Wie Ernährung die Hormone der Frau beeinflusst

5. Mai 2020 | Gesellschaft, Ausgabe 2 / 2020 Lebensmittel, Melanie Alessandra Moog, Nachhaltigkeit | 0 Kommentare

Lebensmittel für die Lebensmitte

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zum weiblichen Hormonhaushalt schenken Anregungen, unsere Lebensmittelauswahl zu überdenken. Eine ausgewogene und den jeweiligen Bedürfnissen entsprechende Naturkost kann dabei helfen, unterstützend zu pharmazeutischen Präparaten – oder ganz ohne chemische Hilfmittel – besser durch Menstruationszyklus und Menopause zu kommen.

Melanie Alessandra Moog

Weiblicher Zyklus und Ernährung

Schon während der fruchtbaren Jahre einer Frau ist es für das hormonelle Gleichgewicht ratsam, möglichst ausgewogene und den körperlichen Bedürfnissen entsprechende Lebensmittel zu sich zu nehmen. Jede der vier Phasen des weiblichen Zyklus entspricht, ähnlich den vier Jahreszeiten, unterschiedlichen Auf- bzw. Abbauprozessen – Phasen, in denen bestimmte Nährstoffe jeweils gefragt sind.

Lernen lindert Leiden

Neben emotionaler Ausgeglichenheit, ausreichend Bewegung, genügend Schlaf, der Vermeidung von Umweltgiften und vielem mehr entscheidet auch ein ausgewogener Blutzuckerspiegel über die Balance unserer Hormone mit. Daher ist es sinnvoll, sich neben dem Nährstofffaktor bestimmter Lebensmittel auch deren glykämischen Index (GI) anzusehen. Dieser in den 80er Jahren entwickelte Index bezeichnet, wie schnell und intensiv ein Produkt imstande ist, unseren Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellen zu lassen.

Glykämischer Index und Hormone

Leidet man ohnehin bereits unter einem hormonellen Ungleichgewicht in Menstruationszyklus oder Menopause, so ist es ratsam, Nahrungs- und Genussmittel mit hohem glykämischem Index einzuschränken oder wegzulassen. Auch für Diabetiker*innen, Ausdauersportler*innen und Übergewichtige ist der GI interessant, um sich in Form und Balance zu halten, also für Menschen jeden Geschlechts. Noch genauer wird die Betrachtung von kritischen Lebens- und Genussmitteln mittels der sogenannten glykämischen Last (GL), die ein das quantitative Verhältnis berücksichtigendes Wertesystem darstellt und Fortgeschrittenen in der Ernährungswissenschaft dient. Den GI als komplette Liste mit einer breiten Palette an Lebens- und Genussmitteln findet man in Fachliteratur und Internet. Beispiele für Lebensmittel mit niedrigem GI sind Süßkartoffeln, die meisten Gemüsesorten, Nüsse, Pilze, einige Milchprodukte und viele mehr. Unkritische Früchte sind besonders Avocado, Zitronen, Pampelmusen, Mandarinen, Kirschen, Pfirsiche und Nektarinen.

Kritische Lebensmittel wiederum sind solche, die Weißmehl und raffinierten Zucker enthalten sowie Popcorn, weißer Reis und Maisstärke. Substanzen wie Kaffe und schwarzer Tee haben zwar keinen hohen GI, tragen jedoch zu einer erhöhten Produktion des Hormons Cortisol im Körper bei – eine Art Stress-Effekt.

Insgesamt ist eine dem glykämischen Index gemäße Ernährung nicht gleichzusetzen mit einer basenüberschüssigen Ernährung. Überraschenderweise produziert auch das Verspeisen einiger gesunder, basisch verstoffwechselter Nahrungsmittel wie sehr reifer Bananen, frischer Datteln, Honig, Kürbis, gekochter Rote Beete oder Kartoffeln einen verhältnismäßig höheren GI – was es zu berücksichtigen gilt, wenn der unausgeglichene Blutzuckerspiegel bereits verschiedene Beschwerden in Zyklus und Menopause auszulösen scheint. Solcherlei Symptome können etwa Stimmungsschwankungen, Energielosigkeit, Hautunreinheiten oder Schmerzen sein.

