Positionen zur Wohnungs- und Siedlungspolitik
Was haben bei der Kommunalwahl 2020 die Koalitionen in Bonn (Grün/Rot/Rot/Lila) und Königswinter (Köwi/Rot/Grün) wohnungspolitisch gewollt, was haben sie bis 2025 erreicht und wie würden sie weiter regieren? Was wäre von Koalitionen mit der CDU zu erwarten ?
Susanne Gura
Bonn (Grün/Rot/Rot/Lila)

Die CDU will nach der Kommunalwahl, wie früher unter OB Sridharan, so viel Wohnraum in Roleber schaffen, dass ein Ausbau des Holzlarer Hauptkanals nötig wird. Dieser ist zwei Kilometer lang und würde inzwischen mehr als 25 Millionen Euro kosten. Nicht der Investor, Sahle Wohnen, würde das zahlen, sondern Stadt und Anwohner der Holzlarer Hauptstraße!
Quelle: LRBS 2020
Die Wahlprogramme von Grünen und SPD sind detailliert auf ihren guten Erfolgen in der laufenden Legislatur begründet und beschreiben ausführliche wohnungspolitische Pläne für 2025 bis 2030. Die CDU bleibt kurz und überwiegend sehr vage. Sie scheint sich lieber an fiktiven Themen wie Wohnflächensteuer in den Medien abzuarbeiten, die aber bekanntlich keine der kandidierenden Parteien will. Definitiv bei einem Wahlsieg der CDU zu erwarten ist eine Bebauung des Geländes der Landwirtschaftskammer in Roleber und entsprechend mehr PKW-Verkehr, weniger Kaltluftentstehung und extrem hohe Kosten für die Erweiterung des Holzlarer Kanals (s. Abb.).
Uns hat die Koalition, und noch mehr fraktionsunabhängige Gruppe Rheingrün, begeistert mit ihrer konsequenten Politik zur Landwirtschaftskammer Roleber. Enttäuscht hat uns die Koalition, weil sie sich im Regionalrat nicht gegen die Königswinterer Siedlungspläne eingesetzt hat, die den Pendlerverkehr durch Beuel verschärfen und das beliebte Naherholungsgebiet praktisch zerstören würden.
Bezahlbar Wohnen – Das Bonner Baulandmodell sieht bei Vorhaben ab 20 Wohnungen die Hälfte als Sozialwohnungen vor. Sogar kleinere Bonner Vorhaben, ab acht Wohnungen, müssen Sozialwohnungen einplanen, nämlich 40 Prozent. Seit 2020 wurde erst wegen der Pandemie und dann durch hohe Zinsen und steigende Baukosten relativ wenig Neubau realisiert. Gleichzeitig fielen viele geförderte Wohnungen aus der Sozialbindung. Trotzdem konnte die Bonner Koalition durch Zubau den Anteil Sozialwohnungen bei fast sechs Prozent halten, und wegen der steigenden Landesmittel rechnet sie mit einem deutlichen Anstieg in der nächsten Legislaturperiode. Zudem hat sie für den Ankauf von Belegungsrechten Haushaltsmittel eingeplant und will nach dem Karlsruher Modell Sanierungen fördern und im Gegenzug Belegungsrechte festlegen.
Projekte der Bonner Koalition wie die Durchsetzung der Zweckentfremdungssatzung, die Denkmalbereichssatzungen, die Tauschbörse der VEBOWAG, den Plan des ersten Bonner Azubi-Wohnheims, die Werkswohnungen der Stadtwerke, sind vielleicht klein, aber in der Gesamtheit bringen sie eine Reihe von Entlastungen und auch neue Wohnungen.
Städtische Flächen – Unvergessen bleibt der Verkauf städtischer Flächen unter der früheren CDU/FDP-Koalition: Urban Soul am Hauptbahnhof war kein Gewinn für den städtischen Haushalt, und die Chance auf einen wesentlich großzügigeren Busbahnhof wurde vertan. Die aktuelle Bonner Koalition setzt anstelle des Verkaufs von städtischen Flächen die Erbpacht ein. Um weitere Flächen zu beschaffen, hat die Bonner Koalition bereits einige Vorkaufssatzungen beschlossen.
Städtischer Wohnungsbau – Die Bonner Stadtentwicklungsgesellschaft ist gegründet und soll mit dem Duisdorfer Rosenfeld ein erstes Projekt beginnen. Die Bonner Koalitionspartner wollen die VEBOWAG reformieren, damit sie die gezielte Politik für mehr bezahlbare Wohnungen besser erfüllen kann.
Neubauprojekte in der Siebengebirgsregion – Die Koalition kann einen Abriss der Landwirtschaftskammer in Roleber rechtlich nicht verhindern, aber hat der Erweiterung der Bauflächen engere Grenzen gesetzt. Der Investor, Sahle Wohnen, hofft daher auf eine erneute CDU-Regierung nach der Kommunalwahl, und die CDU will große Flächen wie in Roleber bebauen. Allerdings würden dann auf die Steuerzahler die Ausbaukosten des zwei Kilometer langen Holzlarer Kanals zukommen.
Siedlungsbereiche im/am Naturpark Siebengebirge – In Bonn hat die Koalition zwar beschlossen, Siedlungsbereiche in Roleber, Hoholz und Gielgen nicht in den ersten Regionalplanentwurf zu bringen und ihn aus dem zweiten Entwurf wieder zu streichen. Allerdings kooperiert im Entscheidungsgremium, dem Regionalrat Köln, die SPD mit der CDU und fällt dem Bonner Stadtrat in den Rücken – dasselbe SPD-Ratsmitglied, Alois Saß, könnte sich also im Bonner Stadtrat gegen und im Regionalrat für die Siedlungsbereiche einsetzen.
