Ratsbeschluss mit Präzedenzwirkung-Blutbuche Mehlem

Die alte Blutbuche in Mehlem ist mehr als ein Baum – sie ist Symbol für Naturschutz, Klimaschutz und kommunale Rechtsklarheit. Bezirksvertretung und Rat lehnten ihre Fällung ab, während die Verwaltung die Ablehnung der Fällgenehmigung rechtlich beanstandete. Die Entscheidung liegt nun bei der Bezirksregierung Köln – und könnte wegweisend für zukünftige Bonner Baumschutzsatzungen und das gesamte Baumschutzrecht in Deutschland sein.


Andreas Schütt


Die sehr alte und mächtige Blutbuche an der Rolandswerther Straße 140d in Bonn-Mehlem ist mehr als nur ein Baum. Sie steht im Zentrum eines jahrelangen Konflikts zwischen Bauinteressen und Naturschutz – und eines rechtlichen Präzedenzfalls für Bonn. Nachdem die Bezirksvertretung Bad Godesberg die beantragte Fällung bereits am 25. Oktober 2023 einstimmig abgelehnt und die rechtliche Beanstandung der Stadtverwaltung zurückgewiesen hatte, bestätigte der Rat der Stadt Bonn am 8. September 2025 den Beschluss der Bezirksvertretung einstimmig auf der Grundlage eines Antrages des Stadtverordneten Dr. Christian Möller (Hochkreuz/ Plittersdorf). Die Oberbürgermeisterin musste daraufhin pflichtgemäß nach den Vorgaben der Gemeindeordnung die Bezirksregierung Köln einschalten, die nun endgültig entscheiden wird.

Luftbild der Blutbuche Mehlem | Quelle: 230605-06 – Beschlussvorlage

Für viele Bürgerinnen und Bürger ist die gesunde Blutbuche längst ein Symbol geworden: für Lebensqualität, für den Wert alter Bäume (s. Foto Luftbild der Blutbuche Mehlem) im Stadtbild – Bäume, die ob ihres Alters und ihrer imposanten Größe von Fachleuten auch als „Klimaspezialisten“ bezeichnet werden. Letztlich geht es um die Frage, wie ernst Politik und Verwaltung es wirklich meinen, wenn es um Klimaschutz und Klimaanpassung im Alltag vor Ort geht. Denn eins ist klar: bis eine Ersatzpflanzung die Klimaleistungen des alten Baumes erreicht, vergehen viele Jahrzehnte. Daher ist gerade der Schutz der großen alten Bäume für eine erfolgreiche Klimaanpassung der Stadt herausragend wichtig.
Kern des Streits ist nicht nur die Frage, ob der Baum gefällt werden darf, sondern welches Recht im Zweifel Vorrang hat: die Bonner Baumschutzsatzung oder das Bauplanungsrecht, weil der Baum im Bebauungsplan eingetragen (festgesetzt) und demnach gemäß Baugesetzbuch des Bundes (BauGB) zu erhalten ist. Die Verwaltung vertritt bislang den Standpunkt, die Fällung könne allein nach den Regelungen der Baumschutzsatzung genehmigt werden. Rat und Bezirksvertretung hielten dagegen: Über bauplanungsrechtliche Erlaubnisse entscheide allein die Bauplanungsbehörde – und zwar nach den für den Baumschutz strengeren (!) Maßstäben des Baugesetzbuchs (§ 31 BauGB). Die Baumschutzsatzung könne dies nicht ersetzen. In diesem Fall geht es also nicht um Baurecht gegen Baumrecht sondern um konkurrierende Rechte innerhalb des Baurechts! Genau diese Abgrenzung der Zuständigkeiten macht den Fall über Bonn hinaus bedeutsam.
Besonders brisant wird der Fall durch widersprüchliche Gutachten. Während das Gutachten der Stadtverwaltung den Erhalt des Baumes im Rahmen eines Bauvorhabens für unmöglich hält, kommt ein vom BUND eingereichtes Gegengutachten zu einem anderen Schluss: Es sei sehr wohl möglich, die vitale Blutbuche zu erhalten und gleichzeitig das geplante Bauvorhaben umzusetzen. Der BUND verwies im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Bonn bei der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Köln auch auf Beispiele aus Frankfurt und Köln, bei denen es gelang, mächtige Blutbuchen zu erhalten, ohne dass die Bauprojekte scheiterten.
Die Bezirksregierung deutete bereits an, dass zur Klärung ein unabhängiges, drittes Baumgutachten erforderlich sein dürfte.
Für den BUND und viele Mitbürger ist klar: Die Blutbuche ist ein ökologischer und stadtbildprägender Schatz, der nicht leichtfertig geopfert werden darf. Die Blutbuche ist für viele Menschen in Mehlem nicht nur ein Baum, sie ist ein Stück Heimat. Für die Kommunalpolitik geht es zugleich um ein Stück Rechtsgeschichte: Bricht das Baurecht wirklich automatisch das Baumrecht – oder müssen Fällgenehmigungen bei solchen Bäumen, die im Bebauungsplan zum Erhalt festgesetzt sind, nach strengeren Kriterien des Baurechts abgewogen werden?
Sollte die Bezirksregierung klären, dass Befreiungen nach § 31 BauGB zwingend berücksichtigt werden müssen, könnte dies direkte Auswirkungen auf die Bonner Baumschutzsatzung haben: Möglicherweise könnten die gerade erst geänderten kommunalen Regelungen nachgeschärft werden, um den Schutz wertvoller Bäume künftig verbindlich zu sichern. Eine entsprechend geänderte Satzung könnte dabei wegweisend für das gesamte Baumschutzrecht in Deutschland sein. Der Stadtverordnete Dr. Christian Möller hatte dazu bereits alternative Entwürfe vorgeschlagen, die den Baumschutz in Bauleitplanverfahren stärken sollten, die aber von der Verwaltung mit widersprüchlichen Argumenten abgelehnt wurden.
Der Bonner Ratsbeschluss setzt hier ein Signal für mehr Rechtsklarheit und für den Schutz wertvoller Bäume auch im Spannungsfeld zur Bauleitplanung. Bis zur Entscheidung der Bezirksregierung bleibt die Blutbuche jedenfalls unangetastet – und mit ihr die Hoffnung, dass sie ein lebendiges Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit Natur in unserer Stadt werden kann.

