Essen Chinesen Hunde, Fledermäuse, …?
Hundeschlachtung zur Fleischgewinnung ist seit 1986 in Deutschland verboten. In China und anderen Ländern wie Südkorea und der Schweiz besteht weiterhin die kritisierte Hundefleisch-Esskultur. Ausgehend von der Ursprungsregion des SARS-CoV-2-Virus wird den chinesischen Völkern weiter vorgeworfen, die Pandemie sei aufgrund ihrer Essgewohnheiten in die Welt gelangt. Essen Chinesen wirklich „alles“?
Hintergrund und Geschichte
In China leben 56 anerkannte Volksgruppen sowie andere nicht in den Registern eingetragene Ethnien mit eigener Kultur und Tradition. Im letzten Kaiserreich der Qing-Dynastie (1644–1912) hat das Mandschu-Volk China beherrscht. Die Mandschuren sind typische Nomaden und vermögen zu reiten und zu jagen. Der Larvenroller (Paguma larvata), eine vorwiegend auf Bäumen lebende Schleichkatze, war eine gern genossene Speise des mandschurischen Königshauses. (Sie hatte vermutlich den Ausbruch der SARS-Pandemie 2002/2003 mit dem Virus SARS-CoV ausgelöst.) Das Verspeisen von Wildtieren als ein Statussymbol der Oberschicht verstärkte sich nach der Qing-Dynastie.
Die Geschichte Chinas ist die Geschichte tausender großer Hungersnöte. Die größte und schlimmste Hungersnot Chinas und auch der Menschheit griff vor sechzig Jahren um sich. In dieser als „Dreijährige Schwierigkeitsperiode“ benannten Zeit (1959–1961) starben 15 bis 55 Millionen Menschen aufgrund von Nahrungsmittelknappheit. Chinas Bevölkerung schrumpfte von 672 Millionen im Jahr 1959 auf 660 Millionen im Jahr 1961. Um zu überleben, aß man während dieser Katastrophe sogar die Kohle und das Kaolinit. Auch von Kannibalismus wurde berichtet. Der chinesische Schriftsteller Mo Yan hat diese Hungersnot erlebt und in vielen seiner Werke beschrieben, mit denen er 2012 als erster chinesischer Staatsbürger den Nobelpreis für Literatur gewann. Vielleicht hat diese Hungererinnerung einen so tiefen Eindruck auf die Chinesen hinterlassen, dass sie sich bis heute immer noch mit der Frage „Hast du schon gegessen?“ begrüßen.
Essen Chinesen Hundefleisch?
Eine Umfrage über die Einstellung der Öffentlichkeit zum Verzehr von Katzen und Hunden wurde von der Animals Asia Foundation (AAF) ab 2011 in 19 chinesischen großen Städten vorgenommen und im Jahr 2015 veröffentlicht. In gewöhnlichen Städten wie Beijing, Shanghai haben 22 Prozent der Befragten in den letzten zwei Jahren Hundefleisch probiert. Davon aßen 47 Prozent einmal pro Jahr und 29 Prozent halbjährlich Hundefleisch.
Seit 2009 findet in Yulin jährlich das Hundefleisch-Festival statt. Das ist eine kleine Stadt im „Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang-Nationalität“, wo die größte Minderheitsbevölkerung von über 37 Ethnien in China lebt. Der Bericht der AAF zeigt sogar in Städten wie Yulin, deren Einwohner die Hundefleisch-Esskultur pflegen, dass lediglich die Hälfte der Befragten in den letzten zwei Jahren Hundefleisch gegessen hat, davon jeder zweite maximal zweimal im Jahr. Dieser Umfrage fehlen aber ländliche Daten. Sie kann die Situation in China also nur zum Teil widerspiegeln.
Essen Chinesen Fledermäuse?
