#SB48Bonn – Klimagipfel-Vorbereitungskonferenz in Bonn
Im November 2017 war die Welt zu Gast in Bonn – die 23. Klimakonferenz in Vertretung für Fiji sorgte für Aufsehen. Doch von der enormen medialen Wirkung für das Thema Klimaschutz einmal abgesehen, passiert die eigentliche Arbeit in den sog. Subsidiary Bodies (SB), also Zwischenkonferenzen, auf denen verhandelt, diskutiert und beschlossen wird. Die BUZ unterhielt sich mit Stephan Ernest, der im Frühjahr 2018 die 48. SBI in Bonn unterstützte.
Kathrin Schlüßler
Schon wieder eine Klimakonferenz? Ein halbes Jahr nach der COP23 (= Conference of the Parties) trifft man sich erneut in Bonn. Das WCCB ist Veranstaltungsort der 48. SB. Bevor wir Stephans Arbeit genauer beleuchten, gilt es zu verstehen, wie die beiden Veranstaltungen zusammenhängen. Dafür müssen wir ein bisschen ausholen. Und natürlich geht es nicht ohne weitere Abkürzungen. UNFCCC zum Beispiel.
UNFCCC = United Nations Framework Convention on Climate Change
Zu deutsch: Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Dabei handelt es sich um ein internationales Abkommen, das von 154 Ländern unterschrieben wurde und das Ziel vertritt den menschengemachten Einfluss auf das Klima und die Erderwärmung zu reduzieren und deren Folgen zu mindern. Unter dem Namen UNFCCC versteht man zudem die Institution, die die Konvention überwacht, mit Sitz in Bonn. Sie organisiert und begleitet sowohl die Klimakonferenzen (z.B. die COP23) als auch die Zwischenkonferenzen (z.B. die SB48). So wurde zum Beispiel auf der COP23 beschlossen, dass ein Regelwerk erarbeitet werden soll, wie die Klimaziele der COP21 (Pariser Klimakonferenz) konkret umgesetzt werden können. Dieses Regelwerk soll auf der COP24 (3. bis 14. Dezember 2018 in Katowice) beschlossen werden. Zwischen Beschluss und Beschluss liegt viel Arbeit, die in den SB (= Subsidiary Bodies) erledigt wird. Zwischen dem 30. April und dem zehnten Mai fand hierzu die 48. SB statt.
#SB48Bonn – Hinter den Kulissen
Stephan, der irgendwas mit Italienisch, Sprachen und Politik studiert, begann seine Arbeit weit vor dem offiziellen Start der #SB48Bonn. Als Assistent in der Presseakkreditierung prüfte er vorab Anfragen von Medienvertretenden aus aller Welt. Während der laufenden Konferenz organisierte er dann alles rund um Pressetermine, machte Fotos und pflegte den Auftritt in den sozialen Netzwerken. Vor allem aber war er zwischen seinen Terminen ein fleißiger Zuhörer und teilte seine Impressionen mit der BUZ:
Stephan, was hat dir besonders gefallen?
„Vor allem der Arbeitseifer der vielen Teilnehmenden! Überall wurde debattiert, gestritten, wurden Lösungen erarbeitet – auf dem Gang, in Stuhlkreisen oder Arbeitsgruppen. Man hatte das Gefühl, die arbeiten direkt an der Basis, am Problem. Dass so viele Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammen für gemeinsame Ziele arbeiten, hat mich sehr beeindruckt.“
COICA
Bei einer Pressekonferenz wurde Stephan auf die COICA (= Coordinadora de las Organizaciones Indígenas de la Cuenca Amazónica) aufmerksam. Dieser Dachverband setzt sich für die Rechte der indigenen Völker im Amazonasgebiet ein, die mehr und mehr ihren Lebensraum – den Amazonas-Regenwald – an Abholzung, Plantagen, Staudämme und Schwerindustrie verlieren. Stephan zeigte sich beeindruckt von der Selbstorganisation und Vernetzung der mehr als 390 indigenen Dörfer in neun Ländern.
