Der Sittich in Bonn
Die Sittiche, gerne auch einfach Papageien genannt, sind Vögel mit prägnantem Geschrei sowie grünem und schönem Gefieder.
Zwei Arten der Sittiche fliegen in kleinen Gruppen in Bonn herum. Ursprünglich kommen sie in Afrika und Asien vor. Wer aber Bonn besucht oder hier lebt, bemerkt oft eine große Anzahl dieser Tiere in den Baumwipfeln der Stadt. Diese Vögel sind nur ein Beispiel für mehrere exotische Arten, die heutzutage auch in Deutschland leben. Das Neobiota-Portal des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) informiert uns über den aktuellen Status.
Was machen die Sittiche hier?
Die grünen Vögel werden immer häufiger in großen Gärten, urbanen Gebieten und Stadtparks vor allem in Städten wie Bonn, Köln, Düsseldorf sowie in anderen Orten entlang des Rheins gesichtet. Die Aufzeichnungen zu ersten Sittichen in freier Wildbahn stammen aus dem Jahr 1967. Unklar ist, ob sie dem Kölner Zoo oder einem privaten Vogelhändler entflogen sind. Fest steht: Seitdem hat die Sittichpopulation kontinuierlich zugenommen.
Einer Bonnerin ist das aufgefallen: „Seit einigen Jahren vermehren sich die Sittiche in Bonn stark. Ich wohne in Schwarzrheindorf und beobachte seit längerer Zeit, dass die Schwärme immer größer werden und sich in den Baumkronen sammeln, um dort Asttriebe, Knospen und die Baumrinde abzuknabbern“.
Aufgrund ihrer afrikanischen und asiatischen Ursprünge werden diese Vögel als Neobiota, also als gebietsfremde oder nicht heimische Arten eingestuft. Manchmal werden sie wenig zutreffend auch als Exoten oder fremdländische Arten bezeichnet. So können Tier- oder Pflanzenarten benannt werden, die von Natur aus nicht in einer bestimmten Region vorkommen.
Laut dem Neobiota-Portal wurden bis heute mindestens weitere 267 gebietsfremde Vogelarten in Deutschland protokolliert. Von ihnen wurden 23 beseitigt oder sind hier ausgestorben; 110 sind nur als Einzelfunde mit „kurzfristiger Überlebensperspektive“ dokumentiert worden. 17 der Arten gelten hingegen als etabliert – sie überdauern wild lebend seit einem längeren Zeitraum. Letzteres ist der Fall bei Psittacula eupatria (Großer Alexandersittich) und Psittacula krameri (Halsbandsittich oder Kleiner Alexandersittich).
Der Halsbandsittich kann ausgewachsen etwa 40 Zentimeter groß werden und trägt ein interessantes Detail: Er hat ein Band um den Hals. Daher auch der Name Halsbandsittich. Der Große
Alexandersittich trägt zwar auch ein Band um den Hals, er ist jedoch korpulenter und kann sogar erstaunliche 60 Zentimeter groß werden. Das ist jedoch kaum wahrnehmbar, wenn sich die Geschöpfe in den Baumkronen befinden oder fliegen.
Im Naturschutz werden Arten als invasiv bezeichnet, wenn sie sich aufgrund des Fehlens natürlicher (Fress-) Feinde außerordentlich vermehren und die einheimische Biodiversität (negativ) beeinflussen.
Wie angedeutet, können diese Vögel Schäden an Bäumen verursachen.
Sind die Sittiche wirklich eine Bedrohung für das Gleichgewicht des hiesigen Ökosystems?
Die Antwort lautet: Möglicherweise. Der Große und der Kleine Alexandersittich wurden in der Aufsatzsammlung „Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Wirbeltiere“ (BfN-Skripten 409, 2015, Hrsg.: S. Nehring, W. Rabitsch, I. Kowarik, F. Essl) als potenziell invasive Arten klassifiziert und in die sogenannte Beobachtungsliste aufgenommen. Dies bedeutet, dass es Hinweise gibt, dass beide Arten die Biodiversität gefährden könnten. Jedoch fehlen bislang dafür eindeutige Beweise. Es wird diskutiert, ob die Sittiche Konkurrenzvorteile hinsichtlich Höhlenbrutplätze und Nahrung durch aggressives Verhalten gegenüber einheimischen Vogelarten und Fledermäusen haben. Für eine endgültige Entscheidung, ob die beiden Arten naturschutzfachlich problematisch sind oder nicht, müssten weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden.
Im Rahmen der naturschutzfachlichen Invasivitätsbewertung werden gebietsfremde Arten dahingehend überprüft, ob sie durch interspezifische Konkurrenz, Prädation und Herbivorie, Hybridisierung, Krankheits- und Organismenübertragung oder negative ökosystemare Auswirkungen die Biodiversität gefährden. Je nach Ergebnis werden dann die drei Bewertungen „invasiv – potenziell invasiv – bisher nicht invasiv“ unterschieden. Speziell bei den potenziell invasiven Arten gibt es noch zwei Unterkategorien:
Die Handlungsliste: Sie enthält jene gebietsfremden Arten, für die begründete Annahmen vorliegen, dass sie heimische Arten gefährden. Die negativen Auswirkungen sind derzeit nicht endgültig zu beurteilen, aber ausreichend, um Maßnahmen zu begründen.
Die Beobachtungsliste: Sie enthält jene gebietsfremden Arten, für die nur Hinweise vorliegen, dass sie heimische Arten gefährden können. Für diese Arten stehen Beobachtung und Forschung im Vordergrund, weitergehende Handlungen sind momentan nicht gerechtfertigt. Das gilt aktuell auch für beide Sitticharten.
Trotz dieses Ergebnisses kritisieren noch immer manche Bewohner*innen und Biolog*innen die große Anzahl der grünen Papageien in der Stadt und möchten sie gerne umsiedeln.
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine Lösung dem Naturschutz gerecht werden soll. Außerdem sollte eine andauernde Überwachung und Erforschung erfolgen, um die gebietsfremden Arten daran zu hindern, sich weiter auszubreiten. Dafür können wir das Neobiota-Portal des BfN nutzen.
Neobiota-Portal https://neobiota.bfn.de/ Neobiota.de ist das Informationsportal des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) über gebietsfremde und invasive Arten in Deutschland. Darin finden Sie Informationen zu folgenden Bereichen: Grundlagen – Was sind Neobiota beziehungsweise invasive Arten? – Wie viele gebietsfremde Arten gibt es in Deutschland? – Politische und rechtliche Rahmenbedingungen – Ökologische Grundlagen – Auswirkungen und Gefahren invasiver Arten für Natur, Wirtschaft und Gesundheit – Effekte durch Klimawandel – Bewertung von Neobiota im Naturschutz – Mögliche Maßnahmen – Behördliche Internetangebote zum Thema Neobiota Und neobiota.de enthält – Steckbriefe mit Invasivitätsbewertungen für eine Vielzahl gebietsfremder Pflanzen- und Tierarten, – ein Handbuch mit Porträts und Hinweisen zu Maßnahmen für über 50 invasive und potenziell invasive Pflanzen- und Tierarten, – im Bereich „Unionsliste“ Informationen über die invasiven gebietsfremden Arten, die auf der Unionsliste zu der neuen EU-Verordnung (Nr. 1143/2014) geführt werden, – im Bereich „Projekte“ Informationen über laufende und abgeschlossene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des BfN zum Themenbereich gebietsfremde Arten. |
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