Weitere Info:

Der Ratsbeschluss vom 8. September 2025 und das Baumgutachten des BUND sind im Ratsinformationssystem der Stadt Bonn abrufbar, unter DS 230605-10 AA
Die Vorschläge für Baumschutzsatzungen mit Regelungen für die Bauleitplanung sind im Ratsinformationssystem der Stadt Bonn abrufbar, unter DS 231582-22 AA und DS 231586-24 AA

Infos

Wert eines Baumes 100 jährige Buche
hat 600.000 Blätter
1500 Quadratmeter Blattoberfläche
6-7 Monate Photosynthese
Kraftwerk für 200 Jahre pro Jahr Aufnahme von:
6 Tonnen CO2

1 Tonne Feinstaub erzeugt für uns:
4,5 Tonnen Sauerstoff
pro Tag bis zu 400 Liter Wasser

um sie zu ersetzen:
Neupflanzung von
2000 Bäumen mit 1,5 m3 Krone
Kosten: 150.000 Euro
Ihr Holzwert: max. 500 Euro

© CONRAD AMBER 2019

 

BUND-Kreisgruppe beteiligt sich am Tag der Nachhaltigkeit

Was wir für mehr Nachhaltigkeit tun können

 

Am 20. September war es wieder soweit – die Stadt Bonn veranstaltete auf dem Münsterplatz das Nachhaltigkeitsfestival. Zahl- reiche Gruppen und Akteure stellten ihre Aktivitäten vor und luden zum Mitmachen ein.


Dr. Uwe Lipke


Tolle Vorschläge für eine nachhaltigere Lebensführung! Bildautor: Lisa Krane

Die BUND-Kreisgruppe wollte von den Besuchenden wissen, was jede und jeder von uns selbst machen kann, um Nachhaltigkeit im Alltag zu leben. Es reicht nicht, immer nur auf andere zu zeigen, die etwas tun sollen – man muss auch selbst bereit sein, etwas zu ändern.

Denn wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, ändert sich auch das Gesicht der Welt. Getreu diesem Motto schrieben uns viele große und auch kleine Bonnerinnen und Bonner ihre Vorschläge auf unsere Pinnwand. Hier nur einige der Vorschläge:

  • Lokal einkaufen,
  • Libellenbiotop,
  • Motor aus an der Schranke,
  • Fast Fashion widerstehen,
  • Einander ermutigen – berichten, was geklappt hat.

Als kleines Dankeschön haben wir Äpfel von unserer Streuobstwiese am Rodderberg (siehe unten) und erstmals auch Äpfel von unserem Gartengrundstück in Oberholtorf an die Teilnehmenden verteilt. Natürlich waren diese Äpfel nicht alle makellos, wie man es im Supermarkt gewöhnt ist – aber ein Wurm weiß halt, was gut schmeckt! So viele tierische Nutznießer waren aber gar nicht dabei, so dass viele direkt in die gut schmeckenden Äpfel beißen konnten. Wir hatten bestes Wetter, aber offensichtlich gab es zeitgleich auch noch andere Publikumsmagneten in Bonn, denn im Verhältnis zum letzten Jahr hatten wir den Eindruck, dass der Münsterplatz dieses Jahr nicht so gut gefüllt war. Das tat unserer Laune keinen Abbruch, und so haben wir um 17 Uhr bei guter Laune wieder zusammengepackt.
Hoffentlich findet die Veranstaltung auch nächstes Jahr wieder statt. Angesicht des Ausgangs der Stichwahl zum Oberbürgermeister ist ja unsicher, ob Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Zukunft noch Platz in der Bonner Stadtpolitik haben können.

Ein Highlight im Herbst

Apfelernte auf der Streuobstwiese am Rodderberg

Ende September war es wieder soweit: Die BUND-Kreisgruppe machte sich auf den Weg zu ihrer Streuobstwiese, um die Äpfel für den leckeren Apfelsaft zu ernten, der bei den Aktiventreffen verköstigt wird.


Diethelm Schneider


Dieses Jahr war die Ernte etwas bescheidener – aber alle haben genug mitnehmen mitnehmen können.
Bildautor: Dr. Uwe Lipke

Bei der diesjährigen Apfelernte waren es so viele Freiwillige wie noch nie: Mit mehr als 10 Personen ging die Apfelernte diesmal schnell. Allerdings waren wir auch nicht die ersten: Offenbar hatten sich Wildschweine Zugang zur Wiese verschafft und bereits das komplette Fallobst gefressen, so dass wir nur noch die Reste aus den Bäumen schütteln konnten.
Es gab zwar immer noch reichlich Äpfel, aber nicht mehr so viele, dass sich ein Verpressen gelohnt hätte, da dafür immerhin 50 kg zusammenkommen müssen. Dafür haben wir die Äpfel unter den Freiwilligen aufge- teilt, so dass alle mit ein paar Kilo Äpfeln nach Hause gehen konnten. Da das Wetter auch mitspielte, waren alle am Ende sehr zufrieden.

 

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