Die zwei Farmers-for-Future-Initiativen

5. Dezember 2022 | Ausgabe 1 / 2023 Stadt-Land-Umwelt, Gesellschaft, Umwelt | 0 Kommentare

Wichtiges Thema, neu gedacht?

Julia Oberdörfer

Hinter dem Namen Farmers for Future stecken gleich zwei Initiativen, die sich von Fridays for Future inspiriert gegründet haben und für eine nachhaltige Landwirtschaft einstehen. Die eine wird unterstützt von einer Reihe an Bio-Verbänden, die andere wurde durch das Familienunternehmen Tannenhof Meißer ins Leben gerufen. Beide setzen sich für die gleiche alte Sache ein und doch unterscheiden sich ihre Vorgehensweisen.

Die Landwirtschaft leidet, als vom Wetter abhängige Branche, mitunter am stärksten unter den Folgen des Klimawandels und hat gleichzeitig selbst einen großen Anteil daran. Etwa sieben Prozent der gesamten Treibhausgas- Emissionen Deutschlands stammten 2021 aus dieser Branche (Umweltbundesamt.de). Dabei ist nachhaltige Landwirtschaft schon seit längerem kein neues Thema mehr. Eine Reihe von Verbänden und Initiativen setzt sich für Reformen ein und versucht mit gutem Beispiel voranzugehen. Mit Farmers for Future sind mit dem Aufschwung der Fridays for Future Bewegung gleich zwei neue Initiativen dazu gekommen, die sich beide für die gleiche alte Sache einsetzen, aber unabhängig voneinander agieren. Sie versuchen, mit ihren Bewegungen einen neuen Beitrag und vor allem neue Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen und fordern einen Umschwung im Agrarsektor, der zu weiten Teilen noch immer klimagefährdend handelt.

Neue Initiative und alte Verbände

Farmers for Future (www.farmers-for-future.de) gründete sich 2019 durch den Demeter- Landwirten Jakob Schererz und ist laut eigener Aussage ein loses Bündnis an landwirtschaftlichen Betrieben. Sie werden von mehreren Bioverbänden unterstützt, wobei Demeter verantwortlich für die Internetseite ist und sich ebenfalls um die Social-Media-Kanäle kümmert. Jakob Schererz wollte als Gründer der Initiative zeigen, dass auch die Landwirtschaft hinter den Forderungen zum Klimaschutz der jungen Demonstrant*innen steht und damit die aktiven Landwirt*innen zu weiterem Engagement ermutigen. Sie stehen öffentlich zu den Fridays for Future und bewerben ihre Demonstrationen und Veranstaltungen.
Die Farmers for Future fordern unter anderem den Humusaufbau, flächengebundene Tierhaltung, die Erforschung klimafreundlicher Verfahren und eine Änderung der gemeinsamen Agrarpolitik. Dabei ist der Ökolandbau für sie ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Ihre gesamte Liste mit Forderungen erhielt bisher 1.370 Unterschriften von Landwirt*innen und konnte 2020 an die damalige Agrarministerin eingereicht werden. Aktiv setzen die Farmers for Future ihre Forderungen auf ihren eigenen Höfen um und unterstützen weitere Projekte wie zum Beispiel das „Humus- Klima-Projekt“ oder das Projekt „Kuh Pro Klima“. Sie zeigen Namen und Geschichten von aktiven Farmers-for-Future-Landwirt*innen und werben konstant für eine nachhaltige Landwirtschaft.

Ein Familienunternehmen will Reformen

Im Gegensatz zur erstgenannten Bewegung steht Farmers for Future (www.farmers4future. de) von Michael Meißer. Mit seinem Familienunternehmen Tannenhof Meißer steckt er hinter dieser Initiative und wirtschaftet selbst laut eigener Aussage weit über den Bio-Standard hinaus. Inspiriert durch die Fridays-for-Future- Bewegung wollte er eine Plattform für eine zukunftsgerichtete Landwirtschaft schaffen. Dabei war ihm die Unabhängigkeit zum Beispiel von großen Verbänden besonders wichtig, um unbeeinflusst fordern und handeln zu können.
Seine Farmers for Future fordern unter anderem eine totale Orientierung auf die Schließung Kuh Pro Klima sowie eine ökosoziale Transformation. Und die Nutztierhaltung soll drastisch abgebaut werden. Das ist der größte Unterschied zu ihren Namensvettern. Dabei sei Meißer bewusst, dass seine gesamten Forderungen radikal klingen und selbst den Ökolandbau ins Hadern brächten. Allerdings ist genau das an seiner Initiative wichtig, da sie sonst entbehrlich wäre. Durch diese radikalen Forderungen erlebte Meißer viel Ablehnung in Gesprächen mit Verbänden, die zum großen Teil mit der tierlosen Landwirtschaft hadern. Eine Landwirtschaft ganz ohne Tiere, die auch die tierische Düngung ausschließt, ist bisher selten. Laut Meißer sei sie aber ebenso funktionsfähig wie eine mit Tieren und dabei weitaus umweltfreundlicher.
Für den Erfolg seiner Initiative plant Meißer viel Zeit ein. Es müsse sich etwas in den Grundzügen der Landwirtschaft und damit in den Köpfen der großen Akteure in diesem Sektor ändern, um ebenso Großes bewirken zu können. Aber auch die Verbraucher*innen müssten ihre Einstellung gegenüber Landwirt* innen überdenken.

Mit der Zeit gehen

Bei Farmers for Future geht es vor allem um die ideale Zukunft der Landwirtschaft. Hinter beiden Initiativen stecken Menschen, die ihre Branche in eine nachhaltigere Zukunft führen wollen und in den Köpfen aller Interessierten sicherlich einen Denkprozess anregen können. Ob diese Initiativen mit dem berühmten Anhängsel „for-Future“ im Namen tatsächlich mehr Einfluss haben als alteingesessene Bio-Verbände sei dahingestellt. Farmers for Future ist auf beiden Seiten ein Versuch, mit der Zeit zu gehen und das Thema Landwirtschaft einer vor allem jüngeren aber auch weitaus breiteren Zuschauerschaft zu präsentieren, die den Aspekt der Landwirtschaft ansonsten nicht in den Fokus stellen würde.

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