessern so ihre Umweltbilanz.

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