Abschied von der gelben Tonne?
Probleme beim Kunststoffrecycling
Sie lesen einen Artikel aus der BUZ 6-2005.
Recyclingverfahren machen nur dann Sinn, wenn zur Herstellung der Recyclingprodukte nicht mehr Energie verbraucht wird als zur Herstellung von Neuprodukten. Außerdem sollten sie nicht teurer und am Markt gut absetzbar sein. In dieser Hinsicht gibt es beim Kunststoffrecycling noch eine Menge Probleme.
Claria Weber
Einen leckeren Joghurt als Nachtisch und der Plastikbecher landet mit gutem Gewissen in der gelben Tonne. Die Abfälle aus der gelben Ton- ne, die unter anderem Kunststoffverpackungen enthält, werden ja der Wiederverwertung zugeführt. Damit habe ich mein ökologisches Ge- wissen beruhigt. Aber ist es tatsächlich so einfach wie zum Beispiel beim Glas, das wieder eingeschmolzen und zu neuen Flaschen verarbeitet werden kann? Kunststoffe haben, sowohl als Dauerprodukte als auch als Verpackungsmaterialien, ihren festen Platz in unserer Gesellschaft. Die Zahl der Selbstbedienungsläden ist in den letzten Jahrzehnten rasant angestiegen, und wer möchte schon frisches Fleisch in einer undurchsichtigen Papierverpackung kaufen? Selbst, wenn man einige Jute -Taschen und einen Einkaufskorb besitzt, um Plastiktüten zu ver- meiden – Kunststoffverpackungen lassen sich nicht mehr vollständig aus unserem Alltag verbannen. Aber gerade solche kurzlebigen Kunst- stoffprodukte wie Verpackungen, sollten sinnvoll wieder aufgearbeitet werden können. Der Rohstoff Erdöl, aus dem sie hergestellt werden, steht uns nicht unbegrenzt zur Verfügung. Alle Verpackungsmaterialien mit dem grünen Punkt werden als Wertstoffe in der gelben Tonne oder im gelben Sack gesammelt. Ein grosser Teil dieses Materials besteht aus Kunststoff. Außerdem kommen Verbund- und Metallverpackungen hinzu. Bei Verbundverpackungen sind verschiedene Materialien (zum Beispiel Kunststoff, Aluminium und Papier) eng miteinander verschweißt. Die Verpackungen sollten „löffel- rein“ sein, das heißt es sollten keine Nahrungsreste mehr vorhanden sein, jedoch brauchen sie nicht gespült zu werden. Auch Plastiktüten, die als Verpackungen für Butterbrote dienten, dürfen in die gelbe Tonne. Firmen, die für das Duale System Deutschland (DSD) arbeiten, holen die Tonnen ab, sorgen für die Sortierung der Wertstoffe und führen diese den Recyclingfirmen zu. Allerdings sind die gelben Tonnen oft stark mit Restmüll verunreinigt. Dadurch steigt der Aufwand bei der Sortierung. Die Kosten für Sammlung und Sortierung werden über den grünen Punkt von den Firmen bezahlt, die sie an den Verbraucher weitergeben. Der grüne Punkt suggeriert eine besonders umweltfreundliche Verpackung, was jedoch nicht der Fall ist. Das Mehrwegsystem ist hierdurch teilweise zurückgedrängt worden. Unter „Recycling“ stellt sich der Bürger nun vor, dass sein Joghurtbecher eingeschmolzen und wieder zu einem neuwertigen Kunststoffartikel verarbeitet wird. Leider ist die Sache nicht (oder noch nicht) so einfach. Um neuwertige Artikel herzustellen, benötigt man nicht verunreinigte und sortenreine Kunststoffe. Diese fallen in der Kunststoffindustrie als Produktabfälle an und werden hier auch wieder in den Produktionsprozess eingeschleust. Daraus lassen sich dann tatsächlich wieder neuwertige Kunststoffprodukte herstellen. Beim DSD fallen jedoch viele verschiedene Kunststoffe zusammen, die außerdem teilweise stark verunreinigt sind (zum Beispiel durch Farben aus der Beschriftung). Aus dieser Mischung lassen sich nur sehr grobe