Schwerpunkt: Klimapolitische Vorschau 2022

3. Januar 2022 | Gesellschaft, 2022, Ausgabe 1/2022 Klimapolitische Vorschau, Nachhaltigkeit, Ralf Wolff | 0 Kommentare

„Demonstrieren, Diskutieren, Umsetzen“

Am Freitag demonstrieren, am Wochenende diskutieren und ab Montag anpacken und umsetzen. Das ist der Untertitel des 2020 von Claudia Kemfert veröffentlichten Motivationsbuchs „Mondays for Future“. Aber geht das auch wirklich so schnell? Die Zivilgesellschaft wartet schon Jahre bis Jahrzehnte auf klimapolitische Schlüsselprojekte. Die BUZ-Redaktion bietet mit dieser Ausgabe einen Blick auf die im nächsten Jahr anstehende klimapolitische Diskussion und Umsetzung in Bonn.

Ralf Wolff

Der Bundestagswahlkampf stand ganz im Zeichen einer zukunftsweisenden Klimapolitik.
Die Bundesbürger*innen haben mit ihrer Wahl deutlich gemacht, dass sie eine Politik wollen, die Klimaschutz voranbringt und fördert. Klimaschutz taucht als Querschnittsthema in fast allen Kapiteln des doch recht zügig von SPD, Grünen und FDP erarbeiteten Koalitionsvertrags auf.

Im Zwischenruf erinnert unser Autor Manfred Fuhrich daran, dass die Vergangenheit der Zukunft bereits heute ist; die einzige Zeit, in der wir leben. Er hat zudem gerne das Buch mit dem Titel „Alles eine Frage der Zeit“ des renommierten Physikers und Philosophen Harald Lesch und seiner Co-Autoren Geißler rezensiert. Die Autoren dieses Sachbuchs erörtern die Frage, wie der dringende Handlungsbedarf in Sachen Klimawandel mit einem entspannteren Umgang mit „Zeit“ vereinbar ist. Warum die „Zeit-ist-Geld -Logik“ Mensch und Natur teuer zu stehen kommt, steht im Untertitel des Buches. Über diese „Zeit-ist-Geld -Logik“ empören sich auch die Fridays-for-Future-Bewegten. Sie prangern an, dass das Thema „Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ noch nicht konsequent bei allen Entscheidungen mitbedacht wird.

Inzwischen fand die 26. Klimakonferenz in Glasgow statt. Warum sollte ausgerechnet diese zum x-ten Mal durchgeführte Klimakonferenz einen Durchbruch fürs Klima bringen? Unter anderem, weil im Vorfeld Forscher die von rund 200 Staaten vorgelegten Klimaziele hochgerechnet hatten. Aus den Daten lässt sich eine Erderwärmung von 2,7 Grad ableiten. Dabei hält schon die heutige 1,1-Grad-Welt mit Dürren, Brand- und Flutkatas- trophen genügend Schrecken bereit. Die Einhaltung des angepeilten 1,5-Grad-Limits wird zur Überlebensnotwendigkeit auch in unseren gemäßigten Breiten. Ein weltweiter schneller Kohleaustieg, insbesondere der großen Industriestaaten, ist zwingend. „Idealerweise“ bis 2030, was nicht scharf genug formuliert ist.

Die Fridays-for-Future-Bewegten begründen ihre Vorwürfe mit Expertisen der Wissenschaft, die lange Zeit trotz publizierter Befunde unerhört blieben und viel zu langsam in Verträgen Berücksichtigung finden. Die neue Bundesregierung hat sich den Klimaschutz Deutschland auf die Fahne geschrieben. Doch alle fragen sich, wie Klimatransformation vor Ort aussehen wird. Die BUZ hat dazu die Bezirksbürgermeisterin und die Bezirksbürgermeister der vier Stadtbezirke Bonns gefragt. Sie erhalten mit ihren klimapolitischen Vorstellungen aus der Bezirksvertretung interessante Ausblicke auf Klimaschutzprojekte in Ihrem Bonner Wohnumfeld. Wie sich die angesprochenen Projekte an den nach dem Klimanotstandsbeschluss erstellten Maßnahmenkatalog von Parents und Fridays for Future anlehnen oder sich sogar mit ihm decken.