Da auch die Kombination und die oben erwähnte glykämische Last der einzelnen Lebensmittel eine Rolle spielt, kann es bei hormonellem Ungleichgewicht sinnvoll sein, eine professionelle Ernährungsberatung wahrzunehmen. Durch einen kritischen Blick auf unsere Lebensmittel wird es möglich, dass die Ernährung, ganz nach dem berühmten Spruch des Arztes Hippokrates von Kos, als unsere Medizin fungiert – und uns potenziell vor allerlei hormonbedingten Leiden bewahren kann.

Wissen über Naturkost ist Macht

Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen – die Liste möglicher Leiden während der Wechseljahre, die sich meist in einem Alter zwischen dem 45.- 60. Lebensjahr zutragen, ist lang. In dieser Phase ist es von Bedeutung, besonders auf den Körper zu achten, ihn zu verstehen und in seinen Umstellungsprozessen bestmöglich zu unterstützen. Bestimmte Lebensmittel, Hausmittel und Kräuter können dabei entscheidend helfen.

Ernährung als Naturheilmittel

Neben einer eiweißreichen Ernährung, die dazu dient, während der Abnahme des Sexualhormons Östrogen in den Wechseljahren nicht an Muskelsubstanz abzubauen, sind Vitamin D für die Knochensubstanz und B-Vitamine für den Energiehaushalt grundlegend. Gering verarbeitete Lebensmittel in Bio-Qualität werden durch Naturheilmittel und Geheimtipps aus der traditionellen Kräuterapotheke ergänzt.

Nährstoffe wie etwa Kalzium und wertvolle Vitamine werden mit zunehmendem Alter schlechter aufgenommen und sollten daher in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Auch die in unserer Ernährung seltener gewordenen Bitterstoffe sind gut für die Verdauung, reinigen das Blut und entgiften und stimulieren sowohl Immun- als auch Hormonsystem. Bitterstoffe finden sich in Naturheilmitteln, die die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren unterstützen können. Ein kräftig-aromatischer Salbei in Teeaufguss- oder Tropfenform kann gegen das übermäßige Schwitzen durch Hitzewallungen Wunder wirken. Auch Leinsamen, Granatäpfel und die in Rotklee enthaltenen Isoflavone sollen hierbei übrigens helfen. Das fröhlich-gelbe, bitterstoffreiche Johanniskraut wiederum hat sich bei Stimmungsschwankungen bewährt, da es die Produktion des Glückshormons Serotonin anregt.

Weitere nützliche Kräuter sind das Hirtentäschel, die nervenberuhigende Melisse, der verdauungsförderne Rosmarin, und, besonders bei noch bestehenden und unregelmäßigen Blutungen, das regulierende Frauenmantelkraut. Die Mistel, die sogenannte Phytohormone enthält, ist bei verschiedensten Wechseljahresbeschwerden hilfreich. Auch Soja enthält Phytohormone. Statt rotem Fleisch können der Gesundheit zuliebe einmal Tofu oder Sojamilch probiert werden, die Phytoöstrogene enthalten und somit drastische hormonelle Tiefs der Frau ausgleichen helfen können, sodass einer Hormontherapie womöglich vorgebeugt werden kann. Ein Blick auf Asien zeigt, dass die Mehrzahl asiatischer Frauen – vermutlich durch Phytoöstrogene – deutlich geringere Beschwerden in ihrer Lebensmitte aufweisen, und dies anscheinend durch den Konsum von Phytohormonen. Kritisch wären allerdings Herkunft und Qualität der Sojabohnen zu betrachten, um den ökologischen Fußabdruck gering zu halten.

Zuletzt ist es auch die eigene innere Haltung zu Zyklus und Wechseljahren, die eine möglichst entspannte und bewusste Perspektive auf die Lebensmitte ermöglichen. Zusammen mit dem Wissen um Zusammenhänge und körperliche Bedürfnisse können die passenden Lebens- und Naturheilmittel gewählt und ausprobiert werden, um auch in herausfordernden Zeiten eine hormonelle Balance zu fördern.

Erschienen in der Ausgabe März/April 2020

Mehr von Alessandra M Moog

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Beitrag teilen

Verbreite diesen Beitrag!