Warme Tage im Herbst

„Auch der Herbst hat noch warme Tage“ (Zitat aus „Tratsch im Treppenhaus“/ Ohnsorgtheater)


Dr. Manfred Fuhrich


In der Literatur und in der Kunst werden die Phasen des Lebenslaufs immer wieder gerne mit den Jahreszeiten verglichen. Viele Zeitgenoss*innen haben sich zu diesem Thema geäußert; die einen humorvoll, die anderen traurig stimmend. Das Thema Altern ist nicht leicht, aber hochaktuell. Ebenso politisch ist das Thema Wetter und seine Kapriolen zu den Jahreszeiten. Der Herbst geht und kommt nächstes Jahr wieder. Das Leben ist hingegen ein einmaliges Angebot. Wie gehen also bekannte Persönlichkeiten mit diesem delikaten Thema um. Es lohnt sich also, diesmal die Streiflichter auf den Herbst als Lebensphase zu richten.

Verheißung des Frühlings

Für gewöhnlich wird der Frühling als angenehmste Jahreszeit empfunden. Die Natur blüht auf, alles sprießt, die Tage werden länger. Sandro Botticelli hat uns ein vielbeachtetes Gemälde hinterlassen, dass auf den ersten Blick ein Frühlingsfest darstellt. Flora, die Göttin der Pflanzen, lässt alles was sie berührt erblühen. Im Sinne einer Allegorie offenbart sich das Werk als Glorifizierung der Liebe. Im Mittelpunkt steht nämlich die Venus als Göttin der Liebe.

Die Geschenke des Herbstes

Herbststimmung in Erwartung des Winters Foto: Jens Piepenbringk

Der Herbst hingegen hat auch seinen Reiz. Er wird mit buntem Laub und natürlich mit den Gaben der Ernte assoziiert. Angesichts des Klimawandels bietet der Herbst die erhoffte Abkühlung, eben keine Hitze mehr, sondern warme Tage. Der Herbst beschenkt uns mit den Früchten der Natur. Im fortgeschrittenen Alter haben wir viel Erfahrungen angesammelt, sind reich an Erfahrungen, Enttäuschungen und Niederlagen. Wir sind daran gereift. So stellt Simone de Beauvoir fest: „Altern heißt, sich über sich selbst klar werden“. Das bedeutet nicht immer Freuden, sondern auch Schmerzen, auf jeden Fall persönliche Anstrengungen – für Körper und Seele.
Joachim Fuchsberger bekennt: „Alt werden ist nichts für Feiglinge“.
Ursprünglich von Hollywood-Diva Mae West wurde der Spruch propagiert, um zu zeigen, dass das Altern kein Schicksal ist, sondern eine Herausforderung, die Willensstärke und Resilienz erfordert.

Was kommt nach dem Herbst?

Seniorenzeit ist Erntezeit Foto: freepic

Den Bäumen fallen im Herbst die Blätter ab wie den Männern mit zunehmenden Alter die Haare ausgehen. Aber durch Abwerfen von Laub und Ästen gehen die Bäume sparsam mit Ressourcen um, sichern die Kraft für neues Wachstum. Letzteres ist den Menschen nicht vergönnt, hier endet der Vergleich. Dennoch gibt es Trost für Pragmatiker: „Ich verstehe gar nicht, warum Leute etwas gegen das Altern haben. Es ist doch eine wichtige Voraussetzung um lange zu leben.“ (Konrad Adenauer). Es geht also nicht darum, das Erdenleben zu verlängern und nicht etwa zu wiederholen. Das Altern aber wird für viele mit dem Schatten des nahenden Todes verbunden. Der medizinische Fortschritt lässt uns diese Tatsache verdrängen. Da haben die es gut, die an die Wiedergeburt glauben. Das kann beruhigend wirken, wenn man doch noch soviel vorhatte und in diesem Leben nicht mehr dazu kommt. Da erscheint ein Leben 2.0 sehr willkommen. Die Hoffnung kann man mit diversen Videospielen einüben. Man kann aber auch durch diese Beschäftigung das wahre Leben verpassen.

Altern heisst Erfahrungen sammeln

Ruhestand mit Weitblick Foto: Jens Piepenbringk

In keinem Lebensabschnitt zuvor hat man so viel Erfahrung wie im Alter. Trotz der Vielzahl von lebenserhaltenden oder lebensverlängernden Angeboten und Hilfsmitteln bleiben körperliche Schwächen alltägliche persönliche Probleme. Die gesellschaftlichen Herausforderungen hinsichtlich Rentensystem und Kostenexplosion in der Pflegeversicherung belasten die Hoffnung auf einen goldenen Oktober und milden Herbst. Der medizinische Fortschritt ist das eine. Das andere ist der Umstand, dass es zunehmend einsam wird, wenn immer mehr Freunde und Nachbarn wegsterben. Doch dies ist ein natürlicher Vorgang, wenn auch immer wieder schmerzlich. Dennoch sollte uns diese Einsicht nicht davon abhalten, das Leben zu bejahen. Ein Spruch von Wolf Biermann spendet Trost und ist unmissverständliche Aufforderung zugleich: „Es gibt ein Leben vor dem Tod“. Genießen wir also das Leben und die Früchte der Natur.

 

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