Königswinter (Köwi/Rot/Grün)
In Königswinter sind Wahlprogramme Mangelware – die Politik der Koalition unterscheidet sich nur marginal von der früheren CDU/FDP- Koalition. Vage Wohnungspolitische Ziele wurden kürzlich einstimmig verabschiedet. Fatal für die WählerInnen: Konkreteres wird erst nach der Wahl beschlossen. Die Kandidierenden müssen also vorher zu öffentlichen Aussagen veranlasst werden.
Die Klimaerwärmung und den Artenverlust will die Koalition zwar bekämpfen, aber ohne eine Wende in der Siedlungspolitik. Einfamilienhäuser im Grünen für betuchte Steuerzahlende sind der einmütige Fokus von Koalition und Opposition. Als Maßnahme kommen höchstens etwas kleinere Bauflächen infrage. „Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich Grün – wir haben also alles richtig gemacht“, kommentierte lapidar der Vorsitzende des Ausschusses für Städtebau, Umwelt und Klima, Michael Ridder, unsere Kritik am nahezu ungebremsten Königswinterer Flächenfraß. Er ist inzwischen von der Königswinterer Wählerinitiative KÖWI zur CDU gewechselt.
Einfamilienhäuser im Naturpark Siebengebirge – Die Koalition hat die Siedlungsplanung nicht nur im Umfang (26 Hektar) fast genau von der CDU/FDP übernommen, sondern auch in der Lage. Zwei Drittel der neuen Bauflächen, die im Entwurf des Flächennutzungsplans vorgesehen sind, liegen im den Bergorten Stieldorf und Vinxel. Die Bürgermeisterkandidatin von CDU und FDP Heike Jüngling, Lebenspartnerin des früheren CDU-Bürgermeisters, bekennt sich zum Vorrang der Innenentwicklung (§ 1a BauGB), aber verschweigt völlig auf ihrer Wahl-Webseite die umstrittenen 16 Hektar im Außenbereich von Stieldorf und Vinxel, die zum Landschaftsschutzgebiet des Naturparks gehören.
Eigentlich würden diese Bauflächen gar nicht gebraucht, denn bei der Berechnung des Bauflächenbedarfs wurde einfach die gängige Pauschale für Risiken bei der Bauleitplanung von 20 Prozent auf über 40 Prozent verdoppelt. Bei den üblichen 20 Prozent Risikopauschale würden die vorhandenen Bauflächen in den nächsten zwei Jahrzehnten für den angestrebten Zuzug von 15 Prozent mehr Einwohnern völlig ausreichen.
Ein Verkehrsgutachten im städtischen Auftrag, mit vernichtendem Ergebnis, wird dabei schlicht ignoriert. Man setzt auf den HomeOffice-Effekt, der den hohen Pendlerautoverkehr etwas über den Tag verteilt, und auf die Untätigkeit der Anwohnenden an den betroffenen Beueler Durchfahrtsstraßen.
Bezahlbar Wohnen – Das Baulandmodell soll unverändert bei 30 Prozent Förderwohnungen in Bauvorhaben ab 20 Wohnungen bleiben. Der Anteil Sozialwohnungen ist mit 2,3 Prozent ungewöhnlich niedrig, der Leerstand mit 3,6 Prozent sehr hoch. Der Stadtrat hat einstimmig Verbesserungen anzustreben beschlossen, aber konkrete Pläne der Kandidierenden liegen nicht vor.
Wer unterstützt Bauen im Bestand?
Billiger und schneller als Neubau ist Umbau und Teilung, und neue Infrastruktur ist selten nötig. Die Wohnflächen sind kleiner und somit die Bezahlbarkeit besser als im Neubau, zumal im Neubau die Mietpreisbremse nicht gilt. Im Durchschnitt werden seit Jahrzehnten bundesweit 15 Prozent der neuen Wohnungen auf diesem Weg geschaffen, meist von Privatleuten, die keine Rendite, sondern wohnen wollen. Hohe Zinsen und Baukosten haben Bauen im Bestand anders als den Neubau nicht ausgebremst (siehe BUZ Mai/Juni 2025). Durch Beratung von Privatleuten lässt es sich erheblich, schnell und sogar kostengünstig steigern (s. BUZ Jan/Feb 2025).
Weder in Bonn noch in Königswinter haben Kandidierende bisher eine solche Beratung angekündigt. In Königswinter ist das auch im neuen Fachprogramm nicht vorgesehen.
Hinweise
• Zum Reaktionsschluss am 10. Juni lagen in Bonn Wahlprogramme von CDU, Grünen und SPD vor, in Königswinter nur von der FDP. Die Bürgermeisterkandidatin von CDU/FDP informiert kurz auf einer Webseite u.a. zum Thema Wohnen.
• Auf unserer Webseite www.ennertaufstieg.de werden wir Sie laufend über die Positionen der Kandidierenden informieren.
Was Sie tun können
• Zu den Wahlveranstaltungen gehen und konkrete Antworten fordern, in Ihrer Frage wichtige Informationen wiederholen oder einflechten
• Unterschriften sammeln für die Petition „STOP Riesensiedlungen im Naturpark“, siehe www.ennertaufstieg.de
Kontakt
Lebenswerte Region Bonn-Siebengebirge e.V. www.siebengebirgsregion.de
sg@siebengebirgsregion.de
mob.: 0177 669 1400
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