Reisen bildet. Andere Länder, andere Verkehrsangebote: Eine Fahrt nach Österreich zeigt, wie es dort aus Fahrgastsicht besser läuft.
Karl-Heinz Rochlitz

Foto: Karl-Heinz Rochlitz
Feldkirch hat sich bei mir zu einem beliebten Urlaubsziel entwickelt: Noch vor wenigen Jahren von Bonn Hbf direkt zu erreichen, inzwischen – wenn Baumaßnahmen nicht den Fahrplan verhageln – per Direktverbindung ab Siegburg /Bonn. Anfangs eher auf das direkt südlich Feldkirch liegende Liechtenstein mit seinem hervorragenden Busangebot orientiert, zog es mich diesmal von Feldkirch aus eher nach Norden, nach Hohenems.
Diese kleine Stadt im Vorarlberger Rheintal mit 17.300 Einwohnern ist überraschend interessant: Zwei der drei wichtigen Handschriften des Nibelungenliedes wurden im dortigen Residenzschloss gefunden, 200 Höhenmeter über dem Ort thront eine mächtige Burganlage, das ehemals jüdische Viertel mit einem besuchenswerten jüdisch-arabischen Museum hat sich prächtig herausgeputzt, und vor allem: Das weltweit bedeutendste Schubert-Festival findet dort und im benachbarten Schwarzenberg alljährlich statt und lockt die Weltklasse klassischer Künstler für häufige Auftritte.
Mein Hotel in Feldkirch und der Konzertort in Hohenems liegen beide bahnhofsnah, und nach der Anreise nach Feldkirch mit der Bahn liegt es nahe, mit der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) eine Woche lang zu pendeln. Erste Überraschung: Es gibt eine Wochenkarte des Verkehrsverbundes Vorarlberg mit frei wählbarem Beginn für gerade einmal 27,40 Euro – für meine insgesamt 14 Fahrten à 17 Kilometer ein unschlagbar günstiger Preis. Und die Fahrkarte gibt es mit guter Beratung gleich am Bahnhof Feldkirch zu kaufen. Die Zugfahrt ist schnell – mit der S-Bahn sind es bei sechs Zwischenhalten 20 Minuten, mit dem REX und weniger Zwischenhalten nur 14 Minuten. Die S-Bahnen sind von außen wie innen sehr ansprechende Fahrzeuge und fahren im sauberen Halbstundentakt bis nach 0 Uhr, danach am Wochenende im Stundentakt, bis vor 6 Uhr wieder der Halbstundentakt einsetzt. Bis nach 22 Uhr fährt zusätzlich im Stundentakt der schnellere REX, wochentags sogar noch stündlich ein vierter Regionalzug.
Was weitaus wichtiger ist als das tolle Angebot: Alle 14 Nahverkehrszüge, die ich Ende April benutzt habe, fuhren pünktlich, zusammen bei allen Zügen kam ich auf gerade einmal vier Verspätungsminuten! Unvorstellbar, wenn ich das mit dem Nahverkehr beispielsweise zwischen Bonn und Köln vergleiche. Aber auch die Bahnhöfe bieten alles, was man sich als Fahrgast wünscht: Saubere, zum Teil sogar sehr breite Bahnsteige und Unterführungen, Fahrstühle, die alle funktionieren, zahlreiche Infodisplays auch in den Unterführungen. Selten habe ich mich in Bahnhöfen und Zügen so wohlgefühlt, zumal auch immer einige bis viele Fahrgäste ebenso unterwegs sind.