In alten chinesischen Medizinbüchern wurde der Verzehr von Fledermäusen als ein Heilmittel beispielsweise gegen chronischen Husten, Malaria und Gonorrhoe beschrieben. Fledermauskot namens Yemingsha (chin.: 夜明砂) wurde auch in der chinesischen Medizin zur Heilung von Augenkrankheiten angewendet. Die Anwendung kann jedoch zum Tod führen. Im alten medizinischen Buch Bencao Gangmu wurde davor gewarnt. Laut des statistischen Bulletins von 2019 zur Entwicklung des Gesundheitswesens der Volksrepublik China machen die traditionellen chinesischen Medizin- und Gesundheitseinrichtungen aber weniger als sieben Prozent der Gesamtzahl der Medizin- und Gesundheitseinrichtungen des Landes aus. Zudem sind sie alle integrierte chinesische und westliche Krankenhäuser mit moderner Medizin. Manche althergebrachte Medizin kommt darin natürlich nicht zur Anwendung, einschließlich Fledermäuse und deren Kot. Es ist nicht zu vermeiden, dass Menschen ohne wissenschaftliche Kenntnisse selbst Hausmittel anwenden.
Fledertiere werden in bestimmten Gebieten einiger asiatischer, afrikanischer und pazifischer Länder noch heute verzehrt, beispielsweise in Indonesien, Thailand, Vietnam und auf den Palauinseln.
Essen Chinesen wilde Tiere?
So wie die Fledermäuse haben viele wilde Tiere nach der Theorie der chinesischen Medizin einen medizinischen Wert. Die „Umfrage zur Bereitschaft der Öffentlichkeit zum Konsum, Handel und zur Gesetzesänderung bezüglich des Umgangs mit Wildtieren“ im Jahr 2020 mit über 100.000 Rückmeldungen zeigte: 97 Prozent der befragten Chinesen sind gegen den Verzehr von Wild. Wer zuvor Wildfleisch konsumiert hatte, machte 12 Prozent aus, wovon 95 Prozent ihr Konsumverhalten ändern wollten. Bemerkenswert ist, nur 12 Prozent hatten Kenntnisse in Bezug auf das Wildtierschutzgesetz, den Kauf von Wildtieren und ihrer Produkte. Die Übrigen hatten entweder gar kein Wissen darüber oder nur mal davon gehört.
Das Tierschutzgesetz der Volksrepublik China gilt seit 1989. Es schützt seltene und gefährdete Wildtiere auf dem Land und im Wasser. Darin ist das Verbot, Wildtiere für Handel und etwaige Produkte zu jagen und zu töten, deutlich und ausführlich beschrieben. Am 24. Februar 2020, kurz nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie, wurde vom Volkskongressausschuss der Volksrepublik China eine Entscheidung eines Essverbots veröffentlicht.
Ein Foto eines Wild-Verkäufers auf dem Feinkost-Nassmarkt in Wuhan („Südchinesischer Großhandelsmarkt für Fische und Meeresfrüchte Wuhan“), welches seit Anfang 2020 weltweit verbreitet wurde, zeigt, dass dessen Angebot auch eine große Anzahl von geschützten Wildtieren wie Pfau, Fasan, Sikahirsch, Krokodil und weitere umfasst. Da es offensichtlich wurde, dass mindestens acht Läden Wildtiere vertrieben, befragte im Januar 2020 die Nachrichtenagentur Cailianshe den zuständigen Aufsichtsbeamten des Büros für Gärten und Forstwirtschaft von Wuhan. Er gab an, keine Lizenzen für den Handel mit Wildtieren für den Feinkost-Nassmarkt in Wuhan ausgestellt zu haben. Illegale Jagd und der Verkauf fanden und finden durch die Nachlässigkeit der staatlichen Aufsicht also in der Tat statt.
Fazit
Ministerpräsident Li Keqiang teilte im Mai 2020 öffentlich mit, dass es in der Volksrepublik China noch 600 Millionen Menschen gab, deren monatliches Einkommen etwa 1000 Yuan (≈ 128 Euro) betrug. Dieser Betrag ist knapp fürs Leben. Fleisch ist Luxus für die Armen. Zudem haben bis 2021 lediglich etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung einen Ausbildungs- oder höheren Bildungs-
abschluss. Viele Menschen haben keinerlei Ahnung – wie die oben genannte Umfrage ergeben hat – welches Fleisch überhaupt gegessen werden darf. Nur wenn Leute nicht mehr Hunger leiden müssen und genügend Bildungsangebote erhalten, wird Tier- und Umweltschutz seine volle Wirkung entfalten. Statt Klischee, Rassismus, Arroganz oder Vorurteile sind gegenseitiges Verständnis und Hilfe nötig und erwartbar.
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