Zur Halbzeit zwischen zwei Kommunalwahlen gibt es gute und schlechte Nachrichten aus den beiden Kommunen Königswinter und Bonn, die am Naturpark Siebengebirge aneinandergrenzen. Bei der Siedlungspolitik enttäuscht die Königswinterer Koalition, deutlich klimafreundlicher ist die Bonner Siedlungspolitik. Nun könnten neue Siedlungen in Stieldorf und Vinxel sogar die Bonner Verkehrswende unterminieren.
Susanne Gura
Roleber: Baufläche nun kleiner!
Für die Bonner Seite des Naturparks geht die Grün-Rot-Rot-Lila Ratskoalition weiter in die richtige Richtung. Sie will das Baugebiet um die Landwirtschaftskammer klein halten – ein Koalitionsantrag, der seit August 2023 durch die städtischen Gremien geht, beschränkt sich auf etwa ein Drittel der „Kragen“ genannten Fläche. Die VEBOWAG solle prüfen, ob sie der Sahle Wohnen GmbH das Gelände abkaufen würde, falls diese Investorin sich zurückzieht. Unser Verein hat in einem Schreiben die Beueler Politik daran erinnert, dass der Stadtrat den Entwurf des LWK-Architekten Pilhatsch für eine Umnutzung des vorhandenen reizvollen Gebäudes mit einigen zusätzlichen Wohneinheiten schon 2014 gut befunden hat.
Düfenbach-Quellgebiet: Renaturieren oder versiegeln?
Bild: Rund ums Jahr entsteht auf den Ackerflächen an der Stadtgrenze zwischen Bonnund Königswinter kühle Luft. Die Siedlungsbereiche in Vinxel und Stieldorf würden diese und weitere Funktionen der Landschaft erheblich einschränken. Quelle: LRBS
Das in Königswinter-Vinxel innerörtlich liegende Quellgebiet des kleinen Düfenbaches will eine Bürgergruppe renaturiert haben und eine Streuobstwiese anlegen. Für die Finanzierung wollen sie selber Fördermittel beschaffen. Mehr als 90 UnterstützerInnen gab es für einen entsprechenden Bürgerantrag. Gut: Es wird wahrscheinlich keine Entschädigung der drei EigentümerInnen notwendig, denn sie haben ihr Baurecht, das seit den 1970er Jahren besteht, zu lange ungenutzt gelassen. Die jetzt angedachte Bebauung ist eine Idee der Stadtverwaltung. Schlecht: Einer der drei Eigentümer tritt nun als Investor auf und wird von der Stadtverwaltung unterstützt, die den Bürgerantrag abgelehnt sehen möchte. Der Druck der Vinxeler Bevölkerung steigt. Hier könnte die Stadt Königswinter, wenn sie denn wollte, eine Premiere feiern – ihrer ersten renaturierten Feuchtwiese!
Klotzige Gebäude an der Vinxeler Kapelle?
Bild: Der aktuelle Bebauungsplanentwurf in Vinxel sieht u. a. neben der Kapelle ein Gebäude vor, das so hoch wie der Baum und mit 11 Metern genauso nah stehen würde. Quelle: LRBS
Für das Baugebiet am Kapellenweg, ursprünglich aus den Ländereien des Erzbischöflichen Schulfonds, wurde eigens ein Investor gegründet, die SHP Vinxel. Recherchen im Handelsregister haben eine äußerst fragwürdige finanzielle Situation zutage gebracht. Der Bebauungsplan steht kurz vor der Offenlage. Die Bürger*innen wurden vorab einbezogen, aber ihre Kritik wurde nicht ernstgenommen. Zum Beispiel wurde ein dreigeschossiges Nachbargebäude um einen einzigen Meter auf 11 Meter Abstand zur Kapelle versetzt. Das kritisierte dritte Geschoss soll dunkel eigefärbt werden, dies würde aus Sicht der Verwaltung zweigeschossig wirken. Die Bürger*innen haben 90 Wohneinheiten vorgeschlagen; nun sollen sie 120 akzeptieren. Sie sind von der aktuellen Koalition aus Königswinterer Wählerinitiative, Grüne und SPD enttäuscht.
