Nostalgie – Sand als Konfliktpotential in Bonn und weltweit

22. Februar 2023 | Gastautor*in, Nachhaltigkeit, Nostalgie, Ökologie, Umwelt | 0 Kommentare

Rinnt uns der Sand durch die Finger?


Cynthia Roggenkamp


„Wie Sand am Meer!“, ist ein bekanntes Sprichwort, welches im alltäglichen Sprachgebrauch häufig benutzt wird, wenn etwas im Überfluss vorhanden ist oder gar als unzählbar scheint. Schon in der Bibel taucht der Satz an verschiedenen Stellen auf. Doch trifft diese Bedeutung auch auf den Sand selber zu? Gibt es noch Sand wie „Sand am Meer“? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man tiefer in die komplexe Thematik rund um den Sand einsteigen. Sand dient als Rohstoff, als Gestaltungselement oder als Grundlage von Stränden und nimmt somit in vielen Bereichen einen wichtigen Stellenwert ein.

Sand ist ein Sediment, welches aus einzelnen Mineralkörnern mit einer Korngröße
zwischen 0,002 und 0,063 mm besteht.

Sand – ein wichtiger Rohstoff

Mit dem Wort „Sand“ verbindet wohl jeder in erster Linie Strände oder Spielplätze und nicht Glas, Asphalt oder Mikroprozessoren. Doch genau diese Produkte bestehen teilweise aus Sand.
Sand findet in verschiedenen Bereichen Anwendung: als Baustoff in der Infrastruktur oder als Bestandteil von Beton und Mörtel. Quarzreicher Sand wird bei der Zement- oder Glasherstellung benötigt. Darüber hinaus dient Sand als Filtermedium bei der Wasseraufbereitung sowie als Gestaltungselement in der Landschaftsplanung oder im Gartenbau. Die Nutzungsmöglichkeiten sind vielfältig und zeigen den hohen Stellenwert dieses Rohstoffes.
Bis vor einigen Jahren wurde Sand in Steinbrüchen, Kiesgruben und Flussbetten abgebaut. Doch durch die steigende Nachfrage mussten neue Abbaustätten erschlossen werden, so dass heute eine Verlagerung an Meeres- und Küstenregionen zu beobachten ist. Wüstensand ist aufgrund seiner Beschaffenheit als Baustoff nicht geeignet. Dass die Nachfrage nach Sand und Kies in den letzten Jahrzehnten drastisch gestiegen ist, hat verschiedene Ursachen. Bereits heute liegt der Verbrauch von Sand über der natürlichen Erneuerungsrate, so dass er immer knapper wird.

 Bauboom in Asien

Ein Grund für den Anstieg der Sandnachfrage ist der anhaltende Bauboom in Asien. Für jede Tonne Zement werden sechs bis sieben mal mehr Tonnen Sand und Kies benötigt. Vor allem Singapur importiert durch sein rasantes Bevölkerungswachstum und die damit einhergehende Flächenausbreitung große Mengen des Rohstoffs. Der Gesamtimport der letzten 20 Jahren lag bei insgesamt 517 Mio. Tonnen. Doch auch der Sandpreis ist erheblich gestiegen. Zwischen 1995 und 2001 kostete eine Tonne importierter Sand in Singapur 3 US-$, zwischen 2003 und 2005 bereits 190 US-$.
Der Sandabbau führte sogar soweit, dass indonesische Sandinseln illegal abgebaggert wurden und es zu politischen Spannungen zwischen Indonesien und Singapur kam, da die maritimen Grenzen zwischen den Ländern nicht mehr eindeutig waren.

 Die Strände dieser Welt verschwinden

Auch die Strände dieser Welt sind auf Sand angewiesen. Strände dienen zum einen als Küstenschutz und sind dabei beweglich, d.h. sie können sich bei erhöhtem Meeresspiegel zurückziehen und bei niedrigerem wieder vor bewegen. Vielerorts ist dieser Bewegungsraum den Stränden jedoch verlorengegangen, da die Rückzugsmöglichkeit durch Bauwerke verhindert wird. Dies wird vor allem in Zukunft bei fortschreitendem Klimawandel und steigendem Meeresspiegel ein Problem.
Zum zweiten sind Strände Anziehungspunkt für Touristen und somit oft Grundlage für den Fremdenverkehr. Weltweit verschwinden die Strände und keine Region bleibt verschont. Grund ist der Eingriff des Menschen in die Natur. Flüsse werden seitlich durch Beton eingeengt, so dass diese weiter ins Meer münden und sich der Sand nicht am Strand ablagern kann. Des Weiteren halten Staudämme und Wehre entlang von Flussläufen nicht nur Wasser, sondern auch riesige Mengen an Sand, wodurch heute nur noch etwa zwei Drittel des Sandes am Meer ankommen. Teilweise fällt das Problem der schrumpfenden Strände ins Auge, doch vielerorts ist dies ein „unsichtbares“ Problem, da die Strände mit teuren und aufwendigen Maßnahmen künstlich am Leben erhalten werden. Neben den hohen Kosten und dem Arbeitsaufwand bringen die aufgeschütteten Strände weitere Probleme mit sich. Die vom Meeresgrund geförderten Sandkörner sind anfälliger für Erosionen und zerbröseln leichter zu Staub, da sie gröber und weniger rund geschliffen sind. Dieser wird vom Wind zurück ins Meer geweht und verfängt sich dort z.B. in Korallen, die ersticken.

 Sandabbau in Bonn

Auch vor den Toren Bonns spielt der Sand eine wichtige Rolle und ruft Vertreter aus Wirtschaft und Umweltschutz gleichermaßen auf den Plan. So befinden sich zum Beispiel im Raum Kottenforst / Ville Lagerstätten von weißem Quarzkies, der als besonders wertvoller Rohstoff gilt. Laut den Grundsätzen der Raumordnung und der Landesplanung müssen heimische Rohstoffe und Lagerstätten für eine langfristige Versorgung gesichert werden.
Doch diesen Grundsätzen steht der Schutz der Landschaft gegenüber, für den sich Umweltschützer und Landschaftsschutzvereine in der Region seit Jahren einsetzen. Nordöstlich von Weilserswist wird teilweise bereits Quarzsand abgebaut. Weitere Abbaugebiete in einem südlichen Teil zwischen Buschhoven, Flerzheim, Lüftelberg und Witterschlick sind in Planung. Diese könnten in den nächsten Jahrzehnten bis an die Wohnbebauung der Vorgebirgsdörfer heranreichen. Als wichtiges Naherholungsgebiet und als bedeutende Kulturlandschaft ist der Kottenforst durch die Abbaugebiete gefährdet. Weitere Argumente, die gegen eine Ausweitung des Abbaus sprechen, sind eine erhöhte Emissionsbelastungen, eine Veränderung der Landschaft, soziale und wirtschaftliche Nachteile für die ansässige Bevölkerung und eine Verminderung des Bodenschutzes. Die Verfolgung der weiteren Entwicklung wird spannend bleiben.

 Fazit

Die genannten Beispiele zeigen auf unterschiedlichstereWeise und in den verschiedensten Bereichen die Nutzungskonflikte innerhalb des Sandabbaus. Einheitlich ist jedoch, dass Sand immer knapper und kostbarer wird. Damit kann die Frage zu Beginn des Artikels klar beantwortet werden: Es gibt Sand nicht „wie Sand am Meer“!

Erschienen in der BUZ 2_15

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