Fleisch ist mein Gemüse?!

1. November 2018 | Gesellschaft, Nachhaltigkeit, Verena Mandt | 0 Kommentare

Ernährung im Wandel – Teil 1

Sprüche wie diesen kennt jeder. Dabei ist längst bekannt, dass eine stark Fleisch-betonte bzw. auf tierischen Produkten beruhende Ernährung ungesund ist. Der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren kann zu überhöhten Cholesterinwerten, Diabetes, Leberfett und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Dennoch steigt der weltweite Fleischkonsum immer weiter an. Mit verheerenden Folgen für Mensch und Umwelt.

Anstieg des Fleischkonsums

Bereits jetzt hat sich im Vergleich zu Beginn der 60er Jahre der weltweite Fleischkonsum mehr als vervierfacht, mit weiter steigender Tendenz. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern führen sich ändernde Essgewohnheiten und wachsende Einkommen zu einem starken Anstieg beim Fleischkonsum, v.a. von Schwein und Geflügel. Dennoch ist der Fleischkonsum mit 25 kg pro Jahr und Person dort immer noch niedriger als in den Industrieländern, bei denen er ganze 80 kg beträgt. Deutschland liegt mit etwa 88 kg Fleisch pro Jahr sogar noch etwas über diesem Durchschnitt. Dabei liegt bei uns der Hauptanteil auf dem Verzehr von Schweinefleisch und entsprechend auch auf der Schweinehaltung. Mit fast 27 Mio. Tieren (Stand 2010) ist Deutschland hier Spitzenreiter innerhalb der EU und außerdem der zweitgrößte Produzent von Rindfleisch, welches hierzulande überwiegend als Koppelprodukt bei der Milchviehhaltung entsteht.

Landnutzungsänderungen

Diese Tiere brauchen vor allem zwei Dinge: Fläche und Futter. Ganze 80% der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen, werden bereits jetzt als Weide oder Ackerland für die Tierhaltung genutzt. Doch leider reicht selbst das nicht aus. Um weitere Flächen als Weideland oder für den Anbau von Futtermitteln nutzbar zu machen, muss in Südamerika zunehmend der Regenwald weichen und mit ihm zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Durchschnittlich sterben etwa 10.000 Arten pro Jahr aus. Doch nicht nur der Lebensraum zahlreicher Tierarten ist bedroht, auch Kleinbauern werden vertrieben, um ihr Land für den Anbau von Futtermitteln zu nutzen.

Soja – die Zauberbohne

Die wachsende Nachfrage nach Fleisch hat die Tierhaltung bereits massiv verändert. Es gibt immer weniger, dafür größere und spezialisiertere Betriebe, in denen die Tiere in sogenannter Intensivtierhaltung aufgezogen werden, also ganzjährig im Stall stehen, immer weiter weg von der artgerechten Haltung, mit Fokus auf maximale Gewinnerzielung. Fast 60% des weltweit produzierten Schweinefleisches und über 70% des Geflügelfleisches entstammen mittlerweile dieser Art von Tierhaltung. Meist können (und wollen) die riesigen Betriebe die nötigen Futtermittel gar nicht mehr selber produzieren und importieren diese stattdessen günstig aus dem Ausland. Vor allem Soja spielt dabei eine zentrale Rolle, da dieses ein idealer Eiweißlieferant ist. Die vielversprechende Bohne wird jedoch meist in Monokulturen unter hohem Pestizideinsatz angebaut und schadet so der Umwelt. Besonders problematisch ist dabei der Import von Futter-Soja aus Südamerika, dessen Anbau zunehmend die dortigen Regenwälder bedroht. Dabei ließe sich der Eiweißbedarf auch durch andere, heimische proteinreiche Futtermittel wie Ackerbohne, Erbse, Lupine, Raps und Klee ersetzen.

Ökobilanz und Klimabilanz

Auswirkungen der Intensivtierhaltung sind aber auch hier in Deutschland zu spüren. Die tierischen Ausscheidungen enthalten v.a. Stickstoff und Phosphor, sowie oftmals Rückstände von Medikamenten, die beim Austragen der Gülle auf den Feldern im Grundwasser landen. Tatsächlich ist die Verunreinigung von Trinkwasser durch die Fleischerzeugung ein gravierenderes Problem als der direkte Wasserverbrauch, besonders in wasserarmen Regionen. Hinzu kommen Treibhausgase, die bei der Erzeugung von Fleisch genauso wie von Milch oder Eiern entstehen. 14,5% der menschlich verursachten Treibhausgase sind dabei auf die Nutztierhaltung zurückzuführen. Darunter das von den Kühen und Rindern ausgestoßene Methan, das etwa 28mal schädlicher ist als CO2, sowie Lachgas, welches durch das Düngen mit Mist und Gülle entsteht und sogar 256fach stärker belastend wirkt. Schließlich sind auch die Rodungen von Flächen für die Viehwirtschaft als Belastung für das Klima zu betrachten. Sie machen ganze 5% der weltweiten Treibhausgasemissionen aus und zerstören zusätzlich Ökosysteme, die in weitaus höherem Maße Treibhausgase speichern könnten, als die entstehenden Weiden oder Ackerflächen es tun. Aufteilung der Treibhausgas-Emissionen der weltweiten Tierhaltung (FAO, 2006) Abholzung, Desertifikation 35,2% Künstliche und organische Düngemittel (Herstellung und Verwendung) 33,8% Mikrobielle Verdauung bei Wiederkäuern 25,4% Nutzung landwirtschaftlicher Maschinen 1,3% Sonstiges 4,3% Quelle: Koerber, K. et al (2009): Globale Ernährungssicherung für eine wachsende Weltbevölkerung – Flächenbedarf und Klimarelevanz sich wandelnder Ernährungsgewohnheiten.

Sicherung der Welternährung

Auch in Hinblick auf die Welternährung ist der steigende Fleischkonsum, sowie der übermäßige Konsum tierischer Produkte überhaupt, kritisch zu sehen. Denn die starke Nachfrage nach Mais, Soja und Weizen als Futtermittel führt zu steigenden Preisen derselben auf dem Weltmarkt und erschwert somit in einigen Entwicklungsländern die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln bis hin zu Hungersnöten. Bis 2050 müsste nach Experteneinschätzung die landwirtschaftliche Produktion um 70% gesteigert werden, um die ganze Weltbevölkerung ernähren zu können – ohne Ernährungswandel. Würden wir die Getreideerzeugnisse jedoch direkt konsumieren, statt sie an Tiere zu verfüttern, sähe die Situation schon wesentlich entspannter aus. Ganze 35% des weltweit angebauten Getreides werden nämlich für die Tierhaltung verwendet, in Deutschland sogar über 60%. Der dabei entstehende Verlust an potenzieller Nahrung wird beschönigend Veredelungsverlust genannt. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 6 – 16 kg Getreide sind nötig, um 1 kg Fleisch zu erzeugen. In gewisser Hinsicht also Energie- und Ressourcenverschwendung.

Teil 2 zum Thema Welternährung finden Sie in der nächsten Ausgabe der BUZ!

Verena Mandt

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