Demokratie in Deutschland
Cynthia Roggenkamp
Bürgerinnen und Bürger in Deutschland können sich in verschiedener Art und Weise an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen. Dafür muss man weder einer politischen Partei beitreten noch Gewerkschaftsmitglied oder ähnliches werden, denn auch darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten, sich aktiv in unser politisches System einzubringen.
Das Recht auf Demonstrationen ist in Deutschland ein Grundrecht und in Artikel 8 des Grundgesetzes (Versammlungsfreiheit) verankert. Demonstrationen müssen in Deutschland zwar angemeldet, aber nicht genehmigt werden. Nur in sehr außergewöhnlichen Fällen, kann eine Demonstration, z.B. von der Polizei, verboten werden.
Es gibt unterschiedliche Arten von Demonstrationen, wie z.B. Menschenketten, Schweigemärsche, Sitzblockaden oder auch Mahnwachen sowie Einzelaktionen oder Massendemos. Auch die Themen bzw. Anlässe von Demonstrationen sind so vielfältig wie die Teilnehmer selbst. Dabei ist es auch egal, ob gegen etwas (z.B. Atomenergie, Bauprojekte, Globalisierung) oder für etwas (z.B. Frieden, gewerkschaftliche Ziele, Umweltschutz) demonstriert wird.
Dass Demonstrationen ein Instrument der politischen Partizipation sind, mit dem man Ziele erreichen kann, zeigt ein Blick in die Geschichte.
Die so genannten Montagsdemonstrationen 1989 in der DDR waren Teil einer friedlichen Revolution, an der am Ende die deutsche Wiedervereinigung stand.
Auch Bonn war zu seiner Zeit als Bundeshauptstadt bereits Schauplatz großer Demonstrationen.
Im Herbst 1979 demonstrierten 100.000 auf der Hofgartenwiese gegen Kernenergie. Am 10. Oktober 1981 kamen 300.000 Menschen an gleicher Stelle zusammen, um gegen Atomwaffen zu demonstrieren. In den Tagen vom 10. und 11. Juni 1982 fand anlässlich eines Staatsbesuches des amerikanischen Präsidenten Reagan eine Friedensdemonstration mit 400.000 Menschen statt.
Am 22. Oktober 1983 wurde in Bonn die Hauptkundgebung der damaligen Friedensbewegung veranstaltet, bei der Heinrich Böll und Willi Brandt als Redner vertreten waren und an der 200.000 Menschen teilnahmen. Grund des Protestes war damals der NATO-Doppelbeschluss aus dem Jahr 1979.
Doch es gibt nicht nur Demonstrationen, die sich auf bestimmte aktuelle Ereignisse oder politische Entscheidungen beziehen, sondern auch regelmäßig stattfindende Zusammenkünfte, wie z.B. die Ostermärsche, die Demos zum 01. Mai oder auch der Christopher-Street-Day.
Petitionen
Unter einer Petition versteht man eine Bittschrift, ein Ersuchen oder auch eine Beschwerde an eine zuständige Stelle, wie z.B. eine Behörde oder Volksvertretung. Wie auch bei den Demonstrationen, besteht in Deutschland ein Petitionsrecht, welches als Grundrecht in Art. 17 des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Wichtig zu beachten ist jedoch die schriftliche Einreichung der Petition. Auch besteht heute die Möglichkeit der Onlinepetition. Auf verschiedenen Plattformen können eigene Petitionen erstellt werden oder „fremde“ durch digitale Unterschrift unterstützt werden. Die Themen reichen vom Erhalt des Jugendclubs im eigenen Stadtteil bis hin zur Einhaltung von generellen Umweltstandards.
Schreiben mit Bitten oder Beschwerden an den Bundestag landen beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, der diese prüft und berät. Anhand des Eingangs dieser Bitten und Beschwerden kann die Stimmung in unserem Land direkt aufgezeichnet und ausgewertet werden. Insgesamt besteht der Petitionsausschuss aus 26 Mitgliedern, die den im Bundestag vertretenen Parteien angehören. Im Jahr 2014 sind insgesamt 15.325 Petitionen im Petitionsausschuss eingegangen. Mit 3.175 fielen die meisten der Eingaben dabei in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums (BM) für Arbeit und Soziales, 1.730 in den des BM für Justiz und 1.550 in den des Innenministeriums. Die meisten Eingaben kamen anteilsmäßig aus Berlin und Brandenburg, die wenigsten aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Eigene Petitionen einreichen oder Lesen, Diskutieren und Mitzeichnen kann man auf dem Postweg oder auch online unter https://epetitionen.bundestag.de.
Bürgerbegehren
Auf kommunaler Ebene besteht das Instrument des Bürgerbegehrens, mit dem ein Antrag auf Bürgerentscheide gestellt werden kann. Dieser muss von einem bestimmten Anteil an wahlberechtigten Personen innerhalb einer festgelegten Frist unterschrieben werden. Die Regeln dieses Verfahrens, wie z.B. die Anzahl der Unterschriften, sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich (Unterschriftsquorum und Fristen in NRW: 3 – 10%, keine Frist). Sobald genügend Unterschriften gesammelt wurden, wird das Begehren auf formale Zulässigkeit geprüft und dann der kommunalen Vertretung vorgelegt, die anschließend eine Entscheidung über eine Annahme oder eine Ablehnung trifft. Bestimmte Themen sind grundsätzlich von Bürgerbegehren ausgeschlossen. Dazu zählt u.a. der kommunale Haushalt, Entscheidungen in der alleinigen Kompetenz des Bürgermeisters oder auch Entscheidungen, die Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren betreffen.
Fazit
Die oben genannten Instrumente zeigen eine Auswahl an Möglichkeiten der politischen Partizipation. Informationen findet man z.B. auch auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung. Dass eigene Initiativen immer Aussicht auf eine Umsetzung oder Erfolg haben ist natürlich nicht gegeben, aber einen Versuch ist es allemal wert und vielleicht erreicht man andere Menschen, die ähnliche Ziele verfolgen.
Erschienen in der BUZ 4_15
0 Kommentare