Ökologische Lebensmittelerzeugung als Alternative?

8. Mai 2020 | Ökologie, Ausgabe 2 / 2020 Lebensmittel, Jürgen Huber | 0 Kommentare

Zurück zu den Wurzeln?

Kann sich ein jeder ökologisch angebaute Lebensmittel leisten? Welcher Unterschied besteht zwischen dem EU-Bio-Siegel und den Siegeln der Anbauverbände? Spritzen die Öko-Winzer gar nicht? Diesen Fragen gehen wir in diesem Artikel nach.

Jürgen Huber

Unsere Lebensmittel-„Gewinnung“

Die „Gewinnung“ unserer Lebensmittel findet nicht das Einverständnis aller Verbraucher*innen. Die unwürdige Massentierhaltung, die intensive, einseitige Landwirtschaft, der Einsatz von Pestiziden zur Ertragssteigerung und das damit verbundene Insektensterben verleiden manchen Verbraucher*innen den Genuss der so gewonnenen Lebensmittel.

Eine ausschließlich auf die Landwirtschaft bezogene Schuldzuweisung ist nicht hilfreich. Denn teilweise reagieren die Landwirte auf den Markt. Wenn sich Discounter einen Wettbewerb liefern, wer am „billigsten“ ist, weil Geiz einfach nur geil ist, ist eine solche Entwicklung nicht verwunderlich.

Doch was können die Verbraucher*innen tun, wenn ihnen das nicht gefällt? Die Alternative ist:

Der ökologische Landbau

Schon in den 1920er Jahren suchten Menschen nach Auswegen aus der sich in der Landwirtschaft anbahnenden ökologischen Krise. Aber erst in den 1960er Jahren, als die „Segnungen“ der Chemie in Form von Kunstdünger, Pestiziden und Co überhand bei Landwirt*innen nahm, wurde es einigen Erzeuger*innen zuviel. Es war ihnen bewusst, was mit der Umwelt angestellt wurde und sie suchten nach neuen Wegen.

Auf der Grundlage der Zusammenhänge in der Landwirtschaft hat sich der ökologische Landbau zu einem ganzheitlichen Konzept entwickelt. Im Einklang mit der Natur einen möglichst geschlossenen Kreislauf im landwirtschaftlichen Betrieb anzustreben, ist das Ansinnen. Eine ausgeglichene Bodennutzung durch Wechselwirtschaft, gesunde Pflanzen durch Beobachtung der Wetterlage, Insektenbefall durch Einbringen von Nützlingen vermeiden, das sind ein paar Beispiele dieses Landbaus. Im Laufe der Zeit wurden diverse Ökoanbauverbände gegründet:

Die Anbauverbände

Der sowohl älteste als auch konsequenteste Verband ist nach meiner Meinung der DEMETER-Verband, der im Jahre 1928 sein Warenzeichen einführte.

Demeter-Betriebe arbeiten biologisch-dynamisch, das heißt, sie arbeiten auf der Grundlage anthroposophischer und wissenschaftlicher Naturerkenntnisse. Die Erde verstehen sie als lebendigen Organismus. Auch den Betrieb sehen sie als einen lebenden Organismus, der eine Art Individualität ausprägt. Den Böden und Pflanzen werden durch die Anwendung von biologisch-dynamischen Präparaten aus Heilpflanzen, Kiesel und Kuhdung Lebenskräfte zugeführt. Auch die Mondphasen werden in die Bepflanzung einbezogen. Es entstehen Lebensmittel, die Leib, Seele und Geist des Menschen ernähren.

Der Bioland-Verband betreibt seit 1971 den organisch-biologischen Landbau. Wer sich für Bioland entscheidet, sagt gleichzeitig Nein zu Gentechnik, Massentierhaltung, chemisch-synthetischen Düngern und Pestiziden. Denn die Bioland-Bäuer*innen und ihre Partner*innen aus Lebensmittelhandwerk und -herstellung wirtschaften nach strengen Richtlinien. Diese gehen weit über den gesetzlichen Mindeststandard für Biolebensmittel hinaus. Folgende Erzeugerbereiche werden durch die Bioland-Richtlinien geregelt: Landwirtschaft, Garten- und Weinbau, Zierpflanzenbau, Imkerei, Teichwirtschaft und Wildsammlung. Auch Händler*innen und Erzeuger*innen finden sich bei Bioland wieder.

Naturland ist nach Bioland der zweitgrößte Anbauverband in Deutschland. Der Verband ist international aktiv. Naturland versteht sich als Pionier in Bereichen, die in den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau sowie auch in den Richtlinien anderer Anbauverbände (zunächst) nicht geregelt waren, wie die ökologische Aquakultur, die nachhaltige Fischerei oder die ökologische Waldnutzung.