Verkehrswende unterminieren?
Tatsächlich könnte die Bonner Verkehrswende durch die im Regionalplanentwurf enthaltenen Riesen-Siedlungen in Königswinter und Stieldorf torpediert werden. Der PKW-Verkehr würde wachsen. Lokal bis zum Doppelten und in den schon heute stark belasteten Beueler Ortsdurchfahrten um ein Viertel bis ein Drittel. Krass: Die Bonner und Siegburger Pendlerziele wären „nicht mehr erreichbar“. Das Königswinterer Gutachten, das dies prognostiziert, geht von 27 Hektar bebauten Bereichen aus, im Regionalplanentwurf stehen sogar 32 Hektar. Für die Umsetzung gibt es sogar einen Zeitplan.
Von neuen Straßen, inklusive Südtangente, rät das Gutachten dringend ab. Die allerwichtigste Lösung sei, möglichst wenig Pendler in Stieldorf und Vinxel anzusiedeln. Aber wer soll denn sonst dort wohnen? Aktuell sind in den beiden Orten etwa 70 Prozent PKW-PendlerInnen. Sie knubbeln sich auf Beueler Straßen, sämtlich ohne Busspuren. Weitere notwendige Maßnahmen seien der Ausbau von ÖPNV und Fahrradinfrastruktur. Das sei mit hohen Kosten verbunden. Genau, daher ist bisher davon wenig umgesetzt. Königswinter hat die wenigsten Radwege im ganzen Rhein/Sieg-Kreis.
Landschaftsschutz ignorieren?
Auch wegen der „Böden mit hoher Wasserrückhaltung“, der „schutzwürdigen Böden mit hoher Funktionserfüllung“, dem „regionalen Biotopverbund“, den „Allgemeinen Freiraum- und Agrarbereichen“ sowie der „Erholungsfunktion“ für die Region sind sämtliche Freiräume in Vinxel und Stieldorf für weitere großflächige Wohnbebauung disqualifiziert. Diese Regionalplanvorgaben scheint die Politik nicht ernst zu nehmen. Die Lage im Naturpark nahe Bonn lockt weiter wie bisher Einfamilienhaus-Interessierte mit je zwei PKWs. Der bestehende Landschaftsschutz war seit Jahrzehnten kein Hindernis. Im Regionalplanentwurf ist er bereits gestrichen. Paradox: Auf Bonner Seite der Stadtgrenze würde dieselbe Landschaft geschützt bleiben.
Bonn muss handeln!
Um die Bonner*innen vor dem zusätzlichen PKW-Verkehr zu schützen, muss sich der Bonner Stadtrat bei der für den Regionalplan zuständigen Bezirksregierung Köln gegen neue Siedlungsbereiche in Vinxel und Stieldorf einsetzen. Unser Verein hat einen entsprechenden Bürgerantrag gestellt.
Alle, nicht nur Menschen aus Königswinter, können hier unterschreiben: www.siebengebirgsregion.de Die Unterschriftensammlung läuft online und auf Papier noch bis Dezember 2023. Ohne Eintrag als Siedlungsbereich im Regionalplan dürfen keine Bebauungspläne aufgestellt werden. Deswegen wendet sich unsere Unterschriftenaktion „STOP Riesen-Siedlungen im Naturpark“ gegen die Einträge in den Regionalplan. So kann das Versiegeln des Naturparks Siebengebirge langfristig besonders wirksam verhindert werden. Faktenchecks zum Umfang der Riesen- Siedlungen und zum Königswinterer Verkehrsgutachten unter www.ennertaufstieg.de .
Kontakt: sg@siebengebirgsregion.de
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