Unser Redakteur Jürgen war diesmal für seine Kolumne ‚Jürgen unterwegs‘ nicht auf Achse, sondern saß gemütlich zu Hause. Er ließ das verkehrspolitische Geschehen des zu Ende gehenden Jahres noch einmal Revue passieren. Die Sorgen der Bonner*innen nimmt er auf und hat dabei das eine oder andere Kuriosum ausgegraben. Auf seinem Schreibtisch hat er die berühmte Kristallkugel. Was er in dieser Kugel für 2022 sieht, wird er Ihnen nicht vorenthalten. Aus Sicht der BUZ-Redaktion wird sich im nächsten Jahr die Flächenkonkurrenz bei der Verkehrswende und bei Wohnraumbeschaffung mehr und mehr zeigen.

Projekt Seilbahn: Im Rahmen der Verkehrswende ist die geplante Seilbahn sehr umstritten. Unser Titelbild zeigt vier Beispiele von Seilbahnen als öffentliches Verkehrsmittel. Derzeit gibt es in Deutschland keine Seilbahn, die in den Öffentlichen Personennahverkehr eingebunden ist. Der Bonner Stadtrat möchte dies ändern. Laut Beschluss vom 9. Dezember wird die Bundesstadt Bonn die Aufnahme der Seilbahn in den noch gültigen ÖPNV-Bedarfsplan und den ÖPNV-Infrastrukturfinanzierungsplan des Landes NRW beantragen.

Radentscheid Bonn: Das Radentscheidteam macht mit den „Critical Mass“-Demonstrationen deutlich, wo sonst für Autos vorbehaltener Verkehrsraum „zurückzuholen“ ist.

Mit seiner Vorschau auf unsere Sommerausgabe „Wohnraum contra Freiraum“ ruft unser Redakteur Manfred Fuhrich dazu auf, eigene Beiträge/Anregungen zu diesem kontroversen Thema zu überlegen. Die BUZ-Redaktion wird sie für die inhaltliche Gestaltung der Ausgabe 4/22 aufgreifen. Innenentwicklung vor Außenentwicklung ist der Leitspruch. Sie muss so geplant werden, dass auch die verdichteten Bereiche noch der ‚Stadtwildnis‘ ihren Raum für Artenvielfalt lassen. Mit ihrem „Stadtwildnis“-Projekt wollen Abenteuer Lernen e.V. und BIO-Diverse die wilde Natur im Bonner Raum in den Mittelpunkt stellen. Ein Projekt für die Artenvielfalt, welches die Umsetzung der Ziele der Volksinitiative Artenvielfalt der Umweltverbände bestens stützt. Leider hat der Landtag NRW die Initiative abgelehnt.

In ihrem Buch „Mondays for Future“ gibt die Klimaökonomin Claudia Kemfert fundiert Antworten auf über 120 Fragen und Problemstellungen. Es enthält zudem 50 Handlungsempfehlungen, die sofort umsetzbar sind. Der Bund der Alevitischen Jugendlichen (BDAJ) kann dies sicherlich gut zur Umsetzung seines mit Fridays for Future und weiteren Vereinen erarbeiteten Konzepts für eine nachhaltige möglichst klimaneutrale Verbandsarbeit nutzen.

Der Bundestag kann die große Linie vorgeben. Wie Klimatransformation vor Ort dann tatsächlich ermöglicht werden kann, ist in unserem föderalen Staatsaufbau sehr mit den Landtagen verbunden.

Am 15. Mai ist die Landtagswahl NRW.

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