Naherholung vor der Türe

Ende der 90er Jahre fuhren wir die von der B9 bis zum Waldrand am Kottenforst führende Annaberger Straße zur Besichtigung unseres heutigen Zuhauses hinauf. Das angebotene Haus war Bestandteil eines 80er-Jahre Ge­bäudeensembles, links und rechts gesäumt von älterer Bebauung. Es traf vom Außeneindruck nicht wirklich meinen Geschmack. Wenig später stand ich im zeltartig in die Dachschräge eingepassten Schlafzimmer, staunte über den Blick in ein grünes Schatzkästchen mit blühen­dem Apfelbaum und einer Wiese mit erstem Wiesenschaumkraut. Dahinter ein unter Land­schaftsschutz stehender Hang, der sogenannte Sangersberg. Die Entscheidung fiel im Nu.


Susanna Allmis-Hiergeist


Erholung am Annaberger Bach Foto: Susanna Allmis-Hiergeist

Nach und nach lernten wir mehr über unser Wohngebiet. Zum Beispiel, dass entlang des vom Kottenforst herabfließenden Annaber­ger Bachs um das Jahr 1800 Braunkohlevor­kommen abgebaut und Einrichtungen für die Alaungewinnung betrieben wurden. Weiter­hin erklärte sich die teilweise Terrassierung der Grundstücke am Sangersberg aus der seit Römerzeiten hier betriebenen Weinbaukultur. Sie endete erst, als 1874 durch das Versuchsgut Annaberg der Uni Bonn mit der Reblaus infi­zierte Weinstöcke aus Nordamerika importiert worden waren. Das Auftreten der Reblaus in Deutschland wurde tatsächlich erstmals bei uns in Friesdorf festgestellt.

Vor den Hängen des Kottenforstes liegt eine Senke, die eine eiszeitliche Nebenrinne des Rheins gegraben hat. In dieser Rinne stauten sich damals die vom Hang zu Tal fließen­den Bäche und bildeten stehende Weiher, die sich heute noch in Straßennamen wie „In der Kumme“, „In der Maar“ und „Woltersweiher“ widerspiegeln.

Von der Kuhweide zum Dorfplatz

Ländereien des Leyenhofes am Abhang zum Kottenforst © Susanna Allmis Hiergeist

Den Dorfmittelpunkt bildet heute der Klufter­platz, etwa auf halber Strecke zwischen B9 und Waldrand. Vom Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V. (VHH) erfahren wir, dass er noch um 1930 mit Rasen bedeckt war und als private Kuhweide der Familie Vershoven-Huth genutzt wurde. Erst nach einem Verkauf an die Stadt entstand hier ein Gemeindeplatz, den wir bei unserem Zuzug als architektonisch und vom Freizeitwert her eher freudlos fanden.

Um den Platz zu beleben, starteten vor etwas mehr als zehn Jahren lokale Akteure einen Ideenwettbewerb unter Einbeziehung der Bür­gerschaft. Im Ergebnis gesellten sich danach um den vorhandenen Brunnen aus Basaltsäulen ein öffentlicher Bücherschrank, eine Boule-Bahn, mehrere hölzerne Pflanzkästen und eine Zie­genskulptur. Ein Gedenken daran, dass früher auch ärmere Friesdorfer Familien die Kuhweide für ihre Ziegen mitbenutzen durften.

Leider ist die Front des örtlichen Edeka- Supermarktes zum Platz hin wenig ansprechend und bis auf eine schmale Eingangstür fast auf ganzer Länge grau verputzt. Auch beim jüngst erfolgten Umbau wurde aus unserer Sicht die Chance verpasst, ein einladendes Entree zu gestalten.

Unweit des Klufterplatzes befindet sich das AWO-Nachbarschaftszentrum. Gemeinsam mit der Flüchtlingshilfe Friesdorf hat die Leiterin Anni Merzbach das Projekt „Migranten in un­seren Gärten“ gestartet. Gartenliebhaber öffnen ihre Pforten für die von der Flüchtlingshilfe betreuten Personen, die ihren heimischen Ge­müseanbau schmerzlich vermissen. Bei der Auf­taktveranstaltung gegenüber der evangelischen Pfarrkirche in der Maar stellte Karin Schüler in ihrem Zaubergarten etliche Pflanzen vor, die ihrerseits eher in der Ferne beheimatet sind.

Der grüne Dorfrand

Gartenhütten sollen bleiben © Susanna Allmis Hiergeist

Von der den Dorfkern umgebenden land­wirtschaftlichen Nutzung zeugen im Gebiet zwischen Friesdorf und dem benachbarten Dottendorf auch heute alte Obstbäume. Am oberen Dorfrand wird im Leyenhof mittlerweile ökologische Landwirtschaft betrieben. Entspre­chend der ehemaligen Nutzung der Randlagen stehen hier viele bewirtschaftete Gartenhütten. Sehr zum Verdruss der Nutzer sollen diese nun auf Anordnung des Bauordnungsamtes abgeris­sen werden. Sie stünden im Außenbereich des Landschaftsschutzgebietes und private Nutzung sei dort nicht erlaubt.

Zurück zum Sangersberg. In unserer Nach­barschaft beobachtet seit fast vierzig Jahren Prof. Dr. Wolfgang Böhme, ehemaliger stell­vertretender Direktor des Museum Koenig, die Entwicklung des Artenspektrums im Friesdorfer Oberdorf. In seinem 1000 m2 großen naturnahen Garten hat er beinahe 800 verschiedene Arten von Tieren, Pflanzen und Flechten erfasst (siehe Studie „Artenvielfalt am Stadtrand“, zu bezie­hen über geschaeftsstelle@naturhistorischer­verein.de). Professor Böhme wird am 25. März 2025 um 17.30h einen Vortrag über die Fauna seines Grundstücks in der VHS Bad Godesberg halten.

Besonders eindrücklich bei meinen eigenen Tierbegegnungen war der Besuch einer jugendlichen Ringelnatter auf unserem Wohnzimmerparkett. Wie sagt der Friesdorfer Volksmund: „Joot Nohpere (Nachbarn) bruchen keen Heck.“

 

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Es folgt eine Anzeige unseres Unterstützers Eco bau

1 Kommentar

  1. Der Umbau des Klufterplatzes durch die Stadt wurde Mitte 2018 beendet. Der offene Bücherschrank wurde durch den Ortsausschuss Friesdorf initiiert und realisiert, die entstehenden Kosten mit Spenden finanziert. Auch die Motivmalerei auf den Verteilerkästen am Rand des Klufterplatzes wurde durch den Verein beauftragt und ebenfalls durch Spenden finanziert.

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