Mit Kunst und Kultur in die Zeitung: Eine Reportage
Am Morgen des 8. März richtete ich meine Aufmerksamkeit während meiner morgentlichen Zeitungslektüre auf Beiträge zum Weltfrauentag. Doch anscheinend kam dieser spezielle Tag zu überraschend für die Redaktionen des Handelsblatts, der Frankfurter Allgemeinen oder der Süddeutschen: kein einziger Artikel.
Tobias Landwehr
Recherche am Schreibtisch
Merkwürdig, dachte ich mir und erweiterte den Suchradius nach Feierabend auf Onlinemedien. Und siehe da, im Internet geht was. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt fünf Beiträge, von denen ist allerdings nur Julia Bährs Kommentar im Feuilleton wirklich lesenswert.
Jana Anzlinger von der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht ein Interview mit der SPD-Politikerin Iris Spranger online. Das Handelsblatt widmet dem Weltfrauentag gar ein Special mit einer Auswahl von 42 Beiträgen der letzten drei Jahre. Aktuell aus 2019 war davon allerdings keiner.
Die ersten Treffer allgemein bekannter Suchmaschinen offenbarten außerdem Meldungen der RP-Online, Hannoversche Allgemeinen, Zeit, WAZ oder Focus. Diese nutzen jedoch sehr eintönig den gleichen Aufmacher: Berlin hat einen neuen Feiertag.
Deutlich spannender und differenzierter waren da schon der Kommentar von Anna Sauerbrey im Tagesspiegel oder die Geschichten junger Aktivistinnen aus aller Welt, die die Deutsche Welle zusammengetragen hat.
Unterwegs in Bonn
Von dieser eher mauen, aber vor allem oberflächlichen Berichterstattung enttäuscht, fühlte ich mich getrieben, es besser zu machen. Also radelte ich, bewaffnet mit Kamera, Notizblock und spitzem Bleistift, los zum Frauenmuseum ins Krausfeld 10.
Der Verein und die Stadt Bonn luden ein zu Talkrunde, Begegnung im Messecharakter und Livemusik. Sogar der Oberbürgermeister war zugegen. An ihren Ständen stellten die verschiedensten Bonner Bewegungen wie das Frauenhaus, das internationale Frauenzentrum, das Haus der Frauengeschichte, Soroptimist International oder Femnet ihre Programme vor. Viele nette Gespräche und einen Rundgang durch die Ausstellung im ersten Stock später sprach mich Ulrike Reutlinger an, als ich gerade Fotos der roten Schuhe machte, die überall im Raum verteilt standen. „Ein roter Schuh für jedes Todesopfer häuslicher Gewalt in einem Jahr.“
Und tatsächlich sind die Zahlen erschreckend: Die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik erfasste 2017 364 Todesfälle partnerschaftlicher Gewalt. „Eine blutige Spur, finden Sie nicht?“, fragte mich die Künstlerin, die sich ehrenamtlich im Frauenmuseum engagiert.
Nachdem ich mich nach dieser erschütternden Erkenntnis wieder gefasst hatte, sprachen wir über erfreulichere Themen wie das Friedensfest, das Frau Reutlinger zur Zeit organisiert. Zum Mitsommer, am 22. Juni um 18:30 Uhr soll es auf dem Bonner Münsterplatz eine Kunstaktion mit dem Namen „Kampf-umden-Frieden“ geben. Ein grober Ablaufplan zeichnet sieben Szenen, die die teilnehmenden NGOs, Musiker*innen und Künster*innen aufführen, um die absolute Notwendigkeit globalen Friedens darzustellen. „Weitere Ideen zur Aus- auch zur Umgestaltung sind willkommen!“, sagte die Organisatorin.
Beim Verlassen des Museums kam ich dann noch mit Angelika Berg ins Gespräch. Die Angestellte des Frauenmuseums versorgte mich noch mit weiteren Infos zur Ausstellung und sagte den sehr einprägsamen Satz: „Kunst und Kultur stehen gleich hinter Essen, Trinken und Schlafen und sind Friedensprofilaxe.“ Für die Ausstellung „100 Jahre Frauenpolitischer Aufbruch“, die noch bis zum 1. November 2019 im Frauenmuseum zu sehen ist, muss ich unbedingt nochmal wiederkommen.
Fazit
Am Ende dieses besonderen (Weltfrauen) Tages kristallisieren sich für mich zwei Erkenntnisse heraus: Erstens, es gibt für uns alle noch viel zu tun bei der Gleichberechtigung der Frau. Zweitens, Kunst und Kultur sind wunderbare Träger von Aktualität und Information. So braucht es nicht unbedingt einen Feiertag, um dieses überaus wichtige Thema in die Zeitungen und somit auch in unser aller Bewusstsein zu bekommen.
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