Produkte, wie beispielsweise Parkbänke und Blumenkübel, herstellen. In diesem Zusammenhang spricht man auch oft von einem „Down-cycling“, was nichts anderes heißt, als dass eigentlich gar kein Recycling vorliegt. Außerdem gibt es mehr Kunststoffmüll als Parkbänke und Blumenkübel benötigt werden. Eine Trennung der Kunststoffsorten ist mittlerweile möglich. Viele Kunststoffe tragen neuerdings eine Abkürzung als Kennzeichnung (PP für Polypropylen). Spezielle Maschinen können diese erkennen. Die Kunststoffe anschließend zu reinigen bedeutet jedoch einen immensen Aufwand, was nicht zuletzt auch die Kosten erhöht. Dazu wird viel Wasser und Energie benötigt, sodass man sich fragen muss, ob hier die Ökobilanz noch stimmt. Manchmal findet man auch verschiedene miteinander verschweißte Kunststoffe, deren Trennung auch relativ aufwändig ist. Teilweise ist das Kunststoffrecycling so wenig lukrativ, dass die Abfälle kurzerhand ins Ausland geschickt werden. Einer der Hauptmärkte für den Verkauf von Kunststoffen ist hierbei die Volksrepublik China. Dort können sie billiger recycled werden. Dies hängt mit geringeren Löhnen, aber auch mit einem niedrigeren Umweltstandard in diesen Ländern zusammen. Plastikflaschen aus PET (Polyethylen-Terephtalat) werden hier z.B. zu Textilien verarbeitet. Kunststoffe bestehen aus sehr langen Molekülen. Kurze Kohlenwasserstoffe, die man aus Erdöl gewinnt, werden miteinander verkettet.
Beim Kunststoffrecycling unterscheidet man:
– Werkstoffliches Wiederverwerten: Dabei bleiben die langen Ketten erhalten. Der Kunststoff wird zu Granulat zerkleinert und zu einem neuen Produkt eingeschmolzen. Voraussetzung für ein echtes Recycling ist jedoch die oben genannte Sortenreinheit. Die Abfälle aus der gelben Tonne führen hier nur zu minderwertigen Produkten. Die Kosten sollen höher sein als aus Erdöl neu hergestelltes Granulat. Außerdem ist der Markt für entsprechende Produkte begrenzt.
– Rohstoffliches Wiederverwerten: Die Kunststoffe werden in ihre Ausgangsprodukte aufgespalten und anschließend wiederverwendet oder zur Verbrennung genutzt. Der Preis des Recyclingöls hängt vom Erdöl ab. Wird Erdöl knapper und teurer, dann lohnt diese Art der Wiederverwertung.
– Energetisches Wiederverwerten: Ein Teil der Kunststoffe wird direkt verbrannt. Hier kann man sicher nicht mehr von echtem Recycling sprechen, obwohl die Energiegewinnung immerhin noch sinnvoller ist, als die Verrottung auf der Deponie. Da beim Kunststoffrecycling nicht der erhoffte Erfolg eingetreten ist, überlegt man beim Umweltbundesamt, die Verpackungen aus der gelben Tonne über die Restmülltonne einzusammeln. Maschinen sind in der Lage die fürs Recycling geeigneten Stoffe herauszusortieren. Dies wäre effektiver und für die Bürger einfacher. Außerdem hat man errechnet, dass es wesentlich billiger wäre als die momentan vom DSD praktizierte Praxis. Die Kosten, die sich derzeit allein für die Sammlung und Sortierung der Kunststoffe ergeben, sollen 47 Prozent der Gesamtkosten beim DSD ausmachen, obwohl der Anteil der zu verwertenden Kunststoffe nur bei 13 Prozent liegt. Vielleicht nehmen wir bald Abschied von der gelben Tonne.
Das ist aktuell immer noch nicht geschehen. Die Methoden der Erkennung von Kunststoffmaterialien hat sich inzwischen sehr positiv weiter entwickelt. Wenn wir beim Trennen wirklich trennen, will sagen, die Pappe um den Yoghurtbehälter entfernen, dann kann der Kunststoff besser erkannt werden.
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