Müssen wir uns vor Fledermäusen fürchten?
Mit dem Wunsch zu wissen, woher der Coronavirus stammt, kommt unweigerlich die Frage auf: Sind Fledermäuse die Überträger der Krankheit und müssen wir hier in unseren heimischen Gefilden Angst haben, mit ihnen in Berührung zu kommen? Auf der einen Seite sind die possierlichen Tierchen geschützt, auf der anderen Seite verfolgt sie der schlechte Vampir-Ruf. Was hat es mit den widersprüchlichen Aussagen auf sich?
Weltweit gibt es circa 1300 unterschiedliche Fledermausarten, wovon in Deutschland 25 heimisch sind. Fledermäuse sind sowohl auf dem Land als auch in Städten zu finden. Sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten und Spinnentieren. Bis auf das Mausohr, das eine Spannweite von 40 Zentimeter und ein durchschnittliches Lebendgewicht von 30 Gramm auf die Waage bringt, sind diese Säugetiere unserer Heimat meist klein und kaum fingergroß.
„Fledermäuse gehören zu den bedrohten Tierarten und stehen unter weiträumigem Schutz, weil sie eine wichtige Funktion in der Natur haben und viele Arten durch den Menschen in ihrem Bestand gefährdet sind. Die Schutzbestimmungen für diese fliegenden Säugetiere sind durch die Naturschutzgesetze von Bund und Ländern sowie die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) bestimmt. Sie setzen auch andere internationale Übereinkommen zum Schutz der Fledermäuse um. Die aktuelle Situation, in der sich die Arten bei uns befinden, wird durch die Roten Listen beschrieben“ (Zitat Website „Der Baff“).
Dennoch haben wir hin und wieder ein gespanntes Verhältnis zu diesen Tieren. Mit dem Auftreten von Covid-19 kommt die Frage auf, ob Fledermäuse eine Gefahr für uns Menschen darstellen. Verfolgt man die aktuellen Veröffentlichungen des Robert Koch Institutes (RKI), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder führender Virologen, so ist nicht bewiesen, wo das Virus herkommt. Das RKI veröffentlicht auf seiner Homepage folgende Zusammenfassung vom 02. März 2020, die bis heute nicht widerlegt wurde: „Man nimmt an, dass SARS-CoV-2 von Fledermäusen stammt, Zwischenwirte wurden jedoch noch nicht identifiziert. Derzeit wird davon ausgegangen, dass sich die ersten Patienten Anfang Dezember auf einem Markt in Wuhan in der Provinz Hubei, China, angesteckt haben.“ Das heißt also, dass die in Fledermäusen gefundenen Coronaviren menschliche Zellen nicht angreifen, sondern dies erst über Entwicklungsstufen entweder in tierischen Zwischenwirten – auch hier gibt es unterschiedlichste Theorien der Fachwelt, ob dies Schuppentiere oder Marderhunde oder oder… gewesen sein könnten – oder aber im Menschen selbst erfolgt ist. Die Verschwörungstheorie, dass das Virus aus einem Labor stammte (Publikationen um Li-Meng Yan im August und September 2020), wird von der Fachwelt mit dem Argument zurückgewiesen, dass Untersuchungen ergeben hätten, dass SARS-CoV-2 Viren keine humanen Manipulationen an den Zellen aufweisen würden.
Was war so besonders an Wuhan und was können und müssen wir daraus lernen: In Wuhan werden regelmäßig sogenannte Frischmärkte veranstaltet, wo Tiere, unter anderem eben genau unsere Fledermäuse, lebend gehandelt werden und somit Mensch und Tier dicht aufeinander leben und in Berührung kommen. Da Fledermäuse Wildtiere sind und sie unter Stress und potenzieller Gefahr als solche reagieren, beißen sie und genau so werden Krankheitserreger übertragen. Die Geschichte von fast 75 Prozent der gefährlichsten Krankheiten der Menschheit wie HIV oder Ebola zeigt, dass diese ursprünglich von Tieren auf Menschen übertragen wurden.
An dieser Stelle weisen wir auf das Buch von Clemens G. Arvay „Wir können es besser“ hin. Er untersuchte eine Vielzahl von Beiträgen zur Entstehungsgeschichte und Auswirkung der Pandemie und resümiert, was wir aus Covid-19 lernen können und müssen. Was die Entstehung des Virus anbelangt, geht er auf Grundlage von Forschungen der University of Calgary, Kanada, von ein relativ langen Entwicklungszeit von bis zu sechs Jahren aus, bis das Virus den Menschen befallen konnte, also lange vor Wuhans Lebendtiermarkt im Dezember 2019. Da wir als Menschen den Tieren ihren ursprünglichen Lebensraum zum Beispiel durch Abholzung nehmen, werden diese gezwungen, nahe an uns heranzurücken. Wenn wir die Tiere des Weiteren durch unsere Handlungsweisen stressen, kommt es automatisch zu solchen Entwicklungen. So resümiert Arvay „Erst die Reduzierung der Biodiversität, das Eindringen in die Lebensräume von Wildtieren und die Störung ihrer Populationsstrukturen haben zur Entstehung von Epidemien, Pandemien und zahlreichen anderen globalen Gesundheitsbedrohungen beigetragen,“ und „zu wissen, dass es sich um eine Zoonose handelt, deren Entstehung und Verbreitung mit Naturzerstörung und Tierausbeutung zu tun hat, reicht aus, um zu verstehen, wie wir in Zukunft die Gefahr neuer Epidemien und Pandemien verringern können: durch mehr Rücksichtnahme auf Ökosysteme, Biodiversität und natürliche Funktionskreise, in die wir eingebettet sind.“ [1]
Wie können wir uns also davor schützen? Der Naturschutzbund (NABU) formuliert in seinem FAQ Papier hierzu folgenden Rat: „Grundsätzlich kann man sagen, dass von europäischen Fledermäusen kaum eine Bedrohung für den Menschen ausgeht, da die meisten Parasiten und Erreger entweder harmlos oder nicht auf den Menschen übertragbar sind. Einzig die Tollwut kann als potentielle Gefährdung angesehen werden. Wer den direkten Kontakt, also das Anfassen von Fledermäusen vermeidet, kann eine Infektion aber mit absoluter Sicherheit verhindern, da die Tollwuterreger über einen Biss übertragen werden. Ist aufgrund der Tätigkeit ein regelmäßiges Anfassen der Fledermäuse nötig, kann eine prophylaktische Tollwutimpfung zu empfehlen sein. Dennoch sollten die Tiere ausschließlich mit bissfesten Handschuhen angefasst werden.“ Dies gilt insbesondere auch dann, wenn man einem verletzten Tier helfen möchte.
[1] Clemens G. Arvay hin, „ Wir können es besser“, Teil 1, Seite 41, erster Abschnitt und Seite 52, dritter Abschnitt
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