Stephan, warum wolltest du die COICA erwähnt wissen?
„Ich finde es faszinierend, wie diese naturverbundenen Menschen, die in unseren westlichen Augen oft rückständig erscheinen, schon drei Schritte weiter sind als viele große Staaten. Sie haben sich über große Distanzen und Sprachbarrieren hinweg vernetzt und leisten wichtige Aufklärungsarbeit. Sie haben schon verstanden, dass der Erhalt des Amazonas-Regenwaldes nicht nur für sie sondern für die ganze Menschheit wichtig ist.“
Gerade einmal neun Prozent des Regenwaldes in Südamerika stehen unter Naturschutz. 90 Prozent des ungeschützten Gebietes wurden bereits abgeholzt.
Talanoa
Talanoa ist ein Begriff und eine Diskussionskultur aus Fiji, die im Zuge der COP23 unter der Präsidentschaft von Fiji für ein Jahr probehalber eingeführt wurde.
Stephan, was ist das Besondere an Talanoa?
„Es ist eine Gesprächstaktik, um Konflikte zwischen streitenden Parteien zu lösen. Die Regeln sind ganz einfach: Alle Seiten erzählen Geschichten, die ihre Sicht auf das Problem darstellt; die anderen hören respektvoll zu. So soll Verständnis für die andere Seite geschaffen werden. Im pazifischen Raum ist diese Art der Konfliktlösung tief in der Kultur und im Alltag der Menschen verwurzelt.“
Auf der SB in Bonn durften dieses Jahr erstmals nicht nur Staaten an den Gesprächen teilnehmen. Ganz im Sinne der Grundidee des Talanoa-Dialogs saßen auch Klimaschutzorganisationen, Städte, Regionen und Unternehmensverbände mit am Tisch. Der Vorteil liegt auf der Hand: Auch kleine NGOs wie COICA werden in diesem Rahmen von Staats- und Unternehmensvertretenden gehört, moderiert von der UN.
Die Übersetzer*innen
Für Stephan sind die Dolmetscher und Dolmetscherinnen das Herzstück der Konferenz. Mit ihnen steht und fällt die Kommunikation zwischen den Teilnehmenden.
Der Hammer
Äh, der Hammer?
„Nach jedem Beschluss ertönt ein Hammerschlag.“
Stephan, was hat dir nicht so gut gefallen?
„Naja, manchmal hapert es an einer konkreten Kommunikation. Zum Beispiel ist da abends nach einem Konferenztag eine Pressekonferenz und der Sprecher oder die Sprecherin liest ein viel zu allgemeines Statement vor. Da würde ich mir doch wünschen, dass konkret berichtet wird, was am Tag diskutiert wurde. Was nicht so gut funktioniert hat oder wozu Beschlüsse gefasst wurden. Die Menschen arbeiten da richtig hart an Lösungen, aber es wird oftmals nicht gut kommuniziert.“
Würdest du wieder eine solche Konferenz unterstützen?
„Auf jeden Fall! Es ist wichtig, dass es sowas gibt.“
Für Interessierte, wie kommt man an so einen Job?
„Im Vorfeld solcher Konferenzen werden immer lokale Helfer*innen gesucht. Die Termine findet man im Internet unter www. unfccc.int. Einfach bewerben!“
Ausblick
Die 48. SB hatte weit weniger Medienecho als die COP23. Auch die SB 48-2 in Bangkok (4. bis 9. September 2018) erreichte nicht die Dimensionen einer COP. Dennoch sind sie wichtig, beinahe noch wichtiger als die eindrucksvolle große Schwester. Dass die Öffentlichkeit die kleineren Konferenzen weniger wahrnimmt, liegt zum Teil auch an der hausgemachten Kommunikation und daran, dass die Gesellschaft eine*n Staats- und Regierungschef*in mehr wahrnehmen will als tausende Abgeordnete! Eine offene lösungsorientierte Sprache würde Publikum und Identifikation schaffen. Klappt doch hinter den Kulissen auch!
0 Kommentare