Foto: Karl-Heinz Rochlitz
Alles atmet gediegenen Wohlstand: Die Bahnhofsdächer bieten nicht minimale Unterstellmöglichkeiten, sondern erstrecken sich über die gesamte Zuglänge selbst in einem kleinen Ort wie Hohenems, nur bei S-Bahn-Halten „auf der „grünen Wiese“ wie in Feldkirch-Amberg gibt es nur den Bahnsteig. Die Bahnhöfe sind hell beleuchtet, und vor den Bahnhöfen oder in unmittelbarer Nähe kann man in vertaktete Busse umsteigen, welche die Siedlungen abseits der Bahnstrecke und selbst Bergdörfer oben im Bregenzer Wald erschließen; eine Bergtour auf die Hohe Kugel (1645 m) von oberhalb Fraxern (920 m) war kein Problem.
Besserer Bahnverkehr in der Schweiz und Österreich ist natürlich das Ergebnis davon, dass die Eisenbahn in beiden Staaten kein „Nischenverkehr“ ist und man seit Jahrzehnten mehrfach höhere Beträge u.a. in die Infrastruktur investiert als in Deutschland. Die pünktlichen Nahverkehrszüge sind auch nicht etwa das Ergebnis einer geringeren Auslastung der Bahnstrecke: Auf der Vorarlberger Rheinstrecke sind auch zahlreiche Fernverkehrs- und Güterzüge unterwegs; manche Fernverkehrszüge sogar unpünktlich, weil aus Deutschland kommend, aber Dispositionen zulasten des Nahverkehrs wie ständig zwischen Bonn und Köln habe ich nicht wahrgenommen.
Allerdings auch nicht beobachtet habe ich deutlich weniger Kraftfahrzeugverkehr in Feldkirch, in dem Straßen aus mehreren Richtungen zusammentreffen: Auch die via Tunnel um Feldkirch herumführende Autobahn und die parallel im Schweizer Rheintal verlaufende Autobahn können diesen Missstand offenbar nicht beseitigen. Immerhin gibt es aber auf der Nord-Süd-Achse durch Feldkirch vor der stark belasteten Hauptkreuzung lange Busvorrangspuren, so dass die Busse beispielsweise nach Liechtenstein weitgehend pünktlich fahren. Fraglich ist, ob 2030 das „Generationenprojekt Stadttunnel“ wirklich Besserung bringt, denn schon heute ist das Angebot von Bus und Bahn aus meiner Sicht eigentlich hervorragend, reicht aber wohl für viele Menschen noch nicht zum Umsteigen.
Gleichwohl – ich habe es meine Tage in Feldkirch und Hohenems genossen: Entspannt und günstig unterwegs sein, ohne Parkplatzsorgen und -gebühren. „Sie fahren mit dem Zug?“, fragte mich ein Konzertbesucherin, und weiter: „Das ist gescheit, das ist günstiger als die Parkgebühren.“ Diese Haltung bräuchten wir eigentlich immer. Die Woche Entspannung endete allerdings bei der Rückfahrt in Lindau-Reutin, am ersten deutschen Bahnhof: „Wegen Personenschaden in Buchloe erreicht unser Zugpersonal Lindau verspätet, so dass wir erst in einer Stunde weiterfahren“. Die Wirklichkeit der Deutschen Bahn hatte mich wieder.
Generalprobe war suboptimal
Rainer Bohnet

Rainer Bohnet
Die Sperrung der Linken Rheinstrecke im Mai für drei Wochen war die Generalprobe für die Generalsanierung in 2028. Vor allem der Schienenersatzverkehr (SEV) funktionierte leider nur suboptimal.
An der Quantiusstraße, dem End- und Startpunkt der SEV-Busse, wurden Servicekräfte vermisst. Da dort auch viele SWB-Busse abfahren, waren viele Fahrgäste ziemlich ratlos. Hinzu kam der Umstand, dass viele Ersatzbusse mit unkundigen Busfahrern aus allen Regionen Deutschlands im Einsatz waren. Und eine Fahrt zwischen Bonn Hbf und Köln Hbf – je nach Bus – dauerte bis zu 1,75 Stunden. Die SEV-Busse sollten primär über die Autobahn A 555 und mit Vorrang auf den innerstädtischen Straßen Bonns und Kölns fahren.
Völlig unsinnig war, dass sich lange Gelenkbusse durch enge Dorfstraßen in Bornheim-Sechtem quählen mussten. Zu fragen ist in diesem Zusammenhang, ob die Bahnhöfe in Bornheim-Roisdorf und Brühl zwingend durch den SEV angefahren werden müssen. Denn von diesen Orten kann man bekanntlich auch per Stadtbahn nach Köln und Bonn fahren.
Der VCD wird die Mängel des SEV genau katalogisieren und mit goRheinland besprechen. Denn im sechsmonatigen Sperrzeitraum in 2028 mit rund 41.000 Menschen, die werktäglich mit der Bahn zwischen Bonn und Köln pendeln, sind die Herausforderungen für einen attraktiven SEV ungleich größer.
Neubau für Bundespolizei und Bahnhofsmission im Bonner Hauptbahnhof
Rainer Bohnet

Rainer Bohnet
Die Generalsanierung der Linken Rheinstrecke findet zwar erst 2028 statt. Aber da die DBInfraGO diese Zeit nutzen will, den nördlichen Gebäudeteil des Bonner Hauptbahnhofs zu erneuern, wird aktuell der Abriss und die temporäre Verlagerung des Gebäudes, in dem die Bundespolizei und die Bahnhofsmission untergebracht sind, geplant. Dieser Teil des Bonner Hauptbahnhofs steht nicht unter Denkmalschutz.
Die Bundespolizei und die Bahnhofsmission werden während der Bauarbeiten in einem Ersatzbau am südlichen Ende des Hauptbahnhofs untergebracht. Aktuell laufen dazu die Feinabstimmungen zwischen der DBInfraGO und der Stadt Bonn.
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