Biokreis ist aus einer Verbraucherinitiative im niederbayerischen Passau hervorgegangen. Zielsetzung des Verbands ist es, eine bäuerliche Landwirtschaft auf Basis des ökologischen Landbaus sowie vertrauensvolle und verbindliche Marktpartnerschaft in der Region zu fördern. Die meisten Mitglieder leben und arbeiten in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Einmalig sind die Richtlinien für Hotel/Gastronomie, Tiernahrung und Bioleder. Imker*innen erhalten zusätzlich eine Anerkennung nach „regional und fair“-Richtlinien.

Ecovin ist ein Anbauverband der sich speziell um die Belange des ökologischen Weinbaus kümmert. Bei Ecovin sind etwa ein Viertel der Deutschen Ökorebflächen verbandlich organisiert. Die übrigen drei Viertel sind in anderen Verbänden organisiert oder bauen nach EU-Bio-Richtlinien an. 2010 haben Ecovin und Demeter eine Kooperation vereinbart. Ziel ist es, alle biodynamischen Weingüter in beiden Verbänden zu organisieren und die daraus entstehenden Synergien zu nutzen.

EU Bio. Die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau gelten als gesetzliche Mindestanforderung an Ökobetriebe und sind in vielen Punkten weniger streng als die Regelungen der Ökoanbauverbände.

Quelle: www.oekolandbau.de

Ist Bio teurer?

Aufgrund der naturnahen und daher aufwändigeren Erzeugung der Lebensmittel muss Bio im Verkaufspreis teurer sein. Würden aber Umweltschäden durch die intensive konventionelle Landwirtschaft und somit die Kosten für die Allgemeinheit mit eingerechnet, wäre Bio sogar günstiger.

Aha, dann kann sich also der Normalverdiener Bio gar nicht leisten? – Das ist pauschal und so nicht richtig, denn ein bewussteres Essen kommt dem Geldbeutel wieder zugute. Muss denn täglich Fleisch auf dem Tisch sein? Es gibt eine Menge leckerer Gerichte, die ohne Fleisch auskommen. Wenn dann wieder ein schönes Stück Biofleisch auf dem Teller liegt, ist das ein besonderer Genuss.

Spritzen die Bio-Erzeuger denn auch?

Ja, das tun sie, aber nicht mit den „segensreichen“ Mitteln der chemischen Industrie, sondern mit den Mitteln, die uns die Natur zur Verfügung stellt. Es gibt hier Jauchen, Brühen, sogar mit Tee wird gearbeitet als Schädlingsbekämpfer, Blattdünger und vorbeugend gegen Krankheiten. Ansonsten wird im Bio-Anbau mehr mit der Natur gearbeitet, das tägliche Beobachten des Wetters sowie der Frucht ist nötig, damit frühzeitig gegen Pilze, Fäule und sonstige Unbilden reagiert werden kann. Das Einsetzen von „Nützlingen“ ist sehr sinnvoll, fressen diese doch ganz gerne die Schädlinge auf. So frisst der Marienkäfer nicht nur Blattläuse, sondern auch Larven der konkurrierenden Marienkäferarten und viele andere Insekten. Die Rose im Weinberg sieht nicht nur anmutig aus, sondern wird auch zuerst vom Mehltau befallen. Somit hat der Winzer die Möglichkeit, noch frühzeitig seine Weinstöcke zu behandeln.

Wo bekomme ich denn mein Bio?

In Bonn gibt es viele Möglichkeiten, Bio-Produkte zu kaufen. Zuerst sind die inhabergeführten Bioläden zu nennen. In Beuel, Kessenich, Poppelsdorf, Oberkassel, Friesdorf und Bad Godesberg sind diese zu finden. Auf Seite 15 finden sich deren Adressen. Dann gibt es noch die Bio-Supermarktketten. Auch in Ihrem Lebensmittelladen finden Sie mehr oder weniger reichliche Angebote an Bio-Produkten. Waren dies bis vor kurzem fast ausschließlich EU-Bio-Produkte, finden sich inzwischen immer öfter solche aus den oben genannten Anbauverbänden.

Fazit

Der Bio-Anbau ist durch das Wirtschaften mit der Natur und dem Verzicht auf chemisch-synthetische Mittel eine gute Alternative zum konventionell erzeugtem Lebensmittel. Langfristig ist er für Mensch und Umwelt gesünder und die Kostenseite sieht mangels Folgeschäden besser aus. Auch Menschen mit kleinem Geldbeutel können sich Bio leisten, wenn sie sich bewusster ernähren.

Erschienen in der Ausgabe März